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# taz.de -- Erdbeben in Afghanistan: Taliban melden mehr als 1.400 Tote
> Nach dem schweren Beben im Osten Afghanistans behindern Taliban-Verbote
> die Rettungsarbeiten. Auch die gekürzte internationale Hilfe ist ein
> Problem.
Bild: Ein Militärhubschrauber im ostafghanischen Mazar Dara fliegt Verletzte a…
Berlin taz | Während Rettungsteams und Einwohner im [1][ostafghanischen
Erdbebengebiet] weiter fieberhaft nach Überlebenden suchen, steigt die
Opferzahl wie befürchtet weiter an. Am Dienstagmittag gab der Sprecher des
Taliban-Regimes, Sabihullah Mudschahed die letzten offiziellen Zahlen
bekannt: 1.411 Tote, 3.124 Verletzte und 5.412 zerstörte Häuser.
Doch laut der Taliban-Provinzverwaltung von Nangarhar, der am
zweitstärksten betroffenen Provinz, habe das Beben der Stärke 6,0 in der
Nacht zu Montag allein dort 8.000 Häuser zerstört. Unter den Toten in der
am meisten betroffenen Provinz Kunar sind afghanischen Medien zufolge auch
zahlreiche Familien von Flüchtlingen, die erst kurz zuvor in Folge von
Pakistans Massenabschiebungen von Afghan*innen dorthin gekommen waren.
Da nach Erdrutschen viele Dörfer noch weiter unzugänglich sind, räumen die
Einwohner dort teilweise immer noch mit bloßen Händen die Trümmer der aus
Lehmziegeln, Beton- oder Felssteinen sowie oft mit schweren Holzbalken
gebauten Häuser weg, um Verschüttete zu finden.
In Wadir, eines der am schwersten betroffenen Dörfer in Kunar, landen alle
15 Minuten von den USA erbeutete Taliban-Militärhubschrauber, laden Brot
und Wasser für die Opfer aus und Tragen mit Schwerverletzten ein.
## Rettungspersonal stark ausgedünnt
Mit der nationalen Behörde für Katastrophenschutz ANDMA und der
Afghanischen Roter-Halbmond-Gesellschaft, die Mitglied in der weltweiten
Roten-Kreuz-Föderation ist, verfügt das Taliban-Regime über professionelle
Strukturen zum Umgang mit Naturkatastrophen. Beide wurden unter der
Vorgängerregierung mit internationaler Unterstützung ausgebaut.
Allerdings dünnten die Flucht vieler Mitarbeitenden sowie das
[2][Taliban-Arbeitsverbot für Frauen] in staatlichen Behörden und
Nichtregierungsorganisationen außerhalb des Gesundheitsbereichs das
Personal nach der [3][Machtübernahme der Taliban] im August 2021 stark aus.
Inzwischen baten die Taliban auch offiziell um internationale Hilfe. Doch
überließen sie das mit Scharafat Saman Amarchel, dem Sprecher des
Gesundheitsministeriums, einem vergleichsweise niedrigem Beamten.
Inzwischen schickten die Vereinigten Arabischen Emirate ein Rettungsteam
und humanitäre Hilfe.
Nothilfe kündigten auch die Schweiz und Großbritannien an. Indien lieferte
1.000 Familienzelte und 15 Tonnen Nahrungsmittel. Weitere Hilfsgüter sollen
folgen. Auch deutsche Organisationen wie die Caritas, Help und der
Afghanische Frauenverein aus Hamburg leisten Soforthilfe und benötigen
Spenden. Im Gegensatz dazu bekundete das Büro für Süd- und Zentralasien des
US-Außenministeriums in sozialen Medien „dem afghanischen Volk sein tief
empfundenes Beileid“, kündigte aber bisher laut CNN keine Soforthilfe an.
## Internationale Hilfen wurden zurückgefahren
Im Frühjahr hatte die US-Regierung unter Donald Trump Hilfsverträge im Wert
von mehr als [4][1,7 Milliarden US-Dollar gestoppt], mit denen Dutzende
Programme in Afghanistan unterstützt wurden. Die humanitäre Hilfe für das
Land schrumpfte von 3,8 Milliarden Dollar im Jahr 2022 auf 767 Millionen
Dollar im Jahr 2025. Auch Berlin, London und Paris kürzten Hilfen.
Die Auswirkungen sind gravierend. Laut Weltgesundheitsorganisation mussten
allein in Nangarhar und Kunar in diesem Jahr 44 Gesundheitskliniken, die
mehr als 360.000 Menschen versorgten, wegen Finanzierungsmangels schließen.
Der humanitäre Flugdienst des Welternährungsprogramms, der einst
Hubschrauber zur Verfügung stellte, um medizinische Teams und Hilfsgüter in
unzugängliche Gebiete zu transportieren, musste Anfang dieses Jahres
aufgrund von Budgetkürzungen eingestellt werden.
Kate Carey, Vizechefin des humanitären UNO-Koordinierungsbüros in
Afghanistan sagte: „Die Zahl der Menschen, die wir vor Ort haben, ist viel
geringer als noch vor sechs Monaten.“ Doch Carey betonte, dass die UNO bei
den Taliban durchgesetzt hat, dass Afghaninnen Teil ihrer Krisenteams im
Bebengebiet sind, da nur über sie weibliche Opfer erreicht werden können.
Ähnlich ist es bei den meisten internationalen NGOs. Zudem gibt es nach wie
vor afghanische Frauenorganisationen, die bereits nach dem Erdbeben 2023 in
Herat Hilfe mobilisierten und auch vor Ort leisteten.
2 Sep 2025
## LINKS
[1] /Afghanistan/!6107783
[2] /4-Jahre-Taliban-Herrschaft/!6103242
[3] /Rueckkehr-der-Taliban-nach-Kabul/!5793772
[4] /Entwicklungshilfe-in-den-USA/!6075098
## AUTOREN
Thomas Ruttig
## TAGS
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