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# taz.de -- Sechs Richtige Dank Mehmet: Einmal Millionär und zurück
> Ich hatte sechs Richtige im Lotto und begann, mein Leben umzukrempeln.
> Was für ein Glück! Dann kam mein Sohn Mehmet um die Ecke.
Bild: Es könnte so schön sein. Ist es aber nicht
Skandalös finde ich, dass die öffentlich-rechtlichen Sender uns immer noch
zwingen, Rundfunkgebühren zu bezahlen! Und das, obwohl sie die Ziehung der
Lottozahlen derart rücksichtslos aus dem Programm geworfen haben. Angeblich
wegen sinkender Einschaltquoten.
Doch ohne die öffentliche Ziehung der Lottozahlen vergesse ich jetzt sogar
tagelang meinen Lottoschein zu kontrollieren. Und genau das ist der wahre
Grund: Ich soll dadurch vergessen, meinen Gewinn abzuholen. Damit sich die
ARD und die Lotto-Gesellschaft meine Millionen einheimsen können.
Aber nicht mit mir! Ich habe es mir im Kalender dick aufgeschrieben:
Spätestens nach zwei Tagen vergleiche ich meine [1][Lotto]-Zahlen mit denen
in der Zeitung.
Heute stimmt schon mal die erste Zahl überein: 5. Die zweite stimmt auch:
17. Die dritte ist auch richtig: 24. Meine Hände zittern. Bei Allah, sogar
die vierte ist richtig: 31. Ich fasse es nicht! Dann die 42. Mein Herz
klopft wie verrückt! Ich habe fünf Richtige! Oh, nein! Dazu noch die 49.
Das kann doch nicht wahr sein! Ich habe tatsächlich sechs Richtige! Und
dazu auch noch die [2][Superzahl]!
Ich kann nicht mehr weiterdenken. Ich kann nicht mehr weiter atmen. Mein
Herz rast, ich schwitze wie verrückt. Und ich falle wie ’n Stück Holz
vornüber in die Chipstüte – als Millionär!
Einen Tag später werde ich wach und rufe in Halle 4 an. „Ich komme heute
nicht zur Arbeit“, brülle ich mit sich überschlagender Stimme. „Nein, ich
bin nicht krank. Nächste Woche komme ich auch nicht. Ich werde nie wieder
in Halle 4 arbeiten … Sie mich auch! Tschüss!“
Nachdem ich auch unsere armselige, kleine Wohnung gekündigt habe,
kontrolliere ich sicherheitshalber noch mal meinen Lottoschein. Alle Zahlen
stimmen überein, ich bin mehrfacher Millionär. Sofort rufe ich den
Porsche-Händler an, gebe meinen Ford-Transit in Zahlung und bestelle das
teuerste Exemplar. Einen grasgrünen Porsche 911. Nein, lieber zwei. Ich
habe keine Lust, den Wagen ständig mit meinem Sohn Mehmet zu teilen.
Ob ich meiner Frau von meinen Millionen erzählen sollte? Nein, lieber
nicht. Sie ist mental nicht so gefestigt wie ich. Man hört ja so allerlei
über Neureiche, denen der plötzliche [3][Reichtum zu Kopf steigt] und die
auf der Stelle durchdrehen. Die schmeißen dann ihr Leben um und landen
schließlich in jämmerlichem Zustand auf einer Müllhalde.
In dem Moment kommt mein Sohn Mehmet völlig verpennt um die Ecke. „Vater,
wieso bist du nicht bei der Arbeit?“, fragt er.
„Weil ich besseres zu tun habe. Zum Beispiel einen Porsche für dich zu
bestellen“, rufe ich stolz und wedele mit meinem Lottoschein vor seinem
Gesicht.
„Vielen Dank für den [4][Porsche]. Aber bevor du wie ein durchgeknallter
Neureicher dein ganzes Leben umkrempelst, muss ich dir sagen, dass ich
diesen manipulierten Lotto-Schein in deine Tasche gesteckt habe. Das sollte
doch bloß ’n Spaß sein!“
Ich kippe schon wieder vornüber! Diesmal in die Kaffeetasse – als armer
Schlucker!
6 Sep 2025
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## AUTOREN
Osman Engin
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