| # taz.de -- Liebe in Berlin: Stärker als Hass, Hetze und Krise | |
| > Technoparade, Lange Nacht der Museen, Fetischparty: Das ganze Wochenende | |
| > in Berlin stand im Zeichen der Liebe in all ihren Formen. | |
| Bild: Andrang auf der Museumsinsel: Laut Veranstalter besuchten rund 45.000 Men… | |
| Berlin taz | Liebe – davon kann es nie genug geben, im eigenen Leben, in | |
| Berlin, auf der ganzen Welt. In diesem Sinne wurde in dieser Stadt ein | |
| rekordverdächtiges Wochenende im Zeichen der Liebe begangen. Am | |
| Samstagnachmittag zog zum zehnten Mal [1][die Technoparade „Zug der Liebe“] | |
| durch den Innenstadtbereich, vom Mauerpark bis nach Kreuzberg. | |
| Nach Angaben der Polizei tanzten um die 8.000 Besucher und Besucherinnen | |
| den Musiktrucks hinterher. Auf Schilder gemalte Herzchen waren zu sehen, | |
| und einer trug auf einem Plakat die Aufforderung mit sich herum: „Fuck me, | |
| not the Planet“. | |
| Weiterhin liebeshungrige Raver hatten nach der Parade, die gegen 22 Uhr | |
| endete, die Möglichkeit, nicht einfach bloß im nächsten Club | |
| weiterzufeiern, sondern: im Museum. „Die Lange Nacht der Museen“ [2][fand | |
| in diesem Jahr unter dem Motto „Liebe in Berlin“ statt], wobei man sich | |
| durchaus auch von der Clubkultur inspirieren ließ. | |
| Im Humboldt Forum beispielsweise, dessen Fassade von einem grellen | |
| Liebesrot illuminiert war, legte gegen Mitternacht immer noch der bekannte | |
| Berliner DJ Daniel Wang auf. Und es wurde tatsächlich ordentlich getanzt zu | |
| den Bee Gees und weiteren Disco-Nummern. | |
| ## Klangstäbe und Kuhglocken | |
| Wang hatte dabei sichtbar ein Gespür dafür, dass man Besucher und | |
| Besucherinnen eines Museums vielleicht etwas anders zum Gang auf den | |
| Dancefloor animieren muss als das übliche Clubpublikum. Er begab sich | |
| selbst ständig unter die Leute, tanzte mit einer Gruppe von Mädchen mit | |
| Kopftüchern und verteilte Klangstäbe und Kuhglocken, mit deren Hilfe aus | |
| dem DJ-Set fast schon eine Art Improvisationskonzert wurde. | |
| 75 Museen, darunter auch die Berliner Planetarien, nahmen teil an der | |
| „Langen Nacht der Museen“, die von Samstag 18 Uhr bis Sonntag 2 Uhr ging. | |
| Es gab etwa 750 Sonderveranstaltungen, Lesungen und Führungen, die meisten | |
| zum Thema „Liebe“, am Ende kamen laut Veranstalter 45.000 Menschen. | |
| Das Zentrum war naturgemäß Mitte, wo auf der Museumsinsel und Umgebung die | |
| meisten Musentempel angesiedelt sind. Mit Shuttle-Bussen konnte man sich | |
| dann etwa zum Museum für Fotografie in Charlottenburg oder in [3][das | |
| Computerspielemuseum in Friedrichshain] gondeln lassen. | |
| ## Einsparungen im Kulturetat | |
| Liebe – das klingt erst einmal so, als wollten die Berliner Museen vor | |
| allem gute Vibes verbreiten. Vielleicht steckte hinter der Wahl des | |
| diesjährigen Mottos aber auch ein Hauch Trotz: Die Berliner Politik hat | |
| beim Kulturetat empfindliche Sparmaßnahmen vorgenommen, was den Museen | |
| wirklich nicht gefällt und worüber man sogar entsetzt ist, aber trotzdem | |
| begegnet man dem Affront mit weit ausgebreiteten Armen. | |
| Und wenn Donald Trump und seine Maga-Bewegung, genauso wie die AfD | |
| hierzulande, glauben, Museen und Gedenkstätten gehörten ideologisch | |
| gesäubert, sendete man die Botschaft: Liebe ist stärker als euer Hass auf | |
| alles, was eine soziale, liberale und inklusive Gesellschaft so ausmacht. | |
| Das Gedränge auch nachts noch auf der Museumsinsel rührte allerdings nicht | |
| nur daher, dass wirklich alle auf der Suche nach etwas Zuneigung und einem | |
| heftig pochenden Herzen waren, sondern vielen ging es einfach um das, was | |
| Berliner Museen auch sonst so das Jahr über zu bieten haben. | |
| Vor der Alten Nationalgalerie etwa, die besonders stolz ist auf ihre | |
| Sammlung aus dem Bereich der Kunstgattung des Impressionismus, bildete sich | |
| eine wirklich gewaltige Schlange. Auf Anfrage wurde einem am Eingang in | |
| typischer Berliner Art, die man mit etwas gutem Willen als liebenswert | |
| bezeichnen kann, mitgeteilt: „Hier ist nüscht mit Liebe.“ | |
| ## Liebe zur Pflanze | |
| Andere Orte wiederum ließen sich auf das Liebesthema mit großer Lust ein, | |
| das Medizinhistorische Museum der Charité zum Beispiel, das eine | |
| „Liebeskummerpraxis“ eingerichtet hatte. Im [4][Hanfmuseum] wurde sich | |
| diesem dagegen eher spielerisch angenähert, wenn man das so sagen möchte. | |
| Auf einem Monitor wurden Aufnahmen von Gewächshäusern gezeigt, die von | |
| Anbauvereinen geführt werden, die an ihre Mitglieder legal Cannabis | |
| verteilen dürfen. Man sah also kaum etwas anderes als sehr viele bestens | |
| blühende Hanfpflanzen. Dazu war zu lesen: „Die Liebe zur Cannabis-Pflanze.“ | |
| Aber alle Berliner Museen zusammengenommen boten wohl nicht so eine | |
| geballte Ladung an Liebe wie die Veranstaltung, zu der die „Alte Münze“ in | |
| Mitte lockte – und die mit der „Langen Nacht“ nichts zu tun hatte. Die | |
| [5][schwule Fetisch-Veranstaltung Folsom Europe] hatte hier Samstagnacht | |
| mit „Pig Berlin“ ihre große Abschiedsparty. | |
| Wirklich unfassbar viele Menschen in Lack-und-Leder-Kostümen warteten auf | |
| den Einlass zur „geilsten“ und „versautesten“ Party der Stadt, wie es a… | |
| der Homepage hieß. Liebe kann wirklich die unterschiedlichsten Formen | |
| annehmen. | |
| 31 Aug 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Technoparade-Zug-der-Liebe-in-Berlin/!6029256 | |
| [2] /Lange-Nacht-der-Museen-in-Berlin/!6106368 | |
| [3] /Die-Geschichte-des-Computerspielemuseums/!6106739 | |
| [4] /Hanf-Museum-wird-30/!6050126 | |
| [5] /Fetischfest-in-Schoeneberg/!6109420 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Hartmann | |
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