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# taz.de -- Ausschluss israelischer Gruppen: Die Falken sind keine Freunde mehr
> Die internationale Jugendverband der Falken hat zwei israelische
> Organisationen ausgeschlossen. Als ob ein Ausschluss die Kritik ersetzen
> kann.
Bild: Das Logo der israelischen Jugendorganisation Hashomer Hatzair, die wie No…
Es ist ja nicht ungewöhnlich, dass im Leben alte Freundschaften zerbrechen.
Weil man sich auseinandergelebt hat, sich nichts mehr zu sagen weiß, weil
die Erinnerungen an ein gemeinsames Früher nicht mehr ausreichen. Oder weil
die Differenzen zu groß geworden sind, man mit Erstaunen – manchmal mit
Entsetzen – feststellt, was aus dem anderen geworden ist. Selten passiert
das mit einem Knall. Meist bröckelt es, Risse dehnen sich aus, irgendwann
kippt etwas oder schleicht sich ein.
In der Linken sind viele Freundschaften nach dem 7. Oktober 2023
zerbrochen: Bündnisse wurden aufgekündigt, Kontakte abgebrochen – zwischen
jenen, die entsetzt waren über die Taten der Hamas, und jenen, die sie
relativierten oder gar bejubelten. Der jüngste Bruch in der internationalen
[1][Falken-Bewegung], einem Zusammenschluss sozialistischer Jugendverbände,
ist also nicht überraschend – und doch so brisant, dass man davon erzählen
muss.
Die israelischen Organisationen Hashomer Hatzair und No’al wurden diesen
Sommer ausgeschlossen. Der Antrag dazu kam von der palästinensischen
Independence Youth Union. Offizielle Begründung: „Militarismus“. Die
Israelis beteiligten sich, so hieß es, aktiv am Krieg in Gaza und brächen
damit mit den friedenspolitischen Werten. Doch diese Begründung blendet die
Realität aus: In Israel ist Militärdienst verpflichtend.
Wer dort lebt, gilt auf der linken Weltbühne daher schnell als Verbrecher –
egal, ob man sich für Frieden und eine Zweistaatenlösung einsetzt, wie es
die betreffenden Organisationen tun. Für den einzigen jüdischen Staat ist
Wehrhaftigkeit ein Überlebensversprechen. Von Juden zu verlangen, diese
Wehrhaftigkeit aufzugeben, sie pauschal als böse Militaristen zu
diskreditieren, hieße, sie in die Rolle des schwachen Opfers
zurückzudrängen. Das ist blinder Pazifismus, den man sich leisten können
muss.
Der Rauswurf trifft ausgerechnet Hashomer, eine Bewegung, die historisch
für Antifaschismus und Widerstand steht. Viele ihrer Mitglieder kämpften im
Untergrund gegen die Nationalsozialisten. Erst 2012 wurde Hashomer in
Deutschland wiedergegründet, als Zeichen, dass jüdisches linkes Leben hier
wieder Platz hat.
Über Israels Politik wird innerhalb israelischer Organisationen
leidenschaftlich gestritten. Mitglieder fordern ein Ende des Gazakriegs,
andere schweigen aus Angst vor Stigmatisierung. Doch diese Vielstimmigkeit
interessiert im internationalen Verband offenbar nicht. Statt die inneren
Widersprüche wahrzunehmen, wählt man den einfachen Weg. Das ist plumper
antiisraelischer Aktivismus.
Jüdische Gruppen sollen offenbar nur dazugehören, wenn sie sich brav
antizionistisch verhalten. Mit internationaler Solidarität hat das nichts
zu tun. Auch die deutschen Falken benennen das, nachdem sie aus den eigenen
Reihen dafür kritisiert worden waren, den Ausschluss nicht verhindert zu
haben: Von einem „Bruch jahrzehntelanger Friedensarbeit“ ist die Rede.
Louise Fischer, eine ehemalige Funktionärin, spricht in einem [2][Interview
mit der Jungle World] gar von einer Internationalen, die nun von jüdischen
Organisationen gesäubert worden sei.
Ausschluss ist keine Kritik, jedenfalls keine, die irgendwohin führt. Wer
Debatte durch Linientreue ersetzt, produziert Schwarz-Weiß-Denken und
zerstört Vielfalt. Was bleibt von einem Internationalismus, wenn er
jüdische Jugendbewegungen hinauswirft, die seit Jahrzehnten für eine
gerechtere Welt kämpfen?
Vielleicht ist es wie bei zerbrochenen Freundschaften: Man merkt erst spät,
was man verloren hat. Nur dass hier nicht alte Bekannte auseinandergehen,
sondern eine Bewegung ihre eigene Geschichte verrät. Und mit ihr die
Möglichkeit, trotz Unterschieden gemeinsam zu arbeiten.
30 Aug 2025
## LINKS
[1] https://www.wir-falken.de/de/Index
[2] https://jungle.world/artikel/2025/33/die-falken-hashomer-hatzair-noal-von-j…
## AUTOREN
Erica Zingher
## TAGS
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