# taz.de -- Gescheitertes UN-Plastikabkommen: Viele Beteiligte wollen weiterver… | |
> Ölstaaten haben einen Pakt gegen die Kunststoffkrise blockiert. Der Frust | |
> ist bei vielen Beteiligten groß – aber auch der Wunsch, | |
> weiterzuverhandeln. | |
Bild: Ein Müllsammler sammelt wiederverwertbare Gegenstände, darunter Plastik… | |
Berlin taz | Das [1][Scheitern der Verhandlungen zum UN-Plastikabkommen in | |
Genf] hat bei Zivilgesellschaft, Politik und Wissenschaft für Frust | |
gesorgt. Die [2][Deutsche Umwelthilfe (DUH) sprach von einer „herben | |
Enttäuschung“]. Deutschland dürfe nun nicht auf ein UN-Abkommen warten, | |
sondern müsse auf „nationaler Ebene die Umweltauswirkungen von Plastikmüll | |
durch konkrete Maßnahmen einschränken“. | |
Deutschland trage dabei eine besondere Verantwortung, „weil hierzulande mit | |
rund 18 Millionen Tonnen die EU-weit größte Menge an Verpackungsmüll | |
verursacht wird“, so die DUH. Umweltminister Carsten Schneider (SPD) müsse | |
Mehrwegverpackungen durch eine Abgabe von mindestens 20 Cent auf | |
Einweg-Getränkeverpackungen und Plastikflaschen sowie 50 Cent auf | |
Einweg-Takeaway-Verpackungen fördern. | |
Die Verhandlungen der 180 beteiligten Staaten über ein | |
[3][UN-Plastikabkommen] waren am Freitagmorgen [4][ohne eine Einigung zu | |
Ende] gegangen. Die „Sitzung wird vertagt und zu einem späteren Zeitpunkt | |
fortgesetzt“, sagte der Konferenzvorsitzende am Freitagmorgen, nachdem die | |
ganze Nacht durchverhandelt worden war. | |
Ein Datum für neue Verhandlungen nannte er nicht. Zu diesem Zeitpunkt ist | |
das auch noch verfrüht. Der letzte in der Nacht zum Freitag vorgelegte | |
Kompromisstext hatte nach zehn Tagen intensiver Verhandlungen noch mehr als | |
hundert zu klärende Punkte enthalten. | |
Das Scheitern des Abkommens habe [5][„gravierende Folgen“, teilte der | |
Umweltverband BUND] mit: „Bis 2060 müssen wir mit einer Verdreifachung der | |
Plastikproduktion rechnen“. Dann werde „weniger als ein Fünftel des | |
Materials recycelt werden können“, so der BUND. „Die über 4.200 | |
problematischen Zusatzstoffe, die in Plastik stecken, werden weiter unsere | |
Gesundheit bedrohen und können Krebs erzeugen oder die Fruchtbarkeit | |
einschränken“. | |
In Genf sei eine Lösung „konsequent von der Öl- und Gasindustrie blockiert�… | |
worden, sagte Moritz Jäger-Roschko, Plastikexperte von Greenpeace. Aber | |
kein Abkommen sei besser als ein schlechtes Abkommen. Er hoffe nun auf eine | |
„weitere Verhandlungsrunde, die den Weg für ein ambitioniertes | |
Plastikabkommen ebnet“, | |
## „Es lohnt sich, weiterzuverhandeln“ | |
Das Scheitern sei „enttäuschend“, aber „es lohnt es sich, | |
weiterzuverhandeln“, erklärte Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth. | |
„Unterschiedlichen Interessen“ hätten auch in dieser sechsten | |
UN-Verhandlungsrunde die Einigung erschwert. | |
„Am einen Ende des Spektrums sind die kleinen Inselstaaten, die mit | |
immenser Plastikverschmutzung an den Küsten und in den Meeren konfrontiert | |
sind, ohne selbst wesentlich zur Verschmutzung beizutragen“, so Flasbarth. | |
Am anderen Ende seien „diejenigen Länder, deren Wirtschaft von Erdöl oder | |
den Ausgangsprodukten für Plastik dominiert wird.“ Auch | |
EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall sagte, Genf habe „eine gute Grundlage“ | |
für eine Wiederaufnahme von Verhandlungen geschaffen. | |
Ölförderländer wie Saudi-Arabien, der Iran und Russland liefern den | |
Rohstoff für Plastik, das Öl. Für sie war jede in Genf auch nur angedachte | |
Erwähnung einer Beschränkung der Produktion ein rotes Tuch gewesen. Sie | |
malten dann gerne das Szenario eines Verbots von Plastik an die Wand, | |
obwohl das niemand vorgeschlagen hatte. „Schauen Sie sich um: Wenn hier im | |
Raum alles aus Plastik entfernt würde, säßen die meisten Leute hier | |
praktisch nackt auf dem Boden“, meinte ein Delegierter. | |
Kein Plastikabkommen komme einer „ökologischen Katastrophe“ gleich, sagte | |
Henning Wilts, Kreislaufwirtschaftsexperte vom Wuppertal Institut für | |
Klima, Umwelt, Energie. Ohne einen geeigneten globalen Rahmen werde es | |
„nicht dazu kommen, Investitionen in Richtung einer nachhaltigeren Nutzung | |
von Plastik zu lenken. Stattdessen werden wir den prognostizierten Anstieg | |
der Produktionsmengen und damit auch der Abfallmengen sehen, mit denen auch | |
ein verbessertes Recycling nicht Schritt halten können wird“. | |
## Weniger Plastik oder mehr technische Innovationen? | |
Der letzte Verhandlungsentwurf habe „zwar einige Verbesserungen“ enthalten, | |
erklärte Melanie Bergmann, Meeresökologin vom Bremerhavener | |
Alfred-Wegener-Institut. Allerdings habe es die auch „von vielen | |
Unternehmen geforderten klaren, globalen Verpflichtungen in Bezug auf | |
Ausstiegsstrategien, Produktdesign und erweiterte Herstellerverantwortung“ | |
nicht umgesetzt. Der Text sei an vielen Stellen „schwach formuliert“ | |
gewesen, aber immerhin hätten etwa 130 Länder die Maßnahmen unterstützt. | |
Bergmann: „Eine gute Grundlage für weitere Verhandlungen.“ | |
Im vergangenen Dezember waren bereits UN-Gespräche zum Plastik im | |
südkoreanische Busan gescheitert. Diese Gespräche hätten eigentlich bereits | |
die letzte Verhandlungsrunde für ein Plastikabkommen sein sollen. Doch der | |
grundlegende Konflikt bei den Verhandlungen war auch schon damals: Während | |
die eine Seite vor allem darauf setzte, die Produktion von Neuplastik | |
deutlich zu verringern, zielte die andere eher auf technische Innovationen | |
– insbesondere besseres und umfangreicheres Recycling. | |
Bei der Konferenz in Genf hatten die Unterhändler nun auf einen Durchbruch | |
gehofft. Vergeblich. Auch Fragen der Regulierung der beigemischten | |
Chemikalien oder der Finanzierung des Aufbaus von Recyclingkapazitäten in | |
Entwicklungs- und Schwellenländern konnten nicht gelöst werden. | |
15 Aug 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Blockade-der-Erdoel-Laender/!6107207 | |
[2] https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/deutsche-umwe… | |
[3] /Plastik-Abkommen-der-UN/!6103254 | |
[4] /Weltweites-Plastikabkommen/!6107113 | |
[5] https://www.bund.net/service/presse/pressemitteilungen/detail/news/scheiter… | |
## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
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