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# taz.de -- Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen: Chefarzt muss seinem Arbeitg…
> Das Klinikum Lippstadt darf Schwangerschaftsabbrüche verbieten, urteilte
> das Arbeitsgericht Hamm. Nun liegt eine ausführliche Begründung dafür
> vor.
Bild: Der Chefarzt Joachim Volz wehrt sich gegen die Weisung des Klinikums, unt…
Berlin taz | Ein Krankenhaus kann seinen Ärzt:innen
Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich verbieten. Das hat das
Arbeitsgericht Hamm [1][im Fall des Arztes Joachim Volz Anfang August
entschieden]. Jetzt liegt die Begründung der Entscheidung vor. Danach
spielte das kirchliche Selbstverständnis des Klinikums nur eine Nebenrolle.
Joachim Volz arbeitet seit 2012 als leitender Arzt für Frauenheilkunde am
Klinikum Lippstadt. Dort führte er zwar keine Schwangerschaftsabbrüche nach
der Fristenregelung durch, aber medizinisch erforderliche und damit
rechtmäßige Abtreibungen gehörten zu seinen Aufgaben.
Nachdem die evangelische Klinik mit einem katholischen Träger fusionierte,
erhielt Volz Anfang des Jahres eine Dienstanweisung, [2][wonach
Schwangerschaftsabbrüche in der Klinik grundsätzlich nicht mehr
durchgeführt werden dürfen] – mit der Ausnahme, „dass Leib und Leben der
Mutter bzw. des ungeborenen Kindes akut bedroht sind, wenn es keine
medizinisch mögliche Alternative gibt, mit der das Leben des ungeborenen
Kindes gerettet werden könnte.“
Diese Ausnahme ist enger als die medizinische Indikation im
Strafgesetzbuch, weil sie keine Abbrüche erfasst, bei denen die „seelische
Gesundheit“ der Frau gefährdet ist. Volz verwies auf Fälle, bei denen das
ungeborene Kind absehbar schwerstbehindert zur Welt kommen würde.
## Mediziner wehrt sich
Volz [3][klagte gegen die Dienstanweisung], die er für „rechtswidrig und
unwirksam hielt“. Aber ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht Hamm erklärte die
Dienstanweisung für „rechtmäßig“.
Die Rechtmäßigkeit der Dienstanweisung ergebe sich, so die Richter:innen
in der jetzt veröffentlichten Begründung, aus dem allgemeinen Weisungsrecht
des Arbeitgebers gegenüber seinen Beschäftigten, das in Paragraf 106 der
Gewerbeordnung geregelt ist. Mit diesem „Direktionsrecht“ kann der
Arbeitgeber auch den „Inhalt“ der Arbeitstätigkeit näher bestimmen. Im
konkreten Fall konnte das Krankenhaus bestimmen, so das Arbeitsgericht,
dass bestimmte ärztliche Leistungen nicht mehr erbracht werden.
Das Arbeitsgericht erwähnte zwar, dass die Weisung dem „Selbstverständnis“
der katholischen Kirche entspricht, das verfassungsrechtlich geschützt ist.
Doch letztlich kam es darauf gar nicht an. In aller Deutlichkeit schreibt
das Arbeitsgericht in seinem Urteil: Auch ein Arbeitgeber, der sich nicht
auf den besonderen Status der katholischen Kirche berufen kann, sei
„selbstverständlich berechtigt, zu entscheiden, dass im Betrieb
Schwangerschaftsabbrüche nur eingeschränkt durchgeführt werden.“
Der Mediziner Volz hatte dem Direktionsrecht der Klinik entgegengehalten,
es habe eine „betriebliche Übung“ gegeben, wonach alle medizinisch
indizierten Schwangerschaftsabbrüche möglich sind. Damit habe sich die
Klinik rechtlich gebunden. Doch das Arbeitsgericht verneinte mit zwei
Argumenten eine entsprechende betriebliche Übung.
## Gericht bügelt Einwände ab
Zum einen müsse eine betriebliche Übung für den ganzen Betrieb oder eine
abgrenzbare Gruppe gelten. In Lippstadt ging es aber nur um Chefarzt Volz.
Außerdem müsse sich eine betriebliche Übung, so das Gericht, auf Leistungen
oder Vergünstigungen beziehen, etwa auf die Zahlung von Weihnachtsgeld.
Hier aber sei es um die Bestimmung der geforderten Arbeitsleistung
gegangen.
Volz hatte sich zudem darauf berufen, er habe bei Amtsantritt mit dem
damaligen Geschäftsführer des Klinikums besprochen, dass er nur dann in
Lippstadt als Chefarzt der Gynäkologie arbeiten werde, wenn er medizinisch
indizierte Schwangerschaftsabbrüche vornehmen könne. Sein Arbeitsvertrag
sei entsprechend formuliert worden. Das Arbeitsgericht ließ sich auch
hiervon nicht überzeugen. Zum einen habe der Artz die Absprache erst in der
mündlichen Verhandlung erwähnt, was „verspätet“ gewesen sei.
Zum anderen sei das Direktionsrecht des Arbeitgebers in Volz'
Arbeitsvertrag nicht eingeschränkt worden. Die Formulierung, dass die
„Verantwortung bei Diagnostik und Therapie“ beim Arzt verbleibe, beziehe
sich nur auf die Fälle, die zu seinen Aufgaben gehören, so das Gericht.
In einer zweiten Dienstanweisung hatte das Klinikum Anfang des Jahres auch
eine Nebentätigkeitserlaubnis für Volz eingeschränkt. So dürfe er in seiner
privaten Klinik im 50 Kilometer entfernten Bielefeld auch keine
Schwangerschaftsabbrüche mehr durchführen. Das Arbeitsgericht hielt auch
diese Weisung vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt. Hier könne sich
Volz schon deshalb nicht auf eine bestehende „betriebliche Übung“ berufen,
weil Volz in seiner Bielefelder Privatklinik bisher nie
Schwangerschaftsabbrüche durchführte.
## Warnung vor Versorgungslücke
Keine Rolle spielte beim Arbeitsgericht das Argument von Volz, dass die
Frauen der Gegend um Lippstadt kein ausreichendes Angebot für medizinisch
indizierte Schwangerschaftsabbrüche mehr finden. Zwar heißt es im
Schwangerschaftskonfliktgesetz: „Die Länder stellen ein ausreichendes
Angebot ambulanter und stationärer Einrichtungen zur Vornahme von
Schwangerschaftsabbrüchen und den ungehinderten Zugang zu diesen sicher.“
Das Arbeitsgericht ging aber offensichtlich davon aus, dass sich der Arzt
in einem Streit mit seinem Arbeitgeber nicht auf diese Pflicht der
Bundesländer berufen konnte.
Volz kann gegen das Urteil noch Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamm
einlegen.
24 Aug 2025
## LINKS
[1] /Gericht-weist-Klage-von-Chefarzt-ab/!6105809
[2] /Verbot-von-Schwangerschaftsabbruechen/!6091881
[3] /Chefarzt-klagt-gegen-Klinik-in-Lippstadt/!6105688
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
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