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# taz.de -- Streit um Verfassungsgerichtsbesetzung: Klingbeil fordert von Union…
> Die Kandidatur von Brosius-Gersdorf für einen Richterposten am
> Bundesverfassungsgericht entzweit weiter die Regierung. CSUler empfehlen
> ihren Rückzug.
Bild: Noch hält SPD-Chef Lars Klingbeil an der von der SPD nominierten Juristi…
Berlin rtr/dpa/taz | Der Eklat um die missglückte Wahl der
Verfassungsrichter:innen im Bundestag hallt in der schwarz-roten
Koalition weiter nach. SPD-Chef und Vizekanzler Lars Klingbeil versichert,
an der Kandidatur von Frauke Brosius-Gersdorf für das
Bundesverfassungsgericht festzuhalten, und fordert eine Wiederholung der
Richterwahl. Die Bedenken seitens der Union gegen die Juristin [1][wegen
angeblicher Plagiatsvorwürfe] seien aus seiner Sicht ausgeräumt: „Deshalb
können wir die Wahl wieder auf die Tagesordnung des Bundestags setzen“,
sagte Klingbeil der Bild am Sonntag.
[2][Nach einer rechten Hetzkampagne] war die für den 11. Juli angesetzte
Verfassungsrichter:innenwahl am Widerstand innerhalb der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegen die von der SPD nominierte Kandidatin
Staatsrechtlerin gescheitert. Die Unionsvertreter hatten die Potsdamer
Rechtsprofessorin zwar im Richterwahlausschuss des Bundestags mit nominiert
und die Unionsfraktionsführung hatte sich für ihre Wahl ausgesprochen. Die
Wahlen von Brosius-Gersdorf und zweier weiterer neuer Richter:innen für
Karlsruhe mussten dann kurzfristig trotzdem [3][von der Tagesordnung
abgesetzt worden], weil die Fraktionsführung die mit dem Koalitionspartner
verabredete Unterstützung nicht mehr garantieren konnte.
Brosius-Gersdorf hatte sich [4][in einer persönlichen Erklärung und im
Fernsehen] gegen Vorwürfe zur Wehr gesetzt, sie sei eine Aktivistin,
„linksextrem“ oder plädiere für ein unbeschränktes Recht auf Abtreibung.
Klingbeil sagte zum Festhalten an der Kandidatur der Juristin, für ihn sei
es „eine prinzipielle Frage, ob man dem [5][Druck von rechten Netzwerken]
nachgibt, die eine hoch qualifizierte Frau diffamiert haben“. CSU-Chef
Markus Söder hatte der SPD einen Austausch ihrer Kandidatin nahegelegt.
Der SPD-Parlamentsgeschäftsführer Dirk Wiese sagte der Rheinischen Post vom
Montag laut Vorabbericht: „Es wäre gut, wenn einige aus der Union ihren
offenen Widerstand gegen die gemeinsame Verabredung aufgeben und aktiv das
Gespräch mit Professorin Brosius-Gersdorf suchen würden.“ Die schwarz-rote
Koalition habe bereits viele wichtige Beschlüsse in den ersten Wochen ihrer
Amtszeit auf den Weg gebracht. „Die gebrochenen Absprachen vonseiten der
Union bei der Richterwahl trüben aber diese ordentliche Bilanz“, sagte
Wiese.
## „Keine Meisterleistung“
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) kritisierte unterdessen
auch die eigene Partei für das Vorgehen bei der missglückten Wahl: „Wie die
Besetzung der Richterstellen bislang gelaufen ist, war zweifellos keine
Meisterleistung“, sagte Wegner im Gespräch mit der Welt. Solche wichtigen
Personalien müssten im Vorfeld vertraulich besprochen werden. Die
Verabredungen müssten anschließend auch gelten. „Das hat in diesem Fall
leider nicht funktioniert“, konstatierte der Unionspolitiker.
Er sei aber sicher, dass die Vorsitzenden der Fraktionen von Union und SPD
eine einvernehmliche Lösung finden würden. Wegner warnte die Koalition
davor, die Personalien den Interessen der Parteien unterzuordnen. „Es geht
hier um die Besetzung des Bundesverfassungsgerichts – also einer
Institution von herausragender Bedeutung in diesem Land. Das
Bundesverfassungsgericht sollte nicht in parteipolitische
Auseinandersetzungen hineingezogen werden“, mahnte Wegner.
Der frühere CSU-Chef und langjährige Bundestagsabgeordnete Horst Seehofer
bekundete gegenüber der Augsburger Allgemeinen, er hätte Frauke
Brosius-Gersdorf seine Stimme im Parlament gegeben. „Wenn die gesamte
Führung von CDU und CSU einem Abgeordneten die Wahl empfiehlt, so wie
geschehen, hätte ich sie gewählt“, sagte der ehemalige bayerische
Ministerpräsident.
## Bisher keine Lösung in Sicht
Eine Lösung in dem Streit ist derzeit nicht in Sicht. Die SPD hält an ihr
fest. Der heutige bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte dem
Stern hingegen, dass er „kaum mehr eine Möglichkeit“ für eine Wahl
Brosius-Gersdorfs sehe. Es gebe durch die politische Debatte eine Art
„Befangenheit“ bei der Personalie, die dem Gericht schaden könne. Mit Blick
auf die SPD sagte er: „Mit dem Kopf durch die Wand zu gehen – da ist die
Wand am Ende stärker.“
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) legte der Juristin indirekt
einen Verzicht auf ihre Kandidatur nahe. „Frau Brosius-Gersdorf macht sich
bestimmt Gedanken, wie sie mit dieser Situation umgeht“, sagte Dobrindt der
Augsburger Allgemeinen auf die Frage, wie es nun weitergehe. „Als
Bewerberin für eine Position im Verfassungsgericht hat man wohl kaum die
Intention, die Polarisierung in der Gesellschaft weiter zu befördern.“
Sollte der Bundestag sich nicht über die Richter-Nachbesetzungen einigen
können, geht die Entscheidung an den Bundesrat über. Davon hält
Bundestagsvizepräsident Omid Nouripour nichts. „So aufgeladen wie die
politische Stimmung derzeit ist, wird es im Bundesrat nicht zwingend
besser. Darüber hinaus wäre dies ein fatales Signal hinsichtlich der
Handlungsfähigkeit des Bundestags“, sagte der Grünen-Politiker dem
Handelsblatt.
Der Linken-Abgeordnete Gregor Gysi äußerte im Reutlinger General-Anzeiger
die Hoffnung, „dass die SPD hart bleibt und zu ihrer Kandidatin steht.“
Gysi warnte: „Sonst macht man die Tür auf, dass künftig immer CDU und CSU
über die Besetzung der von der SPD nominierten Verfassungsrichter
entscheiden“.
20 Jul 2025
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