# taz.de -- Neues Album von Rockstar Carwyn Ellis: Wie der Bossa nach Caernarfo… | |
> Der walisische Rockstar Carwyn Ellis ist vernarrt in Latin-Sounds. | |
> Deshalb macht er jetzt Musik mit dem brasilianischen Popstar Kassin. | |
Bild: Der Musiker Carwyn Ellis im Studio | |
Es ist eine gebührende Verbeugung von Carwyn Ellis. Zum ersten Mal tritt | |
der Mann von der Isle of Anglesey ans Mikrofon, um auf Spanisch zu singen. | |
Mit dieser Geste zollt der Künstler der Vielfalt von lateinamerikanischer | |
Musik seinen Respekt. Das ist nicht nur höflich, sondern es klingt auch | |
richtig gut. „Fontana Rosa“ heißt sein neues Album, ein regelrechter | |
Karneval der Latin-Stile. | |
In Musik aus Südamerika hat sich der sympathische Waliser Luftikus aus der | |
kleinen Stadt Caernarfon vor langer Zeit verliebt. Und mit jedem neuen | |
Werk, das er mit dem aus wechselnden Musiker:innen bestehenden | |
Bandkollektiv Río 18 einspielt, dringt Ellis weiter vor in die Welt der | |
Latin-Sounds. „Fontana Rosa“ ist nur das jüngste Beispiel. Assistiert hat | |
Balod Verdú. Zusammen mit ihm und anderen Musikern gelingt [1][Ellis das | |
Kunststück], glaubwürdige Latin-Musik zu machen. | |
Man nehme etwa das perkussive „Te Adore“, das an eine venezolanische | |
Merengue erinnernde Titelstück „Fontana Rosa“ oder das Cumbia-lastige | |
„Mariposa“. Die Fortschritte in der Aneignung kommen nicht von ungefähr, | |
Carwyn Ellis hat bei Aufenthalten in Mexiko-Stadt wie gewohnt die | |
Plattenläden der Metropole durchstöbert, Clubs aufgesucht und neue Kontakte | |
geknüpft. | |
Umgekehrt hat Baldo Verdú, venezolanischer Perkussionist von Rio 18, den es | |
nach London verschlagen hat, dafür gesorgt, dass der Waliser neue Genres | |
entdeckt: venezolanische Joropo, Merengue und mexikanische Rancheras. | |
Letztere haben es Ellis besonders angetan. Infiziert mit diesem Virus hat | |
er sich 2018 auf der Lateinamerika-Tour der britischen Band The Pretenders. | |
Für die spielte er damals Gitarre und Keyboards. Vor dem Auftritt in Río de | |
Janeiro nutze Ellis die Zeit, um die lokale Musikszene in Ohrenschein zu | |
nehmen. „Als ich zurück ins Hotel kam, inspizierte [2][Pretenders-Sängerin | |
Chrissie Hynde] meine Plastiktüte, kontrollierte die gekauften | |
Schallplatten und stellte glücklicherweise den Kontakt zu Alexandre Kassin | |
her“, erinnert sich Ellis lächelnd. | |
## Zwei Seelenverwandte im Studio | |
Als Kassin, der brasilianische Produzent und Popstar, ein paar Monate | |
später in London auftrat, schleppte Chryssie Hynde Ellis mit backstage und | |
machte die beiden Seelenverwandten miteinander bekannt. Das war der Auftakt | |
zu Rio 18, denn ein paar Monate später standen Kassin, [3][der | |
Multiinstrumentalist aus Rio], und sein walisisches Pendant zusammen im | |
Studio. | |
Leichtfüßige Bossa-Nova-Perlen entstanden dabei, und der Clou: Es wurde | |
dazu auf Walisisch gesungen! „Ar Ôl Y Glaw“, übersetzt bedeutet das „Na… | |
dem Regen“. Der Song bezeugt den kreativen Geist der beiden Musikusse. Man | |
muss Chrissie Hynde von den Pretenders dankbar sein. „Sie mag die | |
walisischen Songs meiner Band Colorama und forderte mich auf, im Duett mit | |
Kassin auf Walisisch zu singen“, erinnert sich Ellis. | |
Vier Sprachen sind in den Songs des letzten Rio-18-Albums „Radio Chévere“ | |
zu hören, auf „Fontana Rosa“ sind es immerhin drei. Dass Carwyn Ellis seine | |
Entdeckungsreisen in die Welt der Latin Beats fortsetzen wird, ist | |
sonnenklar: Er hat begonnen, Spanisch zu lernen, und Platz geschaffen in | |
seinen Regalen. Afroperuanische Musik hat er nun einsortiert genauso wie | |
die peruanische Chicha, eine Spielart der kolumbianischen Cumbia, aber auch | |
[4][die Electro-Cumbia der Meridian Brothers aus Bogotá] hat es ihm | |
angetan. | |
Das ist auf „Fontana Rosa“ kaum zu überhören, allerdings bleibt Ellis auch | |
seiner Liebe zu lockeren Bossa-Beats und Tropicália treu. Dafür stehen der | |
liebevoll arrangierte Song „Impossible“ und das vibrierende „Deffro’r | |
Dydd“, ein Song, der – wie das gesamte Album – analog eingespielt wurde. | |
Das sorgt für den warmen Klang von „Fontana Rosa“. | |
30 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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