# taz.de -- Militärdienst in Israel: Ein unorthodoxer Lösungsweg | |
> Israels Premier Netanjahu steckt wegen der Ultraorthodoxen in einer | |
> Regierungskrise. Die wollen verhindern, dass sie Wehrdienst leisten | |
> müssen. | |
Bild: Israels Polizisten gehen hart gegen Ultraorthodoxe vor, die den Militärd… | |
Berlin taz | In Israel bahnt sich – wieder einmal – eine Regierungskrise | |
an. Der Grund hierfür bleibt derselbe: die offene Frage, ob Mitglieder der | |
[1][ultraorthodoxen Gemeinschaft in Israel den Wehrdienst leisten] müssen, | |
oder ob sie – wie bislang – davon ausgenommen bleiben. | |
Nach einem [2][Richterspruch des Obersten Gerichtshofs] im vergangenen Jahr | |
müssen sie eigentlich eingezogen werden. Die Regierung, so das Gericht, | |
müsse dazu eine langfristige Lösung finden. Doch das scheitert seit | |
mittlerweile einem Jahr. | |
Im Streit um diese Frage hat nun das Parteienbündnis United Torah Judaism | |
(UTJ) seinen [3][Rücktritt aus der Regierungskoalition] unter | |
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verkündet. Das hatte am späten | |
Montagabend zunächst eine der beiden Fraktionen, aus denen das Bündnis | |
besteht – Degel Hatorah – verlauten lassen; später schloss sich ihr die | |
zweite Fraktion – Agudat Yisrael – an. | |
Entzündet hatte sich der Streit an einem Gesetzesentwurf, der derzeit in | |
Arbeit ist. Er soll regeln, ob und wie die Angehörigen der ultraorthodoxen | |
Gemeinschaft in den Wehrdienst eingezogen werden. | |
## Netanjahus Mehrheit schwindet | |
Ausgearbeitet wird er unter der Ägide von Juli Edelstein, Vorsitzender des | |
Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten und Verteidigung. Edelstein ist | |
Mitglied des Likud, der [4][Partei von Premier Netanjahu]. Der genaue Text | |
liegt bislang nicht öffentlich vor. Nach Medienberichten vom Februar | |
könnten aber etwa Individuen, die dem Aufruf zur Musterung nicht | |
nachkommen, mit Sanktionen belegt werden. | |
[5][UTJ hatte Edelstein] eine Frist gesetzt, innerhalb derer die Partei den | |
Gesetzesentwurf einsehen wollte. Nachdem die Partei diesen Entwurf am | |
Montag dann lesen konnte, entschloss sie sich nach Angaben israelischer | |
Medien zum Rücktritt. Es gäbe Abweichungen zu dem, worauf man sich zuvor | |
bereits geeinigt habe. Edelstein gilt als Vertreter der Überzeugung, dass | |
auch die Ultraorthodoxen ihren Beitrag im Militär leisten müssen. | |
Nach Berichten der [6][israelischen Zeitung Haaretz] tat Netanjahu einiges | |
dafür, den Austritt der UTJ noch zu verhindern. So soll der Premier selbst | |
Änderungen an dem Gesetzesentwurf vorgenommen haben, schreibt Haaretz und | |
stützt sich auf eine Quelle aus der UTJ. In stundenlangen Verhandlungen mit | |
Edelstein habe Netanjahu diesem sogar gedroht, ihn zu feuern, wenn er nicht | |
den Gesetzestext vorlege, den er am Vorabend des Angriffs auf Iran | |
versprochen hatte. | |
Solange nur die UTJ austritt, ist Netanjahus Regierung nicht in Gefahr: Sie | |
kommt auf 68 von 120 Sitzen in der Knesset, 7 Mandate davon entfallen auf | |
die UTJ. Nach deren Austritt stellt sie also noch immer die – wenn auch | |
hauchdünne – Mehrheit. | |
## Austritt gefährdet Geisel-Deal | |
Doch es gibt noch eine [7][zweite ultraorthodoxe Partei in der | |
Regierungskoalition, die Shas]. Sollte die sich mit ihren 11 Sitzen der UTJ | |
anschließen, wäre die Regierung in der Minderheit. Berichten israelischer | |
Medien zufolge bahnt sich dieser Austritt an: Demnach warte die Partei | |
derzeit noch auf ein Urteil ihrer religiösen Berater; diese sollen in den | |
kommenden Tagen zusammenkommen. Laut der öffentlichen Rundfunkanstalt Kan | |
könnte der Austritt am Donnerstag erfolgen. | |
Netanjahu könnte in diesem Fall zunächst mit einer Minderheitsregierung | |
weitermachen. Da die Knesset in zwei Wochen in die Sommerpause geht, gilt | |
das – im Falle [8][Israel eines tatsächlichen Austritts der Shas] – als | |
wahrscheinlich. Während der Sommerpause könnte Netanjahu dann weiter an | |
einer Lösung für das quasi unlösbare Problem arbeiten. | |
Der Austritt der UTJ und möglicherweise der Shas könnte aber ein schlechtes | |
Zeichen für einen Waffenruhe-Geisel-Deal im Gazastreifen sein. Um den wird | |
derzeit, wenn auch stockend, verhandelt. [9][Netanjahus rechtsextremer | |
Koalitionspartner Itamar Ben Gvir] hatte jüngst gedroht: Wenn Israel einen | |
solchen Deal unterzeichne, ziehe er sich mit seiner Partei Otzma Yehudit | |
aus der Regierung zurück. Sechs Sitze hat sie insgesamt. Von der | |
Regierungskoalition wäre dann kaum noch etwas übrig. | |
15 Jul 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Streit-um-Wehrdienst/!6088610 | |
[2] /Justizreform-in-Israel/!5982006 | |
[3] /Zerstrittene-Koalition-in-Israel/!6093798 | |
[4] /Israels-Vorgehen-im-Nahost-Konflikt/!6093243 | |
[5] /Nachwahlwehen-in-Israel/!5674209 | |
[6] /Pressefreiheit-unter-Netanjahu/!6051995 | |
[7] /Schas--Erfolg/!1180610/ | |
[8] /Ultraorthodoxe-in-Israels-Armee/!6030765 | |
[9] /USA-Besuch-von-Itamar-Ben-Gvir/!6080823 | |
## AUTOREN | |
Lisa Schneider | |
## TAGS | |
Israel | |
Wehrpflicht | |
Wehrdienst | |
Ultraorthodoxe | |
Religion | |
Benjamin Netanjahu | |
Itamar Ben-Gvir | |
Gaza | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Militär | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Schwerpunkt Nahost-Konflikt | |
Iran-Israel-Krieg | |
Schwerpunkt USA unter Trump | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
+++ Nachrichten im Nahostkrieg +++: Israel greift Militärhauptquartier in Dama… | |
Israels Militär hat nach eigenen Angaben den Eingang zum Hauptquartier der | |
syrischen Armee angegriffen. Das Staatsfernsehen meldet zwei Verletzte. | |
Verhandlungen in Nahost: Nicht mehr als eine Pause | |
Die Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas für einen Deal zur | |
Waffenruhe und zur Freilassung der Geiseln stocken. Auch, weil zentrale | |
Punkte immer noch ungelöst sind. | |
Israels Vorgehen im Nahost-Konflikt: Netanjahus strategische Sackgasse | |
Statt über ein Ende der Besetzung nachzudenken, redet Netanjahu vom | |
„Frieden durch Stärke“. Doch kann das überhaupt funktionieren? | |
USA-Besuch von Itamar Ben-Gvir: Ein Terrorist in Mar-a-Lago | |
Die Trump-Regierung macht Jagd auf „Terrorunterstützer“, die sie abschieben | |
will. Wieso hofiert sie dann den israelischen Minister Itamar Ben-Gvir? |