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# taz.de -- Big-Mac-Index in Buenos Aires: Burger teuer, Dollar billig
> Argentinien ist so teuer, dass Besserverdienende zum Einkaufen rund um
> die Welt fliegen können. Für alle anderen bleibt nur: Gürtel enger
> schnallen.
Bild: Wenn das Geld nicht mehr reicht: Obdachlose bei einer Essensausgabe in Bu…
Winterkälte herrscht beim morgendlichen Gassigehen mit meiner Hündin Pinky
in Buenos Aires. „Im Big-Mac-Index liegt Argentinien jetzt auf dem zweiten
Platz hinter der Schweiz“, sagt unvermittelt das Herrchen vom
[1][Boxer-Rüden aus der Parallelstraße]. Sogar Pinky wirkt einen Moment
lang überrascht, bevor sie den Boxer schwanzwedelnd begrüßt. „Nummer eins
in Lateinamerika und Nummer zwei in der Welt, so teuer ist der Big Mac in
Argentinien“, erklärt er mir. Der Big Mac von McDonald’s ist überall auf
der Welt gleich, und so kann man das lokale Preisniveau leicht in Dollar
vergleichen – ein Indikator dafür, wie teuer Argentinien für ausländische
Reisende und wie billig es für Argentinier im Ausland geworden ist.
Sein Schwager arbeite in einem Wirtschaftsforschungsinstitut, und der habe
es ihm so erklärt: Während der Wert der Einkommen der Besser- bis
Ausreichendverdienenden aufgrund des „billigen Dollars“ in Dollar steigt,
müssen die Normal- bis Geringverdienenden aufgrund steigender Tarife für
Strom, Gas und Wasser ihre Ausgaben umschichten. Während also die untere
Mittel- und Unterschicht den Gürtel bei Ausgaben wie etwa für Lebensmittel
enger schnallen muss, um über die Runden zu kommen, frönt die obere Mittel-
und Oberschicht dem Konsum durch günstiges Reisen und Einkaufen im Ausland.
Argentinien ist für alle teurer geworden. 2024 betrug die Inflationsrate
115 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Doch der allgemeine Preisanstieg in
der Landeswährung wurde durch die Abwertung des Dollar gegenüber dem Peso
gerade für Reisende noch verstärkt. Im Juli 2024 war ein Dollar auf dem
informellen Markt 1.500 Peso wert. Ende 2024 waren es nur noch etwas mehr
als 1.000 Peso. Der Dollar ist derzeit so billig wie schon lange nicht
mehr.
## Zum Winterurlaub nach Brasilien
Sie hätten deshalb auch Brasilien für die anstehenden Winterferien gebucht,
meint das Herrchen nun hörbar leiser. „Fünf Tage in Mar del Plata oder zwei
Wochen in Florianópolis, gleicher Preis“, sagt er. Während Mar del Plata,
der beliebte Badeort an der argentinischen Atlantikküste, wie viele
Touristenorte hierzulande unter Besucherschwund leidet, platzen Orte wie
das brasilianische Küstenstädtchen Florianópolis vor Argentiniern aus allen
Nähten. „Und wenn man dort dann noch zwei, drei Paar Sportschuhe, Jeans und
T-Shirts kauft, ist der Urlaub im Vergleich zu hier fast umsonst“, meint
er. Er möchte sich unbedingt ein I-Phone kaufen. „Das kostet ein Drittel
weniger als in Buenos Aires.“
Neulich ging er in einer klandestinen Wechselstube brasilianische Reais
kaufen und das sei gar nicht so einfach gewesen. Noch vor anderthalb Jahren
strömten kauffreudige Touristen aus den Nachbarländern Brasilien, Chile und
Uruguay durch die Fußgängerzone von Buenos Aires und trauten ihren Augen
nicht, wie günstig die Boutiquen und Restaurants waren. Seit für die
Brasilianer das Einkaufen in Argentinien absurd teuer geworden ist, werden
kaum noch Reais getauscht.
Gerade will ich sagen, dass ich das als Euroverdiener im Portemonnaie
spüre, als Pinky fröhlich bellt, weil Reina, [2][die Collie-Hündin aus
Rosario], um die Ecke biegt. Ihr Frauchen hat die letzten Sätze mitbekommen
und ist sofort beim Thema. Ihre Schwester arbeite in einer Reiseagentur,
und die würde auch sagen, es sei unfassbar, wie viele Argentinier ins
Ausland reisen. „Und zwar nicht nur zum Einkauf rüber nach Chile oder
Brasilien, sondern auch nach Europa und Asien“, sagt sie.
Die offiziellen Zahlen bestätigen das. In den ersten fünf Monaten des
Jahres reisten 6,7 Millionen Argentinierinnen und Argentinier ins Ausland,
so viele wie noch nie seit 2016, als die Zahl erstmals vom Statistikamt
erfasst wurde. Im Gegenzug gingen die Ankünfte ausländischer Touristen in
Argentinien um 20 Prozent zurück. „Mich erinnert das alles an die 1990er
Jahre, als der Dollar eins zu eins an den Peso gekoppelt war“, sage ich und
ernte nachdenkliche Blicke. „Das ging lange Zeit gut und dann rasant den
Bach runter.“
12 Jul 2025
## LINKS
[1] /Machtwechsel-in-Argentinien/!5976663
[2] /Organisierte-Kriminalitaet-in-Argentinien/!6003060
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Kolumne Stadtgespräch
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