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# taz.de -- Brandübung im A100-Tunnel in Berlin: Abgesaugt wird nicht
> Umstrittene A100-Verlängerung: Mit einer Notfallübung wappnen sich die
> Autobahn GmbH und die Feuerwehr gegen einen potenziellen Tunnelbrand.
Bild: Nur Theaterrauch: Bei der Übung im Neuköllner Tunnel
Berlin taz | Es zischt, mal wieder. Aus einem großen Kasten dringt eine
weiße Rauchfahne, die sich in der hinteren Hälfte des Tunnels verteilt und
dann abzieht. Dann lodern Flammen aus einer weißen Kleinwagenkarosserie,
die mitten auf der Fahrbahn steht. Gleich daneben liegt etwas, was wie ein
regloser menschlicher Körper aussieht.
Natürlich ist es nur ein Dummy, denn es brennt auch nicht wirklich an
diesem Freitag im neuen Tunnel zwischen Grenzallee und Treptower Park, auf
[1][dem höchst umstrittenen 16. Bauabschnitt der Berliner Stadtautobahn
A100]. Die Flammen verlöschen nach wenigen Sekunden wieder – alles nur eine
Übung. Jetzt müsste bloß endlich mal die Feuerwehr anrücken.
385 Meter lang ist der Tunnel, gerade kurz genug, um keine Lüftungsanlagen
zu benötigen, die den gefährlichen Rauch aktiv absaugen, der bei einem
echten Fahrzeugbrand entsteht. Hier reicht der natürliche Durchzug. Das hat
Ralph Brodel, Sprecher der Autobahn GmbH, vor Beginn der Simulation
erklärt, die das bundeseigene Unternehmen zusammen mit der Berliner
Feuerwehr durchführt. Brodel erinnert die Beobachter der Übung an
Katastrophen wie den Brand im Gotthardtunnel, [2][bei dem elf Menschen im
Jahr 2001 starben].
In einem verrauchten Tunnel sinkt die Sichtweite schnell auf beinahe null,
sagt Brodel, was sowohl die Flucht aus dem Bauwerk als auch die
Brandbekämpfung und Bergung enorm erschwert. Nicht zu vergessen, dass das
Inhalieren von echtem Rauchgas tödlich ist – im Gegensatz zu dem
Theaterrauch, der gerade von Neuem aus dem Kasten zischt. Wo ist denn jetzt
die Feuerwehr?
## Please remain calm
Eigentlich hat die Autobahn GmbH die gesamte Sicherheitstechnik längst
geprüft, die Brandmelder, Videokameras und Lautsprecher, über die der
Tunnel mit der Tunnelleitzentrale am Eichborndamm in Reinickendorf in beide
Richtungen verbunden ist. Alles funktioniert, aber damit es den Stempel vom
Fernstraßen-Bundesamt gibt, muss eben noch mal in echt getestet werden.
Also fast in echt.
Im Gotthardtunnel war es stockdunkel, sagt Brodel. Im Neuköllner Tunnel
gehen gleißend helle LED-Lampen an der Decke an. Dann dröhnt eine
ohrenbetäubende Durchsage aus den Lautsprechern, von der nur Fetzen zu
verstehen sind. „Please remain calm“, heißt es am Ende auf Englisch. „We…
Sie im Auto sitzen und vielleicht Musik laufen haben, muss das zu Ihnen
durchdringen“, so der Autobahn-Sprecher, „dann verstehen Sie das auch.“
Endlose 25 Minuten nach Beginn der Übung betritt der Löschtrupp den mäßig
vernebelten Tunnel, ausgestattet mit Sauerstoffmasken und Taststöcken zur
Orientierung. Nicht von vorn oder hinten, sondern von der Seite: über einen
„Durchschlag“, also eine Verbindungstür zu anderen, „sauberen Röhre“,…
ein Feuerwehrsprecher es nennt. Schläuche werden ausgerollt, ein bisschen
Wasser wird in Richtung des brennenden Autos gespritzt, alles mehr
symbolisch, versteht sich.
Hektisch wirkt das Ganze kein bisschen, eher schon ein wenig zu entspannt.
Vielleicht liegt es daran, dass die „Rettungskomponente“ unlängst auf dem
Gelände der Feuerwehrakademie in Schulzendorf mit vielen Komparsen geübt
wurde. Komparsen gibt es am Freitag in Neukölln keine, nur ein paar Dummys
wie den neben dem Pkw, den ein Feuerwehrmann gerade am Schlafittchen packt
und ein wenig lieblos an den Rand zerrt.
## Jede Sekunde zählt
So möchte man eigentlich nicht gerettet werden, wenn man denn noch am Leben
ist, aber es liegt wohl daran, dass „im Tunnel jede Sekunde zählt“, wie es
später in der Pressemitteilung heißt. Für die Beobachter der Presse wäre
das Ganze vielleicht überzeugender, würde der leblose Menschendarsteller
nicht einfach am Fahrbahnrand wieder liegengelassen.
Für Ralph Brodel zumindest ist die Übung ein voller Erfolg: „Von unserer
Seite aus hat alles ausgezeichnet funktioniert.“ Wenn [3][der 16.
Bauabschnitt der A100 Anfang September in Betrieb genommen] wird, ist den
NutzerInnen trotzdem zu wünschen, dass es nie zu einem Tunnelbrand kommt.
Allzu wahrscheinlich ist das ohnehin nicht: Zumindest von den Anwesenden
hat niemand das Jahr parat, wann das in Berlin zum letzten Mal passiert
ist. Toi, Toi, toi.
27 Jun 2025
## LINKS
[1] /16-Bauabschnitt-der-A100/!6040801
[2] /Opfersuche-im-Tunnel/!1144110
[3] /Senat-streicht-Kiezblock-Mittel/!6090436
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
A100
Feuerwehr
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