# taz.de -- Kürzungen von Entwicklungsgeldern: „Reparationen sind keine Gro�… | |
> Entwicklungszusammenarbeit zwischen Regierungen muss demokratischer | |
> werden, sagt die philippinische Aktivistin Jennifer Del Rosario Malonzo. | |
Bild: Blick über die Hauptstadt der Philippinen, Manila | |
taz: Die USA, Deutschland: Immer mehr Industrieländer [1][kürzen ihre | |
Gelder für Entwicklungszusammenarbeit]. Wie wirkt sich das auf Ihre | |
zivilgesellschaftliche Arbeit im Globalen Süden aus? | |
Jennifer Del Rosario Malonzo: In unserer Arbeit setzen wir uns für eine | |
Transformation der Entwicklungszusammenarbeit ein. Es ist ironisch, dass | |
die Krise der jetzigen Entwicklungsfinanzierung unsere Möglichkeiten, ein | |
besseres und gerechteres Finanzierungssystem aufzubauen, untergräbt. | |
taz: Was ist das [2][Problem bei der Entwicklungszusammenarbeit] zwischen | |
Nord und Süd? | |
Malonzo: Die öffentliche Entwicklungshilfe wurde lange Zeit als Akt der | |
Wohltätigkeit dargestellt. Weil es sich um ein freiwilliges Geschenk | |
handelt, ist es auch abhängig von den politischen Launen der jeweiligen | |
Regierungen im Norden. Schlimmer noch: Die Entwicklungshilfe wird als | |
Zuckerbrot benutzt. Im Gegenzug werden Länder des Südens oft zu politischen | |
Maßnahmen gedrängt, die den wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen | |
des Nordens dienen. Deswegen fordern wir einen grundlegenden Wandel der | |
Entwicklungszusammenarbeit. | |
taz: Wie sieht dieser Wandel aus? | |
Malonzo: Zuerst sollten wir Geldflüsse als Ausdruck von Solidarität und als | |
Wiedergutmachung einer historischen Schuld verstehen. Reparationen sind | |
keine Großzügigkeit, sie sind eine Verpflichtung. | |
Entwicklungszusammenarbeit muss demokratisiert werden. Aktuell entscheiden | |
die OECD, die Regierungen des Nordens, wie die Mittel ausgegeben werden. | |
Die Steuerung der Entwicklungshilfe sollte stattdessen bei den UN verankert | |
sein, wo alle Staaten vertreten sind. Demokratisierung heißt auch, dass | |
nicht nur Regierungen, sondern auch zivilgesellschaftliche Organisationen | |
und Parlamente in Entscheidungsprozesse mit einbezogen werden. | |
taz: Sie selbst waren auf der [3][Konferenz für Entwicklungsfinanzierung in | |
Sevilla] vergangene Woche. Sie wird von den UN ausgerichtet. Haben Sie als | |
zivilgesellschaftliche Stimme aus dem Globalen Süden dort mehr Mitsprache? | |
Malonzo: Als zivilgesellschaftliche Organisation sind wir eingeladen, uns | |
zu beteiligen – aber die Entscheidungen treffen letztlich die Regierungen. | |
Wir können unsere Positionen deutlich machen, doch die Regierungen können | |
jederzeit entscheiden, wann sie uns das Mikrofon abstellen. Im Vorfeld der | |
Konferenz haben wir uns beispielsweise dafür eingesetzt, dass sich die | |
Länder des Nordens verpflichten, 0,7 Prozent ihres Bruttoinlandprodukts für | |
Entwicklungshilfe auszugeben – versprochen wurde das bereits in den 1970er | |
Jahren. Unsere Forderung wurde leider nicht gehört. | |
taz: Im Gegenteil, die Gelder werden reduziert. Gleichzeitig rücken | |
ausländische Privatinvestitionen stärker in den Fokus. | |
Malonzo: Multilaterale Entwicklungsbanken wie der Internationale | |
Währungsfonds und die Weltbank drängen auf eine stärkere Einbindung | |
privater Finanzmittel in öffentlichen Sektoren wie Gesundheit und Bildung. | |
Das verschlechtert und verteuert die öffentliche Versorgung der | |
Bevölkerung. Das trifft besonders die Armen. | |
taz: Haben Sie ein Beispiel? | |
Malonzo: Auf den Philippinen haben wir das beim öffentlichen Nahverkehr | |
erlebt. Ausländische Investoren finanzierten den Ausbau, die Bevölkerung | |
muss nun aber immer höhere Ticketpreise zahlen. Gleichzeitig subventioniert | |
der Staat den Betrieb mit Steuergeldern, damit die Investoren ihre Kredite | |
zurück erhalten. Die Bevölkerung zahlt also doppelt. | |
7 Jul 2025 | |
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[1] /Entwicklungsgelder-der-G7/!6093621 | |
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## AUTOREN | |
Josefine Rein | |
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