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# taz.de -- Klimakonferenz in Bonn: Abtauchen im Business as unusual
> Die Klimakonferenz in Bonn tagt zwischen Garzweiler und Ahrtal. Dennoch
> hat sie sich weit von der Klimakrise entfernt.
Bild: Die Bahn kommt: auch bald wieder im Ahrtal
Zwei Stunden auf dem Rad an einem brüllend heißen Sonntagmittag, und da ist
endlich das Ufer. Ein enger Pfad durch dichtes Gestrüpp zum Kieselstrand.
Das Wasser läuft mir herrlich in die Sandalen, über die Knie und dann …
muss ich erst mal eine Stelle suchen, die wenigstens Badewannentiefe hat.
Weiter unten spielen Kinder in Windeln im Fluss, der eigentlich nur ein
Bach ist. Ich tauche unter und denke: krass. Dieses Rinnsal hat [1][vor
vier Jahren mitten in Deutschland 135 Menschen in den Tod gerissen].
Radfahren an der Ahr: Am freien Tag der Klimakonferenz in Bonn wollte ich
ein bisschen Natur sehen. Im Konferenzzentrum streitet man sich, wer jetzt
Geld für die Anpassung an den Klimawandel und für den Ausgleich für
„Verluste und Schäden“ zu zahlen hat. Im Ahrtal findet man: viel Natur,
viel Baustelle und jede Menge Verlust, Schäden und Anpassungsfinanzierung.
Obwohl Deutschland eines der reichsten Länder der Welt ist, sieht man hier
immer noch Spuren von Verwüstung und Wiederaufbau. Viele Häuser sind
verdächtig frisch gestrichen, Brücken neu gebaut; an einer Garage das
Graffito „Danke an alle Helfer“; auf einem Sportplatz türmen sich alte
Gummibodenplatten; in einer Kirche ist meterhoch der Putz abgeschlagen. Der
Radwanderweg ist angeknabbert und tief unterspült, hinter einer Kurve fehlt
die Brücke. Die Natur verschont auch nicht die fossilfreie Infrastruktur.
Die Älteren werden sich erinnern: Mitten im Wahlkampf 2021 riss eine Flut
im Tal der Ahr Brücken, Häuser und Menschen weg. [2][Das harmlose Flüsschen
mit Kurorten am Rand wurde zu einem Schlammmonster], weil ungewöhnlich
starker Regen ungewöhnlich lange über dem Quellgebiet hing. Der Klimawandel
habe das Ereignis 1,2- bis 9-mal wahrscheinlicher gemacht, hieß es
hinterher.
Und CDU-Kandidat Armin Laschet verlor die sichere Kanzlerschaft, weil er in
einem unpassenden Moment beim Lachen erwischt wurde – nicht, weil er
angesichts der Flut mindestens ebenso unpassend meinte, „weil jetzt so ein
Tag ist, ändert man nicht die Politik“. Es gab viele solcher Tage und wird
sie weiter geben. Aber auch Laschets Nachnachfolger denkt nicht daran,
deshalb seine Politik zu ändern.
## Das Ahrtal? Wie aus einem anderen Jahrzehnt
Auch bei der Konferenz in Bonn: Business as usual. Anpassung und Schäden
kann man an der Ahr erleben, aber die Delegierten lassen sich nicht
blicken. Die Konferenz hat sich mit ihren ewig gleichen und gut
klimatisierten Ritualen von Diplomatie und Schuldzuweisung weit von der
Realität in der Klimakrise entfernt.
[3][Zwischen den Braunkohlegruben bei Garzweiler] und dem verwüsteten
Ahrtal konferiert sie vor sich hin wie aus einem anderen Jahrzehnt. Und vor
den Fenstern ziehen immer noch die Schubkähne mit der Steinkohle
rheinaufwärts vorbei. Sie müssen sich anstrengen, verbrennen stinkenden
Diesel oder Schlimmeres, kämpfen gegen den Strom und für ein fossiles
Fossiliensystem, sie leiden unter dem Hoch- und Niedrigwasser, das ihre
Fracht bei Verbrennung verursacht – und mit dem Fahrrad kann man sie locker
und emissionsfrei überholen. Alles, was man braucht, ist Entschlossenheit,
Überwindung und jede Menge Bewegung. Dann kann man die Natur genießen und
gepflegt abtauchen.
Ich glaube, jetzt reicht’s auch mit den Metaphern. Sie haben es verstanden,
oder?
27 Jun 2025
## LINKS
[1] /Vom-Ahrtal-ins-Tiny-House/!6015124
[2] /Physiker-ueber-Temperaturen-in-der-Arktis/!6079629
[3] /RWE-faellt-Baeume-im-Suendenwaeldchen/!6066075
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Wir retten die Welt
Klima
Biodiversität
Garzweiler
Tauchen
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