# taz.de -- Netflix-Serie „Too Much“: Zu viel schlecht | |
> „Girls“-Erfinderin Lena Dunham kehrt mit „Too Much“ zurück. Doch sta… | |
> Witz und Romantik bedient die Serie in Klischees. | |
Bild: Spielt die Rolle der Jess in „Too Much“: Komikerin Megan Stalter | |
Eine Szene in der dritten Folge ist typisch für die gesamte Serie: Der | |
britische Indie-Musiker Felix (Will Sharpe, [1][„The White Lotus“]) zeigt | |
seiner neuen US-amerikanischen Freundin Jessica (Megan Stalter, | |
[2][„Hacks“]) den Film „Paddington“. | |
Während er Tränen in den Augen hat, sitzt sie neben ihm und scrollt durch | |
Tiktoks von der Verlobten ihres Ex. Es ist kaum nachvollziehbar, dass Felix | |
nicht bemerkt, wie Jess auf ihrem Handy Videos mit Ton schaut. Sie wiederum | |
wird als Klischee einer US-Amerikanerin gezeigt, ganz auf die eigene Welt | |
fokussiert. | |
Felix und Jess sind die zentralen Protagonist*innen in [3][Lena | |
Dunhams] neuer Serie „Too Much“. Nach einer unschönen Trennung zieht Jess | |
nach London, um Abstand zu New York zu bekommen. Bereits am ersten Abend | |
lernt sie Felix kennen. Nachdem sie sich aus Versehen mit einer Kerze | |
anzündet und im Krankenhaus landet, wo er sie besucht, sind sie mehr oder | |
weniger ein Paar. | |
Die eingangs geschilderte Szene zeigt, warum die Serie, die als Rom-Com | |
promotet wird, nicht funktioniert. Was die beiden aneinander finden, wird | |
während der zehn Folgen nicht wirklich klar. | |
Nach dem großen Erfolg von „Girls“ (2012–2017), einer Serie, die es | |
schafft, sehr konkret das Leben eines spezifischen Millennial-Millieus | |
abzubilden und dabei trotzdem zeitlos zu sein, war es lange ruhig um Lena | |
Dunham, die zugleich Autorin, Regisseurin und Hauptdarstellerin der | |
Kultserie war. Sie schrieb und produzierte eine Handvoll Filme und Serien | |
und hatte ein paar Gastauftritte, diese flogen aber weitestgehend unter dem | |
Radar, waren keine Kritiker- und/oder Publikumserfolge. | |
„Too Much“ als große Netflix-Produktion mit vielen namhaften | |
Schauspieler*innen (in Nebenrollen sind unter anderem Andrew Scott, | |
Jessica Alba, Rhea Perlman und Emily Ratajkowski zu sehen) soll nun ihr | |
Comeback sein. | |
## Unnötige Slapstick | |
Leider versagt die Serie auf allen Ebenen. Es wirkt, als wolle Dunham | |
„Emily in Paris“ als „Fleabag“-artiges Drama inszenieren. „Emily“ z… | |
zwar durchaus an den Nerven, nimmt sich in all ihrer Überdrehtheit aber | |
kein bisschen ernst; „Fleabag“ stellt eine raumeinnehmende, maximal | |
Ich-bezogene Heldin in den Mittelpunkt, lässt diese aber nahbar wirken. | |
Anders als „Too Much“. | |
Es gibt etliche unnötige Slapstick-Elemente, nur um geschwind eine | |
Storyline um Kindesmissbrauch einzufügen, die aber nicht weiter vertieft | |
wird. Oder: An einem Abend ist Jess bei ihrem Chef auf einer Koksparty, am | |
nächsten Tag hat sie so wenig Ahnung von Drogenkonsum, dass sie ihr ganzes | |
Gesicht in einen Berg Ketamin tunkt und dann, ohne sich zu säubern, durch | |
einen Streichelzoo läuft. | |
Auch sonst ist vieles einfach schlecht geschrieben. So nimmt Jess etwa | |
Antworten auf die Tiktoks der Verlobten auf, die sie nur auf ihrem privaten | |
Profil teilt, und ja, es wird genau das mit den Videos passieren, was man | |
sich denken kann. | |
„Too Much“ krankt nicht nur daran, dass die Serie sich nicht entscheiden | |
kann, was sie sein will, auch die Figuren bleiben sehr oberflächlich, die | |
Dialoge sind so hölzern wie die Performances der Schauspieler*innen. Allein | |
Megan Stalter gelingt es, ihrer zumeist unausstehlichen Figur ein wenig | |
Charme einzuhauchen. Gerade in den Momenten, in denen Jess an Hannah | |
Horvath, Protagonistin in „Girls“, erinnert, merkt man, dass es Stalters | |
Spiel sowohl an Tiefe als auch Edgyness fehlt, um ihrem Charakter | |
vielschichtiger zu machen. | |
Während „Girls“ eine Serie ist, die seit einigen Jahren zu Recht von Gen Z | |
neuentdeckt wird, weil sie zu den besten Dramedys des 21. Jahrhunderts | |
gehört, wirkt „Too Much“, als habe Lena Dunham ihren Spark verloren. | |
Aber vielleicht ist gerade das eine feministische Errungenschaft: Wo es | |
früher Männer vorbehalten war, nach einem Erfolg weiterhin mediokre bis | |
schlechte Serien und Filme mit großem Tamtam schreiben und produzieren zu | |
können, dürfen das heute auch Frauen. | |
9 Jul 2025 | |
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## AUTOREN | |
Isabella Caldart | |
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