| # taz.de -- Entlastung bei der Stromsteuer: Viel Geschrei um marginale Entlastu… | |
| > Populisten in der Politik und Lobbyisten in der Wirtschaft haben das | |
| > Thema hochgejazzt. Dabei hilft eine geringere Stromsteuer den | |
| > Verbrauchern kaum. | |
| Bild: Viel Wind um die Stromsteuer: Den Verbrauchern würde die Abschaffung wen… | |
| Allzu drastische Formulierungen von Lobbyisten sind oft entlarvend. So auch | |
| bei der Stromsteuer. Wenn – wie geschehen – ein Stromversorger die | |
| Entscheidung des Koalitionsausschusses, die [1][Stromsteuer nicht zu | |
| senken], als „Schlag ins Gesicht für alle Stromkunden“ bezeichnet, dann hat | |
| die Debatte längst jedes sachliche Niveau verlassen. Worüber reden wir? | |
| Über nicht einmal 0,6 Prozent der Steuereinnahmen in Deutschland – damit | |
| ist die Stromsteuer vor allem ein Symbol. Für die wirtschaftliche Situation | |
| von Privathaushalten ist sie kaum relevant, schließlich geht es gerade mal | |
| um zwei Cent pro Kilowattstunde. | |
| Ein Haushalt, der einigermaßen sparsam mit Strom umgeht, bezahlt also | |
| maximal fünf Euro im Monat an Stromsteuer, was ein marginaler Posten im | |
| Vergleich zu anderen Abgaben ist. Bizarr, dass die Debatte trotzdem so | |
| aufgeheizt ist. Oder wäre es [2][vorstellbar, dass die ganze Nation | |
| leidenschaftlich über eine Neuerung bei der Einkommensteuer diskutiert,] | |
| die lediglich einen einstelligen Eurobetrag pro Monat umfasst? Wohl kaum. | |
| Unterschiedliche Akteure haben die Stromsteuer hochgejazzt. Zum einen | |
| kommen sie aus der Politik. Da jeder Bürger Stromkunde ist, kann auf | |
| Wählerstimmen hoffen, wer niedrigere Strompreise propagiert. Da zugleich | |
| erschreckend viele Stromkunden nicht einmal wissen, wie viele | |
| Kilowattstunden sie im Jahr verbrauchen, lässt sich leicht der Eindruck | |
| erwecken, es ginge um eine echte Entlastung – und die politischen | |
| Verfechter können sich als Wohltäter brüsten. Purer Populismus eben. | |
| Hinzu kommen als Treiber der Debatte die Lobbyinteressen der Wirtschaft. | |
| Vorne mit dabei sind die Stromversorger, die gerne noch mehr ihrer Energie | |
| absetzen würden – was ihnen naturgemäß leichter fällt, wenn der Strom | |
| billiger wird. Auch wenn nicht alle Unternehmen sofort die ultimative | |
| rhetorische Keule aus ihrem PR-Arsenal hervorkramen, also den zitierten | |
| „Schlag ins Gesicht“, liest man doch auch andernorts in der Strombranche | |
| von „herber Enttäuschung“ darüber, dass die Bundesregierung sich nicht auf | |
| eine geringere Steuer einigen konnte. | |
| Neben den Stromversorgern klinken sich natürlich auch jene Branchen in die | |
| Debatte ein, deren Geschäftsmodell am Strompreis hängt. Die | |
| [3][Wärmepumpenbranche] zum Beispiel. Von jeher trommelt sie für billigen | |
| Strom, was man ihr nicht verdenken kann. Was aber eben auch nichts anderes | |
| als Lobbyinteresse ist. Sie will halt ihre Geräte verkaufen. | |
| Somit hat die Debatte über eine mögliche Senkung der Stromsteuer eine | |
| erschreckende Schlichtheit erreicht. Sie wird nur noch singulär geführt, | |
| also allein im Sinne von „Stromsteuer ja oder nein?“. Doch die reale Welt | |
| ist komplexer. Erinnern wir uns: Die Stromsteuer wurde 1999 eingeführt, um | |
| mit dem Geld die Rentenversicherungsbeiträge zu stabilisieren, um also den | |
| Faktor Arbeit zu entlasten. Der Ansatz war damals richtig – und das ist er | |
| noch heute. Leider geht dieser Aspekt im aktuellen Stromsteuer-Geschrei | |
| unter. | |
| 5 Jul 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bernward Janzing | |
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