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# taz.de -- Russische Luftangriffe auf Kyjiw: Dichter Rauch über der Stadt
> In der Nacht zu Dienstag hat Russland die ukrainische Hauptstadt erneut
> massiv mit Drohnen und Raketen angegriffen. Unsere Autorin aus Kyjiw
> schildert eine schlaflose Nacht.
Bild: Das Auferstehungskloster im Zentrum Kyjiws am Mittwoch morgen, die durch …
Kyjiw taz | Russland habe seine Drohnenproduktion ausgebaut und könne schon
in nächster Zeit bis zu 500 Drohnen pro Nacht auf die Ukraine abschießen,
hieß es vor ein paar Wochen in einer Nachrichtensendung. Es war schwer,
diese Nachricht zu glauben. Und ehrlich gesagt: Man wollte das auch einfach
nicht wahrhaben. Aber in der Nacht zu Dienstag ist aus dieser Nachricht
dann Realität geworden. 440 Drohnen und 32 Raketen, darunter auch
ballistisch, kamen aus Russland auf die Ukraine zu.
Normalerweise gehe ich abends gegen elf Uhr ins Bett. Vorm Einschlafen lese
ich immer Nachrichten, obwohl Psychologen davon abraten, weil es den Schlaf
stört.
Auch in der Nacht zu Dienstag scrollte ich noch einmal durch
Telegram-Kanäle und las die Warnung vor möglichen massiven Luftangriffen
auf die Ukraine. Es gab auch Informationen, dass strategische Bomber vom
Typ Tu-95MS vom nordrussischen Militärflugplatz Olenja gestartet seien. Das
deutete schon darauf hin, dass es neben den üblichen Angriffen mit
Shahed-Drohnen auch ballistische Raketenangriffe geben könne. Schlafen
mochte ich da nicht mehr. Und dann ertönte auch schon die Sirene und man
konnte hören, wie in der Umgebung von Kyjiw die ersten Drohnen abgeschossen
wurden.
## Der Korridor als Schutzraum
Zuerst blieb ich im Bett, versuchte mich abzulenken und ein Buch zu lesen.
Doch dann dachte ich darüber nach, in den Flur zu gehen, um dort die Gefahr
abzuwarten. In der Nähe meines Hauses gibt es keine Schutzräume, daher ist
mein Flur für mich der sicherste Ort. Zwei Wände schützen mich dort vor der
Straße. Für solche Fälle hatte ich mir extra eine Matratze gekauft, um
darauf bis zum Ende des Luftalarms im Flur liegen zu können.
Ich weiß nicht warum, aber dieses Mal entschied ich, im Bett zu bleiben.
Gegen Mitternacht hörte ich ein lautes Motorradgeräusch und dachte, dass da
eine Drohne wohl sehr in der Nähe fliegen müsse. Aber es war tatsächlich
ein echtes Motorrad auf der Straße. Falls Sie es nicht wissen: das Geräusch
russischer Drohnen, mit denen Ukrainer getötet werden sollen, und das eines
Motorrades sind identisch.
Die nächsten zwei Stunden lag ich wach und hörte die Shahed-Drohnen und wie
unsere Flugabwehr versuchte, sie abzuschießen. Zwischendurch dämmerte ich
ein bisschen weg. Gegen vier Uhr früh rief mich eine Freundin aus
Tscherkasy an und sagte, dass über ihre Stadt hinweg Raketen auf Kyjiw
fliegen. Da entschied ich, doch in meinen „Schutzraum“ zu gehen. Vom Flur
aus hörte ich durch das geöffnete Schlafzimmerfenster laute Explosionen.
Sie ähnelten einem sommerlichen Gewitter.
## Körper signalisiert Gefahr
Ob ich Angst hatte in diesem Augenblick? Nein, ich hatte keine Angst. Ich
dachte daran, dass ich wieder unausgeschlafen zur Arbeit würde gehen
müssen. Dass ich am Morgen höchstwahrscheinlich Bilder von getöteten
Ukrainern und zerstörten Häusern sehen würde. Und auf Instagram die
traurigen Emojis dazu.
Wahrscheinlich schützt sich meine Psyche irgendwie und möchte das alles,
was passiert, nicht vollständig glauben. Aber körperlich reagiere ich
anders: wenn ich eine Explosion höre, erstarrt mein Körper, sogar mein Atem
setzt kurz aus. Dann lausche ich in die Stille und treffe schnell
Entscheidungen, die mir das Leben retten sollen.
## Mehrere massive Angriffe im Juni
Bis zum Morgen blieb ich im Flur sitzen. Aber gegen sechs Uhr zog ich dann
doch in mein Bett um. Früher kam es alle paar Monate oder sogar nur einmal
im Halbjahr zu solch massivem Beschuss. Jetzt war es schon der dritte oder
vierte so massive Luftangriff seit Anfang Juni und es ist ein wenig
beängstigend, daran zu denken, was als Nächstes kommt.
Um zehn Uhr fuhr ich mit der Metro zur Arbeit. Und mit mir fuhren Kinder,
Erwachsene, alte Menschen, um weiter ihren Alltag, ihr Leben zu leben. Als
die Metro über eine Dnipro-Brücke fuhr, konnten wir alle den dichten Rauch
sehen, der nach den nächtlichen Bränden noch immer über der Stadt hing.
Aus dem Ukrainischen [1][Gaby Coldewey]
17 Jun 2025
## LINKS
[1] /Gaby-Coldewey/!a23976/
## AUTOREN
Yuliia Shchetyna
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kyjiw
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