| # taz.de -- Die Wahrheit: Helden von gestern, Helden von morgen | |
| > Hochmut kommt vor dem Fall: Wer glaubt, in seinem Leben mehr Zeit auf | |
| > Demos statt im kühlen Grünen verbracht zu haben, sollte nochmal in sich | |
| > gehen. | |
| Theos Laune wurde immer schlechter. „Jetzt lasst uns endlich verschwinden, | |
| das ist ja nicht zum Aushalten“, motzte er. „Das Café Gum hat längst offe… | |
| worauf warten wir noch?“ – „Du bist ein alter Piesepampel“, erwiderte L… | |
| „Es ist Sommer, und alle sind gut drauf. Außer dir.“ | |
| Wir saßen auf einer Bank im Botanischen Garten und blinzelten in die | |
| Frühabendsonne. Nur Theo kniff die Augen gequält zusammen. „Entsetzlich“, | |
| ächzte er. Er wies hinüber zu der Wiese, auf der junge Menschen auf bunten | |
| Decken lagen und sich unaufhaltsam näher kamen. „Und diese Narren benehmen | |
| sich, als ob die Welt ein schöner, friedlicher Ort wäre. Begreifen die denn | |
| nicht, dass gerade ihre Zukunft ruiniert wird? Die sollten hier nicht | |
| rumliegen, sondern kämpfen, demonstrieren – jeden Tag!“ | |
| „So wie du“, sagte Raimund süffisant. – „Ich habe in meinem Leben weit… | |
| mehr Zeit auf Demonstrationen verbracht als auf Wiesen!“, knurrte Theo, | |
| doch Raimund zuckte die Schulten und meinte: „Vielleicht war das der | |
| Fehler.“ | |
| Natürlich hätte ihm Theo am allerliebsten den Hals umgedreht, aber er | |
| schaffte es, ruhig zu bleiben. Er blickte hinüber zu dem Spielplatz, wo | |
| eine Horde Kinder höchst ausgelassen krakeelte. „Müssten die nicht längst | |
| schon im Bett sein, statt unaufhörlich hier Radau zu machen?“, brummte er. | |
| – „Lass sie doch!“, rief Luis. „Das sind Kinder, die dürfen unschuldig… | |
| und sauber Krach machen, bevor das Leben mit aber- und abertausenden | |
| Zumutungen an sie herantritt und sie zum Beispiel deine Rente bezahlen | |
| werden.“ – „So, werden sie das? Da bin ich aber so was von gespannt. Erst | |
| mal rauben sie mir nur den letzten Nerv.“ | |
| ## Genies, die den Planeten retten | |
| Luis verdrehte die Augen. „Mann, Theo“, sagte er, „das sind die Helden von | |
| morgen: Sie werden Nobelpreisträger sein, Genies, die die Klimaformel | |
| finden und diesen Planeten retten – vielleicht wird der Knirps, der jetzt | |
| noch in der Sandkiste sitzt und Dreck frisst, in fünfzig Jahren den | |
| Weltfrieden stiften.“ – „Vielleicht“, grinste Theo zynisch. „Vielleic… | |
| aber auch nicht. Vielleicht wird er Mafia-boss oder Superschurke.“ – „Du | |
| bist unausstehlich!“ – „Was denn? Meinst du, Putin war kein süßes Kind? | |
| Meinst du, der hat schon damals die anderen Jungs mit bösem Grinsen vom | |
| Klettergerüst geschubst und gehofft, dass sie sich den Hals brechen? Man | |
| sieht ihnen doch nicht an, ob sie Helden werden oder Monster, also red | |
| nicht so einen Scheiß, und jetzt lass uns gehen!“ | |
| Er wollte aufstehen, doch plötzlich stand einer der Knirpse vor ihm und | |
| fixierte ihn finster. „Was willst du, Kröte? Verschwinde“, knurrte Theo, | |
| doch der Knirps ließ sich nicht beirren. Stattdessen kamen auch seine | |
| Kumpel rüber und bauten sich vor Theo auf, und Raimund sagte: „Also | |
| entweder finden sie nicht so toll, was du über sie und Putin gesagt hast, | |
| oder sie sehen dir an, dass du immer nur Dreckschleudern fährst und seit | |
| vierzig Jahren die Umwelt volldieselst, die du von ihnen nur geliehen | |
| hast.“ | |
| 3 Jul 2025 | |
| ## AUTOREN | |
| Joachim Schulz | |
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