# taz.de -- Die Wahrheit: King Kong Hero | |
> Aus Weicheiern und Waschlappen besteht die Jugend von heute, sind sich | |
> die harten Kämpen im Stammlokal sicher, bis die alten Kämpferherzen | |
> flirren. | |
Weicheier!“, seufzte Theo: „Eine ganze Generation von Weicheiern, | |
Waschlappen, Lufthempelchen!“ Sein Neffe Finn-Aake hatte soeben sein | |
Architekturstudium abgeschlossen. Er galt als Riesentalent und bekam | |
Angebote internationaler Architekturbüros, denn man traute ihm wohl zu, die | |
soziale, klimaneutrale und rundum revolutionäre Wohnform der Zukunft zu | |
erschaffen. | |
Doch Finn-Aake wollte nicht in 70-Stunden-Wochen die Zukunft bauen. Er | |
wollte lieber Zeit haben, mit Jasmin und den beiden Jungs Radieschen auf | |
dem Balkon zu ziehen, weshalb er die Karriere sausen ließ, als | |
Aushilfswilli im Kindergarten „Wilde 13“ anheuerte und halbtags mit den | |
Kindergartenzwuckeln revolutionäre Sandburgen baute. | |
„Was zum Teufel sind Luft-hempelchen?“, fragte Raimund in die Runde. Wir | |
zuckten die Schultern, und Petris, Wirt des Café Gum, tat, als ginge ihn | |
das alles nichts an und trocknete, ohne aufzublicken, Gläser. | |
„Was soll bloß geschehen, wenn diese Bürschlein mal vor richtigen Problemen | |
stehen?“, fragte Theo. – „Zum Beispiel, wenn Putin mit seinen | |
Killermaschinen über die Oder setzt!“, ereiferte sich Rudi, der Blödmann. | |
„Na, solche Kriegshelden sind die Russenjungs nun auch nicht, wie sich | |
gerade zeigt“, meinte Raimund: „Außerdem haben die alten Knacker in den | |
Achtzigern über uns dasselbe gesagt.“ – „Das war doch ganz was anderes!�… | |
brummte Theo: „Das war die Trümmergeneration! Für die musstest du eine | |
Winternacht bei minus fünfzehn Grad in Unterhose überleben, um als | |
einigermaßen widerstandsfähig zu gelten.“ | |
„Außerdem“, fuhr er fort, „haben wir damals politische Kämpfe bestanden, | |
von denen Finn-Aake & Co. nicht mal träumen könnten, ohne hinterher fünf | |
Sitzungen beim Therapeuten zu brauchen.“ – „Zum Beispiel?“ Raimund schi… | |
auf Krawall aus zu sein. – „Zum Beispiel die Hausbesetzung in der | |
Agnesstraße!“ – „Phh!“, machte Raimund: „Als die Bullen uns aufgefor… | |
haben, nach Hause zu gehen, sind wir brav abgezuckelt.“ – „Stimmt ja gar | |
nicht! Mich haben sie mit dem Wasserwerfer aus dem Giebelfenster | |
geschossen!“ – „Blödsinn! Die Bullen hier hatten damals noch gar keinen | |
Wasserwerfer. Und du bist ja nicht mal mit nach Brokdorf gefahren. Weil du | |
Schiss hattest.“ – „Du Arsch! Ich hatte ’ne Lungenentzündung wegen die… | |
Wasserwerfergeschichte!“ – „Hattest du nicht!“ – „Doch! Wir! Waren! | |
Helden!“ | |
Theo war aufgesprungen und trommelte sich mit jedem Wort kingkonggleich auf | |
die Brust – erstarrte dann aber schlagartig, keuchte gepresst: „Krieg keine | |
Luft mehr!“, ging in die Knie und fiel mit weit aufgerissenen Augen auf die | |
Seite. | |
Der Notarzt tippte auf eine Rippenverrenkung, und Raimund meinte später, | |
dass die beiden jungen Sanitäter höhnisch gegrinst hätten, als sie den | |
ängstlich fiependen älteren Herrn auf ihre Trage schnallten. | |
24 Jan 2025 | |
## AUTOREN | |
Joachim Schulz | |
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