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# taz.de -- Russischer Oppositioneller: Hausarrest für Lew Schlosberg
> Der russische Politiker wird wegen „Diskreditierung“ der Armee zu zwei
> Monaten Hausarrest verurteilt. Jetzt drohen ihm bis zu fünf Jahre Haft.
Bild: Unter Arrest: Lew Schlosberg, russischer Oppositioneller und stellvertret…
Moskau taz | „Sie sind nun zu Schlosberg gekommen“, heißt es in russischen
Medien, bei Telegram-Kanälen, in den sozialen Netzwerken. Es ist eine
Nachricht, die Freund*innen und Gegner*innen des russischen
Oppositionspolitikers Lew Schlosberg aus dem [1][nordwestrussischen Pskow]
aufgeschreckt hat.
Freund*innen hat Schlosberg viele, Freund*innen auch, die im Verlaufe
des Krieges in der Ukraine zu seinen Gegner*innen geworden sind. Man
könne nicht immer einverstanden mit ihm sein und doch könne man nicht
anders, als ihn zu achten, schreiben seine Weggefährt*innen, die entsetzt
darüber sind, dass nun auch der 61-jährige Schlosberg im vergitterten
Gerichtskäfig seiner Heimatstadt steht. Wegen „Diskreditierung der
russischen Armee“ wird er am Mittwoch für zwei Monate unter Hausarrest
gestellt. Dem Historiker drohen bis zu fünf Jahre Haft.
Schlosberg ist einer der letzten Oppositionellen, die nach Moskaus Überfall
auf die Ukraine in Russland geblieben sind und das [2][Regime öffentlich
kritisieren]. Trotz Hausdurchsuchungen, Verhören, Strafen. 2014 wurde der
Lokalpolitiker bekannt, weil er die Begräbnisse russischer Soldaten, die in
der Ukraine gefallen waren, öffentlich machte – zu einer Zeit, als
Präsident Wladimir Putin behauptete, seine Armee kämpfe nicht in der
Ukraine. Schlosberg wurde zusammengeschlagen, er bekam sein Mandat
aberkannt, die Leitung seiner Partei in Pskow, 27 Jahre stand er ihr vor,
wurde ihm genommen.
Seit 1995 gehört er der Oppositionspartei Jabloko an, der einzigen Partei
im Land, die das Handeln des Staates tatsächlich immer wieder anprangert.
2023 stempelte ihn das Regime zum „ausländischen Agenten“ ab, 2024 folgten
zwei Ordnungsstrafen wegen „Diskreditierung der russischen Armee“, ein
Paragraf, der jegliche Kritik am Krieg unter Strafe stellt. Ein
Strafverfahren folgte, weil Schlosberg es unterließ, bei seinen
öffentlichen Auftritten den vom Gesetz geforderten Hinweis, er sei ein
„Agent“, zu setzen.
## „Mag es auch ein schmutziger Frieden sein“
Er ließ sich nicht verbiegen, auch wenn seine Meinung selbst seinen
Weggefährt*innen nicht passte. Als er in einem Interview mit Russlands
berüchtigter [3][Polit-Influencerin Xenia Sobtschak] sagte, die Ukraine sei
kein Opfer, da sie Widerstand leiste, denn wäre sie ein Opfer, gäbe es sie
nicht mehr, folgte ein Shitsorm aus Russlands liberalen Kreisen, vor allem
aus dem Exil.
Schlosberg, so schrieben einige, sei gebrochen worden, weil es gar nicht
anders funktioniere, wenn man im Land bleibe. Schlosberg vertrat stets die
Position, er wünsche dem eigenen Land nichts Böses und wolle so schnell wie
möglich, dass die Waffen schweigen. „Mag es auch ein schmutziger Frieden
sein“, sagte er immer wieder.
Diesen Satz wiederholte er in einer Onlinedebatte, die offenbar zu seiner
Festnahme führte. Mit dem im Exil lebenden russischen Historiker Juri
Piwowarow, auch er „ausländischer Agent“, traf er sich auf Youtube und
behauptete, die Ukraine könne diesen Krieg nicht gewinnen, weshalb es
schnell zu einer Waffenruhe komme müsse. Er wand sich bei der Frage nach
der Verantwortung für den Krieg und sagte, die Folgen eines
„unkontrollierten Zusammenbruchs der Sowjetunion“ hätten zum Krieg geführ…
Jemand postete die Debatte bei Russlands Facebook-Pendant „Odnoklassniki“.
Die Behörden erkannten in Schlosbergs Aussagen dennoch die „Diskreditierung
der russischen Armee“.Hausarrest gilt als eine Art Einladung an die
Nicht-Einverstandenen, das Land bald zu verlassen. Schlosberg dürfte diese
„Einladung“ nicht annehmen. Immer wieder sagte er, er sei Patriot und werde
in Russland bleiben.
11 Jun 2025
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## AUTOREN
Inna Hartwich
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Russland
Repression
Opposition
Russland
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Propaganda
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