| # taz.de -- Medienkritik: Was falsch läuft in Nachrichtenredaktionen | |
| > Tagesaktueller Journalismus ist herausfordernd, doch die Qualität nimmt | |
| > ab. Warum es wieder mehr um Recherche und weniger um Egos gehen sollte. | |
| Bild: Känguru oder Puma – wer weiß das schon? | |
| Krieg, Tod, Pandemien. Siehe da, [1][ein entlaufenes Känguru]. | |
| „Nachrichtenredaktion“ ist ein Arbeitsplatz, gelegentlich ein interessanter | |
| sogar. Ich habe da viel Zeit meines Berufslebens verbracht und das durchaus | |
| mit Herzblut. Anteil haben zu können an der öffentlichen Meinungsbildung, | |
| ist ja auch eine ganz erhebende Angelegenheit. Vierte Gewalt, gelebte | |
| Demokratie, Bundesverdienstkreuz der Herzen. Alles wissen, sortieren, | |
| mitteilen. | |
| Aber irgendwann fällt auf, dass dieser doch etwas arrogante Politik- und | |
| Welterklärungsmodus auch nur deshalb funktioniert, weil kaum jemand | |
| zurückblättert. Ich hatte privat für mich die Definition eines guten | |
| Journalismus mal so formuliert: „Wissen, was als Nächstes passiert.“ Die | |
| Idee dahinter erschließt sich vermutlich von selbst – genauso, warum ich | |
| das Motto bald einschränken musste: „Mit Glück ahnen, welche Fortgänge | |
| eventuell plausibel und möglicherweise wahrscheinlich sind.“ | |
| Aber selbst das schien zu hoch gegriffen für das hektische Tagesgeschäft. | |
| In dem gefangen, kann man selbst daran scheitern, bereits Geschehenes | |
| adäquat darzustellen. Auf so einer Nachrichtenwebsite zum Beispiel wird die | |
| Welt unter hohem Druck in kleine Häppchen geteilt, verschlagwortet und als | |
| reichlich schiefes Puzzle wieder ausgespuckt. | |
| Je nach Tagesform kriegt man das mutmaßlich Wichtigste einigermaßen | |
| gerichtsfest abgebildet. Von halbwegs stabilen Prognosen brauchen wir da | |
| gar nicht erst zu reden. Die daneben zum genormten journalistischen | |
| Programm gehörenden Meinungsbeiträge demonstrieren dann mehr Wunschdenken | |
| und Tribalismus denn analytisches Gespür. | |
| ## Eitelkeit statt Plausibilität | |
| Dementsprechend überzeugen Kommentare der Nachrichtenmedien in der Regel | |
| nur jenen Teil des Publikums, dessen bereits bestehende Meinung sie | |
| jeweils befestigen. Die mit vielen großen Worten geführte Debatte ist dann | |
| keine Übung im öffentlichen Denken, sondern eine Waffenschau. Mensch, ein | |
| unangenehm frischer Zug weht hier auf einmal durch mein schickes neues | |
| Glashaus. | |
| Klar, so ein bisschen draufhauen hat auch seinen Sinn und seine Zeit. Es | |
| interessiert mich nur nicht mehr so sonderlich. Vor allem dann nicht, wenn | |
| es von jenen Welterklärern stammt, die ihre Prognosen kaum nach | |
| Plausibilitäten, sondern mehr nach Eitelkeit und Opportunität ausrichten. | |
| Ich habe den Typus zur Genüge aus der Nähe erlebt: Menschen (nicht | |
| ausschließlich, aber mehrheitlich Männer), die ganz offensichtlich schon | |
| sich selbst und ihre unmittelbare Umgebung kaum verstehen, aber ganz genau | |
| wissen, wie’s so läuft mit den [hier random Nationalität einfügen: | |
| „Russen“, „Israelis“, „Iranern“ usw.]. Das wird alles so weggerotzt… | |
| fragt niemand mehr danach. Ahnungslosigkeit ist zwar keine notwendige | |
| Bedingung, aber eben auch kein Hinderungsgrund. | |
| Es ist [2][ein Puma dieses Jahr], oder? Hauptsache, weg aus Sachsen-Anhalt. | |
| Fragen Sie mal den dortigen Ministerpräsidenten. Ich glaube, ich weiß, was | |
| mit dem als Nächstes passiert. | |
| 23 Jun 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Daniél Kretschmar | |
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