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# taz.de -- Neuigkeiten aus dem Zoo: Nachrichten für Politikverdrossene
> In Tigerfell gewickelte Ferkel gegen die Depression einer Raubkatze nach
> ihrer Fehlgeburt. Wer informiert bleiben will, schaut nach bei Instagram.
Bild: Instagram informiert: Tigermutti hat Depressionen, aber ihr kann geholfen…
Von ernsthaften Bürgerprotesten im Iran wisse er nichts, sagt der eine
Freund. „Ach, in den USA ist doch alles nicht so schlimm“, sagt der andere,
„einfach hinfahren“. In solchen Momenten stelle ich fest, dass es noch
schlechter informierte Menschen gibt als mich. Und wem habe ich meinen
Wissensvorsprung zu verdanken? Durchaus auch den sozialen Medien und den
dort verlinkten Artikeln.
Die Auswahl ist natürlich blasenaffin, allenfalls ein paar altersrechte
[1][Russlandfreunde] laufen noch als Feigenblättchen einer schlecht
gefakten Meinungsvielfalt mit. So hätte ich ohne [2][Instagram] zum
Beispiel niemals mitbekommen, dass eine Tigermutti im Zoo eine Fehlgeburt
hatte. Welcher [3][Zoo], sagen sie allerdings nicht, also kann ich es hier
leider auch nicht wiedergeben, obwohl man ja gerade in einer Zeitung gern
vollständig informieren möchte.
Egal, Mut zur Lücke, jedenfalls hat die Tigermutti von dem Unglück solche
Depressionen bekommen, dass sie vermutlich gar keinen Bock mehr auf
normalen Tigerkram hat, wie zu brummen, hospitalistisch hin- und
herzuschlendern und in den Wassergraben vom Gehege gesprungene Verrückte
anzuknabbern. Nein, sie lag stattdessen nur noch traurig rum. Daraufhin hat
man ihr fünf in Tigerfell gewickelte Schweinchen angereicht und auf den
Leib gelegt.
Und – na, wer errät es, ist nicht so schwer, weil in jeder dieser
Geschichten das gleiche … –, was soll man sagen: Anstatt, dass sie sich ein
Schweinchen sofort reinpfeift, das zweite in den Kühlschrank schiebt und
die anderen drei in der Gefriertruhe aufbewahrt, akzeptiert sie die Ferkel
nun als ihre Kinder. Die finden das natürlich extrem cool: eine echte
Tigermutti. Was da die anderen in der Schweinchenschule sagen: Boah, krass,
ey, ist das nicht gefährlich?
Und sie dann, die fünf Tigerschweinchen schieben sich erst mal die
Sonnenbrillen auf die Stirn hoch, bevor sie antworten: Nee, gar nicht, wir
haben das voll im Griff, und ist auch superflauschig und so. Dass es auch
ein bisschen mieft, sagen sie nicht, weil sie lieber gnadenlos an der
Neidspirale drehen. Garniert ist das Bild der Tigermutti, auf der wie
gestreifte Rouladen die übrigens schon recht großen Schweinchen liegen, mit
Protesten gegen Polizeigewalt in Kalifornien. So sieht mein Medienalltag
aus: Zuckerbrot und Peitsche.
5 Jul 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Uli Hannemann
## TAGS
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