# taz.de -- Oppositionssender aus dem Exil: Julia Nawalnaja will kämpfen | |
> Vor einem Jahr ist Alexei Nawalny in Haft gestorben. Seine Witwe Julia | |
> lanciert nun von Frankreich aus einen TV-Sender: „Die Zukunft Russlands“. | |
Bild: Julia Nawalnaja stellt in Paris ihr Fernseh-Projekt „ Future of Russia�… | |
Moskau taz | An diesem Mittwoch wäre Alexei Nawalny 49 Jahre alt geworden. | |
Die Anhänger*innen des [1][vor einem Jahr in einer russischen | |
Strafkolonie hinterm Polarkreis zu Tode gequälten] Oppositionspolitikers | |
werden Blumen an sein Grab bringen, auf einem Moskauer Hügel, im Stadtteil, | |
wo Nawalny mit seiner Frau Julia und den beiden Kindern Darja und Sachar | |
einst gelebt hatte. | |
Die drei waren noch nie hier auf dem Friedhof, wo gleich am Eingang stets | |
ein paar Briefe liegen und immer frische Rosen, Nelken, Astern – für das | |
Idol so vieler Russ*innen. Julia Nawalnaja gilt in Russland als | |
„Extremistin“ und „Terroristin“. Würde sie die russische Grenze | |
überschreiten, wäre ihr Leben in Freiheit sofort vorbei. Den Weg ihres | |
Mannes will die 48-Jährige nicht gehen: Alexei Nawalny war im Januar 2021, | |
nach seiner Behandlung in Deutschland wegen einer Vergiftung mit dem | |
Nervenkampfstoff Nowitschok, nach Moskau zurückgekehrt und bei der | |
Passkontrolle festgenommen worden. Er verschwand für immer in Russlands | |
Gerichten und Strafkolonien. | |
Julia will kämpfen – für Russ*innen, die die Hoffnung für ein „wunderbar… | |
Russland der Zukunft“, wie Nawalny es predigte, fast verloren haben. Es ist | |
auch ein Kampf gegen die Hilflosigkeit, um mit der Wut gegen das | |
Putin-Regime umgehen zu können. | |
Nawalnaja will an diesem Mittwoch einen TV-Sender lancieren. „Die Zukunft | |
Russlands“, soll er heißen und über Satellit Nachrichten und Reportagen | |
senden, die es im russischen Staatsfernsehen nicht zu sehen gibt. Zusammen | |
mit der in Paris ansässigen Nichtregierungsorganisation Reporter ohne | |
Grenzen will sie auf diese Weise, so heißt es in einer Pressemitteilung | |
dazu, die Meinungsfreiheit in Russland stärken. | |
## Reichweite: Rund 5 Millionen Haushalte | |
Durch das Satellitenpaket „Swoboda“ (Freiheit), über das bereits neun | |
Sender – wie Belarus Tomorrow, Deutsche Welle Russland oder TV8 Moldau – | |
laufen, sollen 4,5 Millionen Haushalte in Russland und 800.000 Haushalte in | |
den von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine erreicht werden. Es ist | |
ein hehres Unterfangen, schon allein deshalb, weil es für russische | |
Behörden ein einfaches ist, solche Programme zu sperren. | |
[2][Nawalnys Anti-Korruptionsstiftung] – in Russland verboten – produziert | |
im Ausland bereits etliche Sendungen, die auf YouTube laufen. Auch andere | |
russische Politiker*innen – wie der beim spektakulären | |
Gefangenenaustausch im August vor einem Jahr freigekomme Ilja Jaschin – | |
sowie russische Journalist*innen im Exil, Aktivist*innen, | |
Historiker*innen, Komiker*innen und Pädagog*innen senden über | |
YouTube. Ohne ein VPN funktioniert das in Russland selten. | |
Regimekritiker*innen im Land informieren sich über diese Kanäle. | |
Konformist*innen oder Kriegsbefürworter*innen interessieren die | |
Sendungen nur insoweit, als dass sie über selbige Hetze verbreiten. Auch | |
zum neu lancierten Kanal Nawalnajas schreiben manche User*innen in | |
sozialen Netzwerken: „Diese Verräterin will uns aus dem Feindesland | |
erklären, wie wir zu leben haben? Soll sie doch verschwinden“. | |
Das aber macht Nawalnaja nicht. Es war die Vergiftung ihres Mannes, die die | |
in Moskau geborene Julia Abrossimowa, ins Rampenlicht rückte. Die studierte | |
Ökonomin kämpfte in Sonnenbrille und Lederjacke wie eine Löwin für sein | |
Überleben. „Unsere Tränen werden diese Schweinehunde niemals sehen“, hatte | |
sie sich vor Jahren bereits gesagt, und sie bleibt standfest. | |
Die stille Nawalnaja, die sich stets für Nawalnys Auftreten in der | |
Öffentlichkeit zuständig fühlte, war nun selbst laut geworden. Manchen | |
russischen Liberalen ist sie allerdings nicht laut genug – weil sie den | |
Krieg in der Ukraine zwar verurteilt, aber Waffenlieferungen an Kyjiw nicht | |
unterstützt. | |
4 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Inna Hartwich | |
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