# taz.de -- US-Notenbankchef bleibt stur: „Herr zu spät“ trotzt Trump | |
> US-Präsident Trump hält niedrige Zinsen für „Raketentreibstoff“ für d… | |
> Wirtschaft. Doch Fed-Boss Powell bleibt hart – und wird dafür von ihm | |
> abermals beschimpft. | |
Bild: Jerome Powell: Von Donald Trump nicht abzusetzen | |
Berlin taz | Die Liste der Schimpfwörter des US-Präsidenten für Jerome | |
Powell ist lang: „Hohlkopf“, „Herr zu spät“, „Narr“ – noch am Mi… | |
nannte Donald Trump den Chef der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) einen | |
„dummen Menschen“. [1][Doch einmal mehr ließ Powell die Kritik an sich | |
abtropfen.] Unbeeindruckt von den Beschimpfungen beließ die Fed etwas | |
später den Leitzins da, wo er seit Dezember verharrt, in einer Spanne von | |
relativ hohen 4,25 bis 4,50 Prozent. | |
Das fuchst Trump. Schon oft drohte er dem „großen Verlierer“ Powell mit | |
Rauswurf– obwohl der Präsident den Fed-Chairman wegen der Unabhängigkeit | |
der ehrwürdigen US-Zentralbank gar nicht entlassen kann. Trump hält die | |
Zinspolitik der Fed für einen Riesenfehler: Die Leitzinsen sollten um einen | |
vollen Prozentpunkt gesenkt werden – das wäre wie „Raketentreibstoff“ f�… | |
die Wirtschaft. Denn: Niedrige Zinsen fördern tendenziell das Wachstum, | |
weil sich Firmen oder Häuslebauer dann für Investitionen nicht so stark | |
verschulden müssen. | |
Die Fed sieht das – wie viele andere Notenbanken und Expert*innen | |
weltweit – anders. [2][Sie geht davon aus, dass die Zollpolitik des | |
Präsidenten die Preise anziehen und das Wachstum abschwächen lässt.] | |
„Jeder, den ich kenne, prognostiziert einen bedeutenden Anstieg der | |
Inflation in den kommenden Monaten aufgrund der Zölle, weil irgendjemand | |
die Zölle ja zahlen muss“, warnte Powell. Immerhin kündigte er aber 2025 | |
Senkungen um insgesamt einen halben Prozentpunkt an. | |
Trump überzieht die gesamte Weltwirtschaft seit Amtsantritt mit Zöllen, die | |
er nutzt, um Staaten zu erpressen, politisch wie ökonomisch. Gegenüber der | |
EU will er beispielsweise das Handelsbilanzdefizit senken, aber auch mehr | |
Flüssiggas verkaufen. Derzeit gibt es bereits doppelte Stahl- und | |
Aluminiumzölle, einen erhöhten Basiszoll und eine Frist, bis zu der ein | |
Handelsabkommen zwischen der EU und den USA stehen muss, weil sonst die | |
Importabgaben steigen. [3][Der Zoll-Hick-Hack verunsichert], Firmen | |
weltweit halten Investitionen zurück. [4][Ökonom*innen haben bereits die | |
Wirtschaftsprognosen für die USA – und beinahe die gesamte Welt – nach | |
unten korrigiert.] Fast noch schlimmer ist, dass nicht klar ist, wo die | |
Zölle landen werden. Solange überlegen viele, ob sie gerade Geld ausgeben | |
sollen: Gift fürs Wachstum. | |
## Geldwert und Jobs – beides sieht Powell gefährdet | |
Die Fed hat anders als die Europäische Zentralbank nicht nur den Erhalt der | |
Geldwertstabilität als Aufgabe in ihren Statuten, sondern auch das Ziel | |
der Vollbeschäftigung. Der Leitzins ist dafür das wichtigste | |
Steuerungsinstrument. Er bestimmt, zu welchem Satz sich Geschäftsbanken | |
bei der Zentralbank Geld leihen können. Die Institute geben die Zinsen an | |
ihre Kund*innen weiter – und beeinflussen so viele Kaufentscheidungen, ob | |
für Maschinen, Häuser oder Autos. | |
Geldwert und Jobs – beides sieht Powell durch Trumps Politik gefährdet. | |
„Erhöhte Zölle werden wahrscheinlich Preise nach oben treiben und die | |
wirtschaftliche Entwicklung belasten“, sagte der Notenbankchef. Im Mai lag | |
die Inflationsrate bei 2,4 Prozent, etwas über dem Fed-Ziel von 2 Prozent. | |
Aber: „Wir erwarten in den kommenden Monaten einen spürbaren Anstieg und | |
müssen das in unsere Überlegungen einbeziehen“, stellte Powell klar. | |
Verbraucher*innen würden die Zölle schon bald zu spüren bekommen, vor | |
allem bei aus Asien importieren Elektronikprodukten. | |
Mitte Mai hatten die USA Zölle auf chinesische Importe auf 30 Prozent | |
gesenkt, zuvor hatten sie für viele Produkte sogar bei 145 Prozent gelegen. | |
„Viele Unternehmen erwarten, einen Teil oder sogar alle Kostenfolgen an die | |
nächste Stelle in der Lieferkette – und letztlich an die Verbraucher – | |
weiterzugeben“, sagte Powell. Zusätzlicher Inflationsdruck könnte auch von | |
den Ölpreisen kommen, die nach der [5][Eskalation im Nahen Osten] deutlich | |
angezogen sind. Inflationsdruck erwartet auch Commerzbank-Ökonom Bernd | |
Weidenstener: „Im zweiten Halbjahr dürften die deutlich höheren Zölle | |
voraussichtlich mehr und mehr auf die Preise durchschlagen“. | |
Powells Amtszeit läuft kommendes Jahr aus. Expert*innen befürchten, dass | |
sich Trump einen Abnicker als neuen Fed-Chef suchen könnte. Und fühlen sich | |
an eine unrühmliche Ära der US-Notenbank erinnert. In den 70ern buckelte | |
Fed-Chairman Arthur Burns vor Präsident Richard Nixon – das endete | |
schließlich in der sogenannten Großen Inflation in den USA, die sich | |
teilweise bis in die 80er Jahre fortsetzte. | |
19 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Kai Schöneberg | |
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