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# taz.de -- Serie „Solange wir lügen“: Reich, schön, flach
> Amazon verfilmt den Jugendroman-Hit „Solange wir lügen“. Fans dürften
> sich freuen, doch die gezeigte Welt der Reichen ist voller Klischees.
Bild: Feiern auf der Privatinsel des Großvaters: Emily Alyn Lind, Esther McGre…
Die Verfilmung eines viralen Buch-Hits ist fast schon ein sicherer
[1][Streamingerfolg]. Besonders die [2][Booktok]-Lieblinge der Jugend
scheinen selbst bei bestenfalls mediokrer Verfilmung als Serie kaum
enttäuschen zu können, wie „Maxton Hall“ zuletzt bewiesen hat. Als
Buchreihe der deutschen Autorin Mona Kasten [3][ein Kassenschlager], setzte
Amazon Prime mit der Verfilmung der Eliteinternatgeschichte aufs richtige
Pferd und landete den erfolgreichsten nichtamerikanischen Serienstart von
Amazon Prime aller Zeiten.
Nun verfilmt der Streaminganbieter den Jugendbucherfolg „Solange wir lügen“
von E. Lockhart. Der Roman ist, ebenso wie „Maxton Hall“, dem Genre „Young
Adult“ zuzuordnen, richtet sich also an Leser*innen in den Jugendjahren
und spielt ebenfalls in der für die „Young Adult“-Szene so typischen Sphä…
des „alten Geldes“.
Das ist nicht uninteressant: Junge Leserinnen (Frauen sind zentrale
Zielgruppe von „Young Adult“) sind fasziniert von alteingesessenen Familien
mit fragwürdigen Patriarchen und endlosem Geld. Der Nachwuchs dieser
Familien rückt typischerweise ins Zentrum des Geschehens, die
Liebesgeschichte, ein weiteres Merkmal des Genres, bezieht sich häufig auf
ein Gegenüber, das integer und aufrecht, aber arm und titellos ist – kennt
man irgendwoher, oder?
Sogar eine eigene Ästhetik hat sich in der Zielgruppe des Genres etabliert:
Der sogenannte Old-Money-Stil spielt auch visuell in „Solange wir lügen“
eine Rolle. Die drei Sinclair-Erben verbringen ihre Sommer auf der
Privatinsel des Großvaters. Charakterisiert wird die reiche Jugend durch
eine so makellose Haut, wie sie nur Generationen der sorglosen Nichtarbeit
hervorbringen können, durch ihre Tennisröckchen und ihre Polohemden.
## Der unerträglich devote Blick
Die Hauptfigur Cadence (Emily Alyn Lind) verliebt sich in Gat (Shubham
Maheshwari), der weniger teures Blut in sich trägt und daher von der
Familie als ihr Partner abgelehnt wird. Die Serie wird im Rückblick
erzählt, Cadence erleidet einen Gedächtnisverlust und kann sich an eine
Familienkatastrophe nicht mehr erinnern, woraufhin sie versucht, zu
rekonstruieren, was in dieser einen Sommernacht geschah.
Dass die Buchvorlage von E. Lockhart, eigentlich Emily Jenkins und
promovierte Literaturwissenschaftlerin, wenigstens in Ansätzen versucht,
Trauma und Verlust aufzufangen, ist im „Young Adult“-Genre nicht
selbstverständlich und durchaus erwähnenswert.
Die Umsetzung in der Serie ist gleichermaßen enttäuschend wie erwartbar:
äußerst wenig Plot in äußerst vielen Minuten. Teilweise ist die Besetzung
gut gewählt, Meryl Streeps Tochter Mamie Gummer glänzt als reiche
Mutterfigur, Esther Rose McGregor als sensible junge Sinclair. Linds
devoter Blick ist für die Zuschauerschaft leider schnell nicht mehr zu
ertragen, die Liebesgeschichte zwischen Cadence und Gat wirkt unrealistisch
und konservativ.
## Authentische Liebesgeschichten und Identifikation
Nachvollziehbare Romantik und überzeugendes Begehren scheitern an Besetzung
und Regie. Dass auch „Young Adult“-Verfilmungen berührende, authentische
Liebesgeschichten voller Identifikationspotenzial sein können, zeigt die
Jugendserie „Der Sommer, als ich schön wurde“ (ab 16. Juli auf Amazon
Prime).
In „Solange wir lügen“ bleibt die Romanze so unglaubwürdig wie die Einsic…
der Hauptfiguren, dass millionenschwere Familienoberhäupter sich nicht
immer politisch korrekt verhalten. Natürlich wollen Jugendliche davon
lesen, was sie nicht täglich erleben.
Beim Ansehen von „Solange wir lügen“ kommt unwillkürlich die Frage auf, w…
viel Sehnsucht überbordendem Reichtum wirklich entgegengebracht werden
sollte – und ob es nicht sinnvollere und originellere
Identifikationsflächen für Jugendliche geben könnte.
19 Jun 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Marie-Sofia Trautmann
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