# taz.de -- Altmunition in der Ostsee: Fachleute treffen sich in Kiel | |
> Auf der „Kiel Munition Clearance Week“ geht es um rostende Altmunition in | |
> der Ostsee. Geplant ist deren Zerlegung auf schwimmenden Plattformen. | |
Bild: Schon ein paar Jahre her und immer noch aktuell: Ein Taucher der Uni Kiel… | |
Kiel taz | Rund 300.000 Tonnen Altmunition liegen auf dem sandigen Grund | |
der Ostsee – allein in deutschen Hoheitsgewässern. Im gesamten Binnenmeer | |
sollen es mehr als eine Million verrosteter Tonnen Bomben, Minen und | |
Patronen sein. Aus den Altlasten der Weltkriege treten Schadstoffe aus, und | |
das Problem wächst. Um eine Lösung zu finden, treffen sich nun | |
internationale Fachleute für Munition und Umweltschutz aus Politik und | |
Industrie zur zweiten Kiel Munition Clearance Week. | |
Während bei der ersten Veranstaltung 2021 im Mittelpunkt stand, | |
Öffentlichkeit für das Thema herzustellen, soll es nun um konkrete Projekte | |
gehen. Denn die Zeit drängt: Rund 3.000 Kilogramm gelöste giftige | |
Chemikalien sind bereits freigesetzt worden, zeigt eine aktuelle Studie des | |
„Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel“. Die Forschenden fanden | |
TNT und andere Munitionschemikalien in fast jeder Wasserprobe. „Die | |
Konzentrationen lagen meist weit [1][unterhalb der toxikologisch | |
bedenklichen Schwellenwerte]“, teilt Aaron Beck vom Geomar mit. Doch in | |
einigen Fällen näherten sich die Werte kritischen Konzentrationen. | |
In der Ostsee – klein, flach, mit nur wenigen Zu- und Abflüssen – zeigt | |
sich das Problem besonders deutlich. Aber Altmunition findet sich in vielen | |
Meeren, und aktuelle Kriege verschärfen die Lage täglich. So sollen die | |
Erfahrungen aus der Ostsee eine „einzigartige Blaupause für die Bekämpfung | |
von Munition in Meeresumwelt“ bilden, heißt es in der Ankündigung für die | |
Kieler Konferenz. | |
Schleswig-Holstein wolle dabei eine Vorreiterrolle einnehmen, verspricht | |
Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne): „Wir laden alle Akteure ein, | |
sich gemeinsam mit uns den Herausforderungen der Altmunition zu stellen.“ | |
Das Land veranstaltet die Woche gemeinsam mit der Kieler Firma Northio. Das | |
Unternehmen ist auf Geodaten spezialisiert, die für die Bergung von | |
Munition gebraucht werden. Denn ein Problem im Umgang mit den explosiven | |
Schadstoffen besteht darin, ihre genaue Lage auf dem Meeresgrund zu | |
orten. | |
In den vergangenen Jahren gab es in der Ostsee mehrere Projekte und | |
Forschungsreihen, bei denen es einerseits um die Ortung, andererseits um | |
die Bergung von Munition ging. Den „Wendepunkt von Forschung zur Umsetzung“ | |
rief im Juni 2024 Jens Greinert aus, Geomar-Experte für | |
Munitions-Altlasten. Damals starteten nach jahrelangen Vorarbeiten [2][die | |
ersten Fahrten, bei denen Waffenschrott vom Grund geholt und entsorgt | |
wurde.] | |
Bei der Kieler Konferenz stellen die Beteiligten den Stand dieses | |
Pilotprojekts vor. Die Erfahrungen sollen dann „in breitere internationale | |
Initiativen umgesetzt werden“, heißt es in der Ankündigung. Auf der Tagung | |
beraten die Fachleute außerdem, wie sich die Munitionsräumung mit der | |
„Industrialisierung der Ozeane“ und dem Aufbau von Off-Shore-Windparks | |
verträgt. | |
Bisher wird die Altmunition an Land entsorgt. Geplant ist aber eine | |
Plattform, auf der Roboter die Bomben direkt über den Bergungsstellen | |
zerlegen – das spart teure und gefährliche Transporte. Für die Entwicklung | |
dieser Plattform hatte die Ampel-Regierung 100 Millionen Euro zur Verfügung | |
gestellt. Dieses Programm solle langfristig fortgesetzt werden, versprach | |
Bundesumweltminister Carsten Schnieder (SPD) auf der [3][UN-Ozeankonferenz | |
in Nizza.] | |
„Ein starkes Zeichen“, lobt die schleswig-holsteinische | |
SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn ihren Parteifreund. Damit gehe | |
die Bundesregierung voran, während die schwarz-grüne Koalition in Kiel | |
bisher nur für „vollmundige Infoveranstaltungen“ sorge. | |
18 Jun 2025 | |
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## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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