# taz.de -- EU stärkt Langlebigkeit von Geräten: Es muss nicht mehr immer ein… | |
> Ab 20. Juni sollen Smartphones und Tablets länger Updates bekommen und | |
> einfacher zu reparieren sein. Das sind gute Nachrichten. Doch es gibt | |
> Haken. | |
Bild: Alte Komponenten raus, neue rein? Das soll künftig besser gehen | |
Berlin taz | Smartphones und Tablets sollen ab dem 20. Juni länger halten | |
und leichter repariert werden können. Die entsprechenden Regeln einer | |
[1][EU-Verordnung] werden am Donnerstag wirksam. Hersteller müssen demnach | |
für Geräte, die ab dann auf den Markt kommen, unter anderem Ersatzteile | |
bereithalten und an Händler und Kund:innen verschicken sowie die Geräte | |
über mindestens fünf Jahre mit Updates versorgen. „Es ist großartig, dass | |
es jetzt endlich so weit ist“, sagt Dörte Heimann vom Runden Tisch | |
Reparatur. | |
Bislang gelten Smartphones und Tablets für viele Menschen fast als | |
Verbrauchsmaterial: Knapp die Hälfte der Nutzer:innen gab im vergangenen | |
Jahr bei einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom an, dass das eigene Gerät | |
jünger ist als ein Jahr. Drei Jahre dürfen damit als fast schon biblisches | |
Alter für Smartphones gelten. | |
Doch wer willens ist, das eigene Smartphone oder Tablet lange zu nutzen, | |
[2][dem machen es die Hersteller schwer]. Denn bislang kaufen Kund:innen | |
beim Smartphone häufig eine [3][Blackbox]: Wie lange wird es Updates geben? | |
Gibt es Ersatzteile und wenn ja welche und wie lange? Wie einfach oder | |
schwierig ist es, gängige Teile wie Akku oder Display zu tauschen? | |
Haltbarkeit und Nachhaltigkeit sind Punkte, mit denen nur wenige Hersteller | |
offensiv werben. Gerade bei Geräten mit dem Google-Betriebssytem Android, | |
bei dem jeder Hersteller bislang selbst über seine Update-Policy | |
entscheidet, gibt es große Unterschiede – und längst nicht immer | |
verbindliche Angaben der Hersteller. Dabei entstehen ohne Updates schnell | |
kritische Sicherheitslücken. Dennoch sind viele Geräte im Einsatz, bei | |
denen diese Lücken nicht mehr gestopft werden. Aus Umweltsicht ist das zwar | |
gut – für die eigene Datensicherheit aber nicht. | |
## Die neuen Vorgaben | |
Damit Smartphones und Tablets leichter reparierbar werden und länger | |
halten, gelten nun also für Geräte, die ab dem 20. Juni auf den Markt | |
kommen, neue Vorgaben: Die fünf Jahre, die Hersteller Updates liefern | |
müssen, werden ab dem Tag berechnet, an dem das Produkt wieder vom Markt | |
genommen wurde. Darüber hinaus haben Verbraucher:innen und Werkstätten | |
Anspruch auf eine Reihe von Ersatzteilen. | |
Die Pflicht zur Ersatzteillieferung gilt sieben Jahre, nachdem das Modell | |
auf den Markt gekommen ist. Akkus und Displays sollen so verbaut sein, dass | |
auch Menschen ohne Technikkenntnisse sie wechseln können. Erfüllt das Gerät | |
nicht bestimmte Standards für Wasser- und Staubdichtheit, muss es einen | |
wechselbaren Akku haben, wie das früher bei Handys der Fall war. | |
Vorgeschrieben ist außerdem, dass der Akku nach 800 Ladezyklen noch | |
mindestens eine Kapazität von 80 Prozent erreicht. | |
Darüber hinaus werden Kund:innen in Läden und Onlineshops künftig eine | |
weitere Neuerung sehen, die die EU zusammen mit der neuen | |
Ökodesign-Richtlinie einführt: einen Reparaturindex. Der soll zeigen, wie | |
langlebig und reparierbar ein Gerät ist. Bisher gibt es so einen Index auf | |
nationaler Ebene, etwa in Frankreich, in Deutschland jedoch fehlt eine | |
entsprechende Kennzeichnung. Diese Lücke soll der neue EU-weite Index | |
schließen. | |
Optisch sieht er aus wie ein etwas erweitertes Energielabel, das | |
Verbraucher:innen schon von zahlreichen anderen Elektrogeräten wie | |
Waschmaschinen oder Lampen kennen. Doch er enthält auch fünf neue | |
Kategorien. Die Batterielaufzeit soll angeben, wie lange das Gerät mit | |
einer Ladung läuft. Von A bis E zeigt die Zuverlässigkeitsklasse an, wie | |
gut das Gerät einen Sturz übersteht. Ebenfalls von A bis E wird die | |
Reparierbarkeit benotet. Dazu kommt die Angabe, wie gut das Gerät gegen | |
Partikel und Feuchtigkeit abgedichtet ist und nach wie vielen Ladezyklen | |
der Akku nur noch 80 Prozent seiner Kapazität hat. | |
Die Refurbishing-Branche, die gebrauchte Geräte wieder aufbereitet und | |
verkauft, verspricht sich von den neuen Regeln positive Effekte. Denn die | |
Neuerungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem es aus technischer Sicht kaum | |
Vorteile hat, sich ständig ein neues Smartphone zu kaufen. Kamera, | |
Prozessor, Akku, Speicher, Bildschirm – all das wird längst nicht mehr so | |
schnell besser und leistungsfähiger wie noch vor 15 Jahren. | |
## Profitieren könnte auch der Gebrauchtmarkt | |
„Die neuen EU-Regeln zum Recht auf Reparatur können den Markt für | |
gebrauchte Elektronik deutlich stärken – wenn sie konsequent umgesetzt | |
werden“, sagt Tim Seewöster, Co-Geschäftsführer der Firma asgoodasnew. | |
Derzeit mangele es bei vielen Geräten nicht nur an Reparierbarkeit – | |
sondern auch am Zugang zu Ersatzteilen. Zudem hofft Seewöster auf eine | |
Veränderung der Konsumgewohnheiten: „Wenn Geräte länger halten und | |
einfacher repariert werden können, steigt die Bereitschaft, auf | |
Refurbished-Modelle umzusteigen.“ | |
Philipp Gattner, Geschäftsführer von rebuy, begrüßt die Neuerungen | |
ebenfalls. Er sagt: „Heute müssen wir circa fünf Prozent der Geräte, die | |
eingeschickt werden, zurücksenden, da wir sie nicht reparieren können, | |
beziehungsweise eine Reparatur zu aufwendig wäre.“ Dabei wären die Schäden | |
häufig einfach zu beheben – wenn die Hersteller auf eine | |
reparaturfreundlichere Bauweise setzen würden. | |
Auch Expertin Heimann vom Runden Tisch Reparatur ist froh über die neuen | |
Regeln – sie erkennt aber auch Defizite. Denn bei der Preisgestaltung für | |
die Ersatzteile sind die Hersteller frei, zumindest weitgehend. In der | |
EU-Verordnung ist lediglich festgeschrieben, dass die Preise für | |
Ersatzteile „angemessen“ sein müssen. „Wenn eine Firma den Akku aber zu | |
einem absurd hohen Preis anbietet, steht das einer Reparatur im Weg“, | |
kritisiert Heimann. Nicht einmal im Reparierbarkeits-Index sei der Preis | |
von Ersatzteilen berücksichtigt. Das sei bei dem französischen Index besser | |
gelöst. „Wahrscheinlich wird man klagen müssen, um herauszufinden, was ein | |
angemessener Preis ist“, sagt Heimann. | |
Zudem gelten die neuen Pflichten nur für Geräte, die nun neu auf den Markt | |
kommen. Wer sich also derzeit über ausbleibende Updates Sorgen macht oder | |
gerne einen Ersatz für den in die Jahre gekommenen Akku eines alten Geräts | |
hätte, profitiert noch nicht. | |
16 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A32023R1670 | |
[2] /Studie-zu-nachhaltigen-Elektrogeraeten/!5731503 | |
[3] /Softwareupdate-Pflicht-fuer-Smartphones/!5917845 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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