# taz.de -- Krieg in Sudan: Kampf ums Dreiländereck | |
> Im sudanesischen Grenzgebiet zu Libyen hat die RSF-Miliz nun die | |
> Kontrolle übernommen. Mit dem libyschen Warlord Khalifa Haftar paktiert | |
> sie bereits. | |
Bild: Khalifa Haftar, Freund des sudanesischen Regimes | |
Tunis taz | Nach tagelangen Kämpfen haben sich die Sudanesischen | |
Streitkräfte (SAF) aus dem Dreiländereck mit Libyen und Ägypten | |
zurückgezogen. Zuvor hatten Kommandeure ihrer Kontrahenten im | |
[1][sudanesischen Bürgerkrieg], die Rapid Support Forces (RSF), die | |
Einnahme der Region vermeldet. Videos in sozialen Medien zeigten | |
RSF-Milizionäre in einer Militärbaracke der sudanesischen Armee. Noch sind | |
weder die Anzahl der Opfer der Kämpfe noch das genaue Ausmaß des Rückzuges | |
der SAF bekannt. Dennoch bezeichnen Beobachter die Übernahme des | |
Länderdreiecks durch die RSF als entscheidend für den weiteren Verlauf des | |
Kriegs in Sudan. | |
Und hier kommt Libyen ins Spiel: Der sudanesischen Armee ist zwar mit | |
[2][Einnahme der Hauptstadt Karthum im Mai] ein Überraschungserfolg | |
gelungen, doch ihr Kriegsgegner RSF kontrolliert weiterhin den größten Teil | |
der westlichen Profinz Darfur und die dort liegenden lukrativen Goldminen. | |
Das geschürfte Gold wird in das weiter nordwestlich angrenzende Libyen | |
gefahren. Über dieselben Routen, aber in entgegengesetzte Richtung, lässt | |
sich RSF-Anführer Mohamed Hamdan Dagalo, genannt „Hametti“, mit Waffen | |
beliefern. | |
Die auf libyscher Seite das Gebiet kontrollierende Libysche Nationalarmee | |
(LNA) von Feldmarschall Khalifa Haftar gilt als Verbündeter Hamettis. | |
[3][Libyen wird derzeit von zwei Fraktionen kontrolliert:] Haftar im Osten, | |
die Regierung von Übergangspremier Abdul Hamid Dbaiba im Westen. Laut | |
Augenzeugenberichten sind Haftar und seine LNA entweder in den Waffen- und | |
Goldschmuggel nach und aus Sudan involviert oder lassen diesen zu. | |
Die eigentlich menschenleere Grenzgegend südlich der libyschen Oasenstadt | |
Kufra gilt als eine der heißesten und trockensten Gebiete der Welt. Doch | |
seit dem Sturz von Ex-Diktator Muammar al-Gaddafi vor 14 Jahren entstanden | |
dort zahlreiche Goldgräbersiedlungen, in denen viele aus Zentral- und | |
Westafrika kommende Migrant:innen als Tagelöhner oder regelrechte | |
Arbeitssklaven schuften. Islamisten besorgten sich außerdem in dem von | |
Haftar kontrollierten Ostlibyen Waffen und schufen den „Jihadi-Highway“ für | |
islamistisch gesinnte Kämpfer in die Zentralafrikanische Republik oder nach | |
Mali. | |
## Militärtransporter aus den Emiraten landen in Ostlibyen | |
Mit der Kontrolle des Dreiländerecks würde sich die Allianz aus Haftar und | |
RSF-Führer Hametti einen Nachschubweg in den Westen Sudans sichern – der | |
nach den Vorstellung Hamettis auch nach Kriegsende von seinen Milizionären | |
kontrolliert werden soll. Die internationalen Verbündeten der beiden – | |
Ägypten, Russland, die Vereinigten Arabischen Emirate – haben durch ihre | |
Allianz mit den beiden Kriegsherren Zugang zu dem Gold aus dem Grenzgebiet. | |
Und zu den größten Ölvorräten Afrikas in Libyens „Ölhalbmond“ südwest… | |
der in Ostlibyen gelegenen Stadt Benghazi. | |
Doch auch die Allianzen sind kompliziert: Haftar wurde in seinem 2014 | |
begonnenen Kampf gegen dschihadistische Gruppen in der Region direkt von | |
der ägyptischen Armee unterstützt und gilt bis heute als Verbündeter des | |
ägyptischen Präsidenten Abd al-Fattah al-Sisi. Doch militärisch setzt | |
Haftar auch auf eine enge Kooperation mit den Vereinigten Arabischen | |
Emiraten und Moskau. Das führt zu Spannungen mit dem östlichen Nachbarn, | |
denn Kairo ist mit der sudanesischen Armee verbündet, Moskau und [4][Abu | |
Dhabi mit der RSF.] Lokale Journalisten bestätigten der taz am Telefon, | |
dass immer wieder große Militärtransporter mit emiratischer Kennung im | |
ostlibyschen Kufra landen. Mindestens sechs sollen es letzte Woche gewesen | |
sein. | |
Auch in Europa ist man an einer Kooperation mit dem ehemals „Warlord“ | |
genannten Libyer Khalifa Haftar interessiert: Am Montag landete dessen Sohn | |
Saddam zu Konsultationen mit der italienischen Regierung in Rom. In den | |
Gesprächen mit Vizepremier Antonio Fawasel wird es wohl hauptsächlich um | |
einen Stopp der Migration gehen – und damit auch wieder um das umkämpfte | |
Dreiländereck. Die LNA hatte vor einem Monat die dortige Grenze zum Sudan | |
offiziell geschlossen. Seitdem schaffen es nur noch wenige | |
Kriegsflüchtlinge nach Libyen und damit an die Küste, von der die Boote | |
nach Europa ablegen. Augenzeugen beschreiben die Lage der südlich des | |
Grenzgebiets Wartenden als desolat, es fehlt an Wasser und Nahrungsmitteln. | |
12 Jun 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Flucht-aus-Sudan/!5938888 | |
[2] /Ende-des-Krieges-um-Khartum/!6076021 | |
[3] /Kampf-zwischen-Milizen-in-Tripolis/!6084856 | |
[4] https://www.spiegel.de/ausland/sudan-wirft-vereinigten-arabischen-emiraten-… | |
## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Krieg in Sudan | |
Sudan | |
Milizen in Libyen | |
Libyen | |
Chalifa Haftar | |
RSF | |
Schwerpunkt Krieg in Sudan | |
Schwerpunkt Krieg in Sudan | |
Schwerpunkt Krieg in Sudan | |
Schwerpunkt Krieg in Sudan | |
Literatur | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Krieg in Sudan: Wo der Tod regiert | |
In Sudans Krieg gibt es immer mehr Leid. Gerade in der Region Darfur, wo | |
die Miliz RSF das Sagen hat. Die Stadt El Fasher ist heute Ort des Hungers. | |
Rapid Support Forces: Miliz überfällt Dörfer in Sudan | |
Beim Versuch, sich die Macht in Sudans Zentrum zu sichern, tötet die | |
RSF-Miliz Hunderte Menschen. Experten fürchten eine erneute Teilung des | |
Landes. | |
Krieg in Sudan: Wo ist Yousif? | |
In Sudan sind jüngst so viele Menschen verschwunden, wie in keinem Krieg | |
Afrikas. Abertausende Frauen suchen nach ihren Ehemännern. Wie Kareema | |
Adama. | |
Kriege und Völkerrecht: Kollektivbestrafung als neue Normalität | |
In Kriegsgebieten wird das Völkerrecht gebrochen. Früher haben Täter ihre | |
Taten noch bestritten, heute rechtfertigen sie sie als Selbstverteidigung. | |
Sudanesische Autorin Eltom in Berlin: Gescheitert und vergessen | |
In Berlin referierte die Autorin Najlaa Eltom über die Lage in Sudan. Der | |
Konflikt dort ist für sie ein neuer imperialistischer Krieg. |