| # taz.de -- Serie „Sirens“ mit Juliane Moore: Männer, Macht, Milliarden | |
| > In der Serie „Sirens“ geht es um Care-Arbeit, Klassenunterschiede, | |
| > familiäre Traumata und ausbeuterische Arbeitsverhältnisse. Alles drin | |
| > also? | |
| Bild: Milly Alcock als Simone (links) und Julian Moore als Michaela (rechts) in… | |
| Geht es auf dem Anwesen der Milliardärsfamilie Kell mit rechten Dingen zu? | |
| Das fragt sich zumindest Devon DeWitt (Meghann Fahy), die dort uneingeladen | |
| das Wochenende verbringt, um endlich mit ihrer jüngeren Schwester Simone | |
| (Milly Alcock) zu sprechen. | |
| Denn die Milliardärsgattin Michaela Kell (Juliane Moore) betreibt einen | |
| fast schon religiös anmutenden Kult zur Rettung bedrohter Vögel. Und mit | |
| Devons Schwester, ihrer Assistentin, verbringt sie in einer emotionalen | |
| Krisensituation die Nacht gemeinsam im Bett, als wäre ihre Angestellte ein | |
| Kuscheltier. | |
| Die [1][Netflix-Serie „Sirens“] erzählt unglaublich pointiert und | |
| mitreißend eine Geschichte über Care-Arbeit, Klassenunterschiede, familiäre | |
| Traumata und ausbeuterische Arbeitsverhältnisse. Der Fünfteiler stammt aus | |
| der Feder von Molly Smith Metzler, die auch schon für die von der Kritik | |
| überschwänglich [2][gefeierte Netflix-Serie „Maid“ (2021]) verantwortlich | |
| zeichnete. Die erzählte von den sozialen Abgründen für eine | |
| alleinerziehende und zeitweise obdachlose Mutter in den USA. | |
| „Sirens“ basiert außerdem auf einem Off-Theaterstück von Molly Smith | |
| Metzler mit dem Titel „Elemeno Pea“, das bereits 2011 uraufgeführt und | |
| jetzt mit großem Starensemble als Serie zu sehen ist. | |
| ## Streit ums absolute Glutenverbot | |
| Inmitten des luxuriösen Anwesens auf einer zum Staat New York gehörenden | |
| Insel, wo die Upper Class ihren Sommer verbringt, will Devon ihre Schwester | |
| Simone davon überzeugen, ihr bei der Pflege des dementen Vaters zu helfen. | |
| Devon, die in einem Falafel-Imbiss arbeitet und ihren verheirateten Chef | |
| datet, wohnt mit ihrem Dad im proletarischen Buffalo. Simone joggt dagegen | |
| mit der Milliardärsgattin Michaela morgens am Strand, liest ihr jeden | |
| Wunsch von den Lippen ab und jagt mit einem pinkfarbenen Megafon bewaffnet | |
| das Heer der Angestellten übers Anwesen. Mal muss ein Gala-Diner | |
| vorbereitet werden, dann geht es darum, die Trauerfeier für einen | |
| verstorbenen Vogel zu organisieren. | |
| Simone liebt ihren Job und versucht ihre Schwester Devon loszuwerden, aber | |
| die ist sehr hartnäckig. Devon, die gerade erst von der Polizei wegen | |
| Trunkenheit am Steuer festgenommen wurde und eher aussieht, als würde sie | |
| in einer Grunge-Band spielen, passt so gar nicht aufs schicke Anwesen der | |
| Kells. Sie versteht sich aber gut mit Michaelas schwerreichem Ehemann Peter | |
| (Kevin Bacon), der von früh bis spät kiffend in einem Leuchtturmähnlichen | |
| Gebäudeteil der Villa sitzt und immer wieder Streit mit seiner Frau | |
| bekommt, unter anderem wegen des absoluten Glutenverbots auf dem gesamten | |
| Anwesen. | |
| Das alles wird in fünf einstündigen Episoden so dialog- und temporeich | |
| erzählt, dass einem mitunter fast schwindelig werden könnte. Stück für | |
| Stück werden auch die Vorgeschichten aller Akteure aus der Versenkung | |
| geholt, denn da liegen einige Leichen im Keller. | |
| Das angespannte Verhältnis der Schwestern DeWitt und die Weigerung Simones, | |
| sich um den Vater zu kümmern, haben mit schrecklichen Kindheitserlebnissen | |
| zu tun, unter anderem mit dem frühen Tod der Mutter und einem | |
| missbräuchlichem Verhalten des Vaters. | |
| „Sirens“ erzählt viel vom gesellschaftlichen Schein, mit dem Menschen ihre | |
| Geschichte schöner und strahlender machen, als sie in Wirklichkeit ist. Und | |
| es geht immer wieder um die Frage, was es bedeutet, familiäre Care-Arbeit | |
| zu leisten. | |
| Alle Männer in dieser Geschichte sind dabei nur Nutznießer und Versager, | |
| [3][die Frauen müssen alles machen]. Und das gilt im Miliardärshaushalt der | |
| sich fortwährend selbstbeweihräuchernden Kells ebenso wie im | |
| Working-Class-Reihenhaus der DeWitts in Buffalo. | |
| „Sirens“ setzt Care-Arbeit und damit einhergehende geschlechtertypische | |
| Abhängigkeiten verblüffend treffsicher, aber auch extrem unterhaltsam in | |
| Szene. | |
| 21 May 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.netflix.com/de/title/81589551 | |
| [2] /Serie-Maid-auf-Netflix/!5809310 | |
| [3] /Demo-zum-Muttertag-in-Berlin/!6086720 | |
| ## AUTOREN | |
| Florian Schmid | |
| ## TAGS | |
| TV-Serien | |
| Care-Arbeit | |
| New York | |
| wochentaz | |
| Die Couchreporter | |
| Care-Arbeit | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Archäologie und Geschlechterrollen: Wenn neue Forschung alte Klischees aufdeckt | |
| Eine neue Studie zeigt, dass Goldschmuck und Carearbeit schon beim Ausbruch | |
| des Vesuv vor fast 2000 Jahren genderneutral waren. Was lernen wir daraus? | |
| Serie „Maid“ auf Netflix: Wie Armut wirklich ist | |
| Der US-Serie „Maid“ gelingt es, Elend weder zu romantisieren noch die | |
| Betroffenen zu entmenschlichen. Das macht sie gerade hierzulande | |
| sehenswert. | |
| Bücher über Väter und Care-Arbeit: Gutes Geld, gute Papas | |
| In der Zukunft ist die geschlechtliche Arbeitsteilung abgeschafft und | |
| Droiden übernehmen die Care-Arbeit – das wäre jedenfalls fairer als die | |
| Gegenwart. |