# taz.de -- Einigung mit den Hohenzollern: Ein bisschen viel monarchisches Feel… | |
> Im Rechtsstreit um Tausende Kunstwerke der Hohenzollern gibt es eine | |
> außergerichtliche Einigung. Welchen Preis das hat, wird die Zukunft | |
> zeigen. | |
Bild: Georg Friedrich Prinz von Preußen (li.), Berlins Kulturstaatssekretärin… | |
Es klingt nach einem guten Deal, als hätte Donald Trump die Fäden hinter | |
den Kulissen gezogen (hat er doch für Monarchen, wie jüngst in | |
Saudi-Arabien zu sehen, viel übrig). Alle Beteiligten feiern sich und die | |
Einigung, besser gesagt den außergerichtlichen Vergleich: der Bund, die | |
Länder Berlin und Brandenburg, drei betroffene Stiftungen und natürlich | |
[1][Georg Friedrich Prinz von Preußen]. Letzterer hatte als Urenkel des | |
letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. und Familienoberhaupt der früheren | |
Herrscherfamilie Tausende Kunstwerke in Berliner und Brandenburger Museen | |
und Schlösser für sein Haus reklamiert. | |
Ein fast 100 Jahre währender Rechtsstreit zwischen den Hohenzollern und der | |
öffentlichen Hand wurde beigelegt, teilte der neue Kulturstaatsminister | |
Wolfram Weimer Anfang der Woche mit (daher gibt es das Foto zu diesem Text | |
aus dem Schloss Sanssouci). Dazu wird eine neue gemeinnützige „Stiftung | |
Hohenzollernscher Kulturbesitz“ gegründet, die fortan sämtliche Objekte | |
verwalten soll. | |
Das ist erst einmal eine gute Nachricht. Denn sie bedeutet endlich | |
Rechtssicherheit. Und man muss sich vergegenwärtigen, worum es hier | |
eigentlich geht: Betroffen sind allein rund 3.000 Objekte in den Sammlungen | |
der [2][Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg], der | |
[3][Stiftung Preußischer Kulturbesitz] und des [4][Deutschen Historischen | |
Museums]. | |
Betroffen ist das Inventar, also etwa Möbel, Geschirr und Gemälde, aus | |
insgesamt gut 70 Schlössern, Villen und weiteren Liegenschaften in Berlin | |
und Potsdam, die 1945 im Eigentum oder in Nutzung der Hohenzollernfamilie | |
waren. Es handelt sich zudem um Gegenstände aus dem Besitz der Familie, die | |
schon 1918 nach dem Ende der Monarchie beschlagnahmt wurden. | |
## Krone und Reichsapfel bleiben ausgestellt | |
Viele bedeutsame Kunstgegenstände bleiben damit öffentlich zugänglich – wie | |
schon bisher –, das aber nun rechtlich verbindlich. Das sind zum Beispiel | |
wertvolle Gemälde wie das Bildnis [5][Kurfürst Joachim I. von Brandenburg] | |
von Lucas Cranach dem Älteren, das sind auch Krone, Zepter und Reichsapfel | |
von Preußenkönig Friedrich I., die im Schloss Charlottenburg zu sehen sind | |
– und dort auch bleiben sollen. Allein die Hausbibliothek mit den | |
Buchbeständen der Preußenkönige seit Friedrich dem Großen umfasst rund | |
18.000 Bücher. | |
Die Nachfahren des letzten deutschen Kaisers hatten auf all diese Objekte | |
über Jahrzehnte hinweg Besitzansprüche angemeldet. Diese sind mit der | |
Einigung und der Gründung der „Stiftung Hohenzollernscher Kulturbesitz“ | |
Geschichte. Kulturstaatsminister Weimer äußerte sich zufrieden: „In der | |
Stiftung wird die öffentliche Hand die klare Mehrheit behalten.“ Na, | |
hoffentlich. „Es ist absolut gewährleistet, dass die Öffentlichkeit in | |
Zukunft Eigentümer dieser Kunstobjekte ist“, sagte er weiter, „und die | |
Eigentumsfrage damit endlich nach 100 Jahren geklärt ist.“ | |
Doch zu welchem Preis? Und überhaupt: Warum gibt der deutsche Staat klein | |
bei? Hatte man Angst, den Rechtsstreit zu verlieren? Haben deshalb die | |
Verantwortlichen dem Prozedere ihren Segen gegeben – sozusagen einen | |
Hofknicks gemacht? Ein bisschen viel monarchisches Feeling für | |
bundesrepublikanische Verhältnisse. | |
Auffällig am Vorgehen ist: Obwohl der neue Kulturstaatsminister den | |
Vergleich verkünden konnte, wurde dieser natürlich von langer Hand | |
vorbereitet. Wenn, dann müssten Kulturstaatsministerin a.D. Claudia Roth | |
und ihrem Stab die Lorbeeren für diese außergerichtliche Einigung gebühren. | |
Doch vielleicht ist die Grünen-Politikerin ja ganz froh, dass dieser Kelch | |
an ihr vorbeigegangen ist. | |
## Dauerhafte Mitbestimmung im Stiftungsrat | |
Erkauft wurde dieser Deal mit der Konstruktion der neuen Stiftung. Die | |
Nachfahren des Preußenkönigs verzichten zwar auf ihre Besitzansprüche, | |
haben sich aber eine dauerhafte Mitbestimmung im Stiftungsrat gesichert. | |
Was das bedeutet, wird erst die Zukunft zeigen. Eine Einflussnahme seitens | |
der Adelstitelträger steht zu befürchten. Daher muss dauerhaft | |
ausgeschlossen sein, dass die Hohenzollern der gemeinsamen Stiftung ihren | |
Willen aufzwingen können – das geht durch klare Mehrheiten und weitgehende | |
Vetorechte der öffentlichen Hand in den Aufsichtsgremien. | |
Und die Hohenzollern gehen bei diesem Vergleich nicht völlig leer aus. Die | |
Eigentumsrechte von sieben Tabaksdosen, die einst Friedrich dem Großen | |
gehörten, gehen an die Nachfahren. Natürlich sind das nicht irgendwelche | |
Schmuckdosen, die da aktuell noch im Schloss Charlottenburg zu besichtigten | |
sin. | |
Die sogenannten [6][Tabatieren] sind kostbar: aus Halbedelsteinen | |
gefertigt, mit Brillanten besetzt, in Gold gefasst. Zwei dieser | |
Schmuckdosen sollen als Dauerleihgabe der öffentlichen Hand erhalten | |
bleiben. Über die anderen fünf können Hohenzollern-Nachfahren dem Vernehmen | |
nach nun frei verfügen. Immerhin handelt es sich um Millionenwerte. | |
„Ein fader Beigeschmack bleibt“, findet darum auch Daniel Wesener von der | |
Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Sprecher für Kulturfinanzierung. Die | |
neue Stiftung und die Rückgabe der historischen Tabatieren wären ein | |
„Prestigegewinn für die ehemalige deutsche Herrscherfamilie, obwohl die dem | |
Nationalsozialismus erheblichen Vorschub geleistet und somit keinen | |
Anspruch auf Ausgleichsleistungen hat.“ | |
17 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.preussen.de/ | |
[2] https://www.spsg.de/startseite/ | |
[3] https://www.preussischer-kulturbesitz.de/ | |
[4] https://www.dhm.de/ | |
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_I._(Brandenburg) | |
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Tabatiere | |
## AUTOREN | |
Andreas Hergeth | |
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