# taz.de -- Nach Tod von Lorenz A.: Stream von Podiumsdebatte für rassistische… | |
> Anlässlich des getöteten Schwarzen Lorenz A. in Oldenburg wurde bei einer | |
> Podiumsdebatte über Rassismus in der Polizei diskutiert. Doch die | |
> Übertragung wurde gekapert. | |
Bild: Der Kampf geht weiter: Kundgebung nach den tödlichen Polizeischüssen au… | |
Oldenburg taz | Mehr als ein Monat ist die [1][Erschießung von Lorenz A. | |
durch einen Polizisten] her, doch das Interesse in Oldenburg, sich mit dem | |
Fall und der dadurch ausgelösten Debatte über Rassismus in der Polizei | |
auseinanderzusetzen, bleibt groß: Ein Bündnis aus mehreren Organisationen | |
hat am Dienstagabend zu einer Podiumsdiskussion über institutionellen | |
Rassismus in Polizei und Justiz eingeladen – der zunächst von einer | |
rassistischen Attacke auf die Veranstaltung überschattet war. | |
Es war nach Lorenz’ Tod das erste Angebot dieser Art in Oldenburg. Die | |
Veranstaltung im großen Saal des „Cine K“ war schon Tage vorher ausgebucht, | |
weshalb die Organisator:innen sie zusätzlich live im Internet | |
streamen wollten. Jedoch: Der Beginn der Veranstaltung musste um einige | |
Minuten verschoben werden. Die meisten Besucher:innen vor Ort gingen | |
von einer einfachen technischen Störung aus. Die vier | |
Panel-Teilnehmer:innen, alle selbst Schwarz oder People of Color, und die | |
ersten Reihen konnten jedoch hören, was der Grund für die Verzögerung war. | |
Ein Unbekannter hatte den Stream gekapert. Er spielte über den Laptop, der | |
die Veranstaltung übertrug, wiederholt das N-Wort, rassistische | |
Audiobotschaften und pornografische Inhalte ab. | |
„Dieser Vorfall war ein rassistisch motivierter Angriff. Einer von vielen, | |
die zeigen, wie massiv Menschen, die Rassismus benennen und bekämpfen, | |
unter Druck gesetzt und attackiert werden – selbst dann, wenn es um den | |
gewaltsamen Tod eines jungen Schwarzen Mannes geht“, sagt Suraj Mailitafi | |
von der Initiative „Gerechtigkeit für Lorenz“ am Tag danach. Er war Teil | |
des Panels. | |
## Weitere Debatten sollen folgen | |
Der Angreifer habe laut Mailitafi das klare Ziel gehabt, „zu sabotieren, zu | |
entwürdigen, zu traumatisieren.“ Der Angriff zeige, dass die | |
Auseinandersetzung mit institutionellem Rassismus in Deutschland nicht nur | |
ignoriert, sondern aktiv behindert wird. Genau deshalb habe Mailitafi sich | |
nicht einschüchtern lassen: „Wenn wir nicht sprechen, spricht niemand für | |
uns. Wenn wir schweigen, bleibt das System unverändert.“ | |
„Der rassistische Angriff auf unseren Livestream war ein gezielter Versuch, | |
eine wichtige Diskussion zu unterbrechen und zu delegitimieren“, sagte die | |
Landtagsabgeordnete der Grünen, Lena Nzume, die ebenfalls Teil des Panels | |
war. „Dass ausgerechnet eine Veranstaltung über Rassismus auf diese Weise | |
sabotiert wird, zeigt, wie notwendig diese Debatte ist.“ | |
Der gezielte Versuch, Betroffene zum Schweigen zu bringen – „Silencing“ �… | |
sei Teil des Rassismus-Problems. „Wir haben weitergemacht. Und wir hoffen, | |
dass dies der Auftakt für eine breite gesellschaftliche Auseinandersetzung | |
ist – denn nur durch die Anerkennung und den Abbau von Rassismus, besonders | |
in staatlichen Institutionen, kann Vertrauen wiederhergestellt werden“, | |
sagte Nzume. | |
„So absurd wie erbärmlich“, ist das knappe Fazit von Panel-Teilnehmer Jeff | |
Kwasi Klein, der schon zum Umgang der Polizei mit Schwaren Menschen | |
geforscht hat. „Wir haben trotzdem gesprochen.“ | |
## Rassistische Einstellungen in der Polizei | |
Tatsächlich haben die meisten im Saal von dem rassistischen Angriff nichts | |
mitbekommen. Nach der kurzen Verzögerung und einer technischen Umstellung | |
konnte die Veranstaltung wie geplant mit Livestream beginnen. | |
Die Professorin für Sozialpädagogik Ayça Polat war die vierte Teilnehmerin | |
des Panels. Alle vier waren sich einig: Es gebe kein Erkenntnisdefizit über | |
rassistische Einstellungen in der Polizei, [2][auch die Studienlage sei | |
inzwischen eindeutig.] Lösungsvorschläge, wie etwa unabhängige | |
Beschwerdestellen oder verpflichtende rassismuskritische Fortbildungen, | |
seien seit Jahren bekannt. | |
Die Schwierigkeit sei, diese Erkenntnisse in der Polizei mit der Politik | |
umzusetzen. Das liege daran, dass weiterhin viele Verantwortliche die | |
Existenz von Rassismus leugnen und jede Kritik als „Vorverurteilung“ | |
abwehren würden. | |
Ein wichtiges Mittel dagegen sei [3][gesellschaftlicher Druck und ein | |
öffentlicher Diskurs.] Den hat die Podiumsdiskussion angestoßen, | |
Folgeveranstaltungen sind schon in Planung. | |
29 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Aljoscha Hoepfner | |
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