Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wahl in Rumänien: Erleichterung in Bukarest
> Bei der Präsidentenwahl in Rumänien setzt sich der Proeuropäer Nicuşor
> Dan durch. Doch die rechte Gefahr ist damit noch nicht gebannt.
Bild: Menschenmenge mit EU-Flagge, nachdem die Wahllokale in Rumänien geschlos…
Bukarest taz | „Ich bin froh, in einem Land aufgewacht zu sein, das nicht
von einem Faschisten geführt wird“, sagte die Bukarester Politologin Dalia
Báthory am Montag der taz, als das amtliche Endergebnis der rumänischen
Präsidentschaftswahlen feststand. Hätte der Rechtsradikale George Simion
die Wahl gewonnen, hätte dies eine Jagd auf Andersdenkende ausgelöst, ist
Báthory überzeugt – insbesondere auf nationale und sexuelle Minderheiten.
Er hätte die wichtigsten Institutionen im Staat rasch mit simiontreuen und
euroskeptischen Funktionären besetzt.
Für den parteilosen [1][Oberbürgermeister von Bukarest, Nicuşor Dan (55),]
stimmten in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen 54 Prozent der
Wähler*innen. Sein Gegner, der Chef der rechtsradikalen Allianz für die
Vereinigung der Rumänen (AUR), George Simion, kam auf 46 Prozent.
Kurz nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen organisierten Dans
Unterstützer in Bukarest eine spontane Kundgebung. Das neu gewählte
Staatsoberhaupt zeigte sich seinen jubelnden Fans, hielt eine kurze Rede
und versprach, ein Präsident aller Rumänen zu sein. In den nächsten fünf
Jahren muss er versuchen, die zutiefst gespaltene rumänische Gesellschaft
zu einigen und die verhärteten Fronten abzubauen.
## Erst mal eine neue Regierung
Zuerst muss sich Dan aber um die Bildung einer neuen Regierung kümmern.
Denn nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am 4. Mai trat der
Ministerpräsident und Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei (PSD),
Marcel Ciolacu, zurück. Dan versprach im Wahlkampf, den
Übergangspräsidenten Ilie Bolojan von der National-Liberalen Partei (PNL)
als Regierungschef zu beauftragen. Dan wurde im Wahlkampf aber auch von der
neoliberalen Partei „Union Rettet Rumänien“ (USR) unterstützt. Ohne diese
wird der neue Premier [2][im Parlament] kaum eine Mehrheit erhalten.
Die Vertreter der drei [3][rechtsradikalen Parlamentsparteien], der AUR,
der Partei der Jungen Leute (POT) und der Partei „SOS Rumänien“, verfügen
im Parlament über ein Drittel der Stimmen. Sie werden kaum für Bolojan
stimmen. Aber auch zahlreiche Abgeordnete der pseudosozialdemokratischen
PSD könnten ihm die Stimme verweigern.
Der Mathematiker Dan war 2016 einer der Mitbegründer der neoliberalen USR,
trat aber bereits ein Jahr später aus der Partei aus. Der Grund dafür waren
seine konservativen Vorstellungen zu Ehe und Homosexualität. Nachdem er
2020 zum Oberbürgermeister von Bukarest gewählt wurde, stichelten seine
früheren Parteifreunde immer wieder gegen ihn.
Einer von ihnen nannte ihn einen „Besenkammer-Messias“. Ein anderer
bezeichnete ihn als „fundamentalen Antimodernisten“ und „urbaneren
Legionär“. Mit der Bezeichnung Legionär ist die rumänische
Faschistenbewegung der Zwischenkriegszeit gemeint, bekannt unter den Namen
„Legion des Erzengels“.
Als Oberbürgermeister von Bukarest zögerte Dan, die Fertigstellung eines
Holocaustmuseums zu bewilligen und eine Büste von Mircea Vulcănescu aus dem
öffentlichen Raum zu entfernen. Vulcănescu war bis 1944 Mitglied der mit
Hitler verbündeten faschistischen rumänischen Regierung und wurde nach dem
Zweiten Weltkrieg als Kriegsverbrecher verurteilt.
## Ökofaschist und Esoteriker
Wäre Simion zum Präsidenten gewählt worden, dann hätte er wohl den
Ökofaschisten und Esoteriker Călin Georgescu als Premier vorgeschlagen. Der
trat 2024 als Präsidentschaftskandidat an und gewann die erste Runde. Die
Stichwahl wurde jedoch am 6. Dezember 2024 vom Verfassungsgericht
annulliert. Zur Begründung hieß es, Georgescu sei von einer ausländischen
Macht in den sozialen Netzwerken unterstützt worden. Gleichzeitig wurde
gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen undurchsichtiger Wahlfinanzierung
eingeleitet, eine erneute Kandidatur wurde ihm untersagt.
Mit Dans Wahlsieg ist die rechte Gefahr nicht gebannt. Schließlich stimmten
6,2 Millionen Wähler für Simion, darunter die Hälfte der im Ausland
lebenden wahlberechtigten Rumän*innen. Über zwei Drittel von ihnen leben in
Deutschland. Der erklärte Trump-Fan Simion kündigte noch am Sonntag an,
seinen Kampf für ein „souveränes Rumänien“ fortzusetzen.
Einige profaschistische Kleinparteien und Gruppierungen hatten Simion
während des Wahlkampfes nicht unterstützt. In einem im Onlinekommentar
wurde ihm vorgeworfen, sich „an die Juden verkauft“ und seine
„souveränistischen“ Ansichten bloß vorgetäuscht zu haben, um einem
„Schwachsinnigen“ den Weg an die Spitze des Staates zu ebnen.
19 May 2025
## LINKS
[1] /Praesidentenwahl-in-Rumaenien/!6088896
[2] /Rechter-Wahlsieg-in-Rumaenien/!6049937
[3] /Praesidentschaftswahl-in-Rumaenien/!6083481
## AUTOREN
William Totok
## TAGS
Schwerpunkt Wahlen in Rumänien
Bukarest
Europäische Union
GNS
Rechts
Schwerpunkt Wahlen in Rumänien
wochentaz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Präsidentschaftswahl in Rumänien: Ein Sieg gegen Trump
Rumänien hat sich entschieden: für einen proeuropäischen Weg und gegen
Nationalismus. Nun muss der neue Präsident Nicușor Dan das Land einen.
Präsidentschaftswahl in Rumänien: Hauptsache, nicht er
Rumänien wählt am Sonntag seinen Präsidenten. Der extrem rechte Kandidat
George Simion hat gute Chancen. Einblicke in ein Land am Scheideweg.
Rumänien vor Politikwechsel: Eine Schockwelle jagt die nächste
Der Rechtsradikale George Simion könnte Rumäniens nächster Präsident
werden. Er kündigt eine konservative Revolution an – und Europa wird
nervös.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.