| # taz.de -- Walpurgisnacht in Berlin: Macker vermöbeln, Hexhex! | |
| > Tausende Flinta* gehen am Mittwochabend gegen das Patriarchat und den | |
| > globalen anifeministischen Backlash auf die Straße. Die Demo bleibt | |
| > friedlich. | |
| Bild: Antifaschistische Hexen erobern in der Walpurgisnacht die Straßen der St… | |
| Berlin taz | Die Hexen sind wieder da – diesmal nicht auf Besen, sondern in | |
| „Macker vermöbeln“ Shirts. Mehr als 3.000 Flinta* – Frauen, Lesben, | |
| intergeschlechtliche, nichtbinäre, transgeschlechtliche und agender | |
| Personen – nahmen laut Polizei am Mittwochabend an der queerfeministischen | |
| „Take back the night“-Demo teil. | |
| Rund um den Mariannenplatz in Kreuzberg sitzen Flinta* in kleinen Gruppen | |
| auf dem Pflaster und lauschen Redebeiträgen, während sich die Sonne über | |
| dem Platz senkt. „Ihr dachtet ihr hätte uns verbrannt, aber jetzt stehen | |
| wir hier mit einer Fackel in der Hand!“, ruft eine Rednerin. | |
| Bei der Flinta*-only Demo nehmen sich Flinta* am Abend vom 30. April | |
| traditionell die Walpurgisnacht zurück. Auch in Hamburg brachten Tausende | |
| ihre Wut auf die Straße, einige hundert auch in Dresden. Es ist die Nacht, | |
| in der Hexen aus dem Schatten treten, sich verbünden und feiern. [1][Was | |
| Hexen und Queerfeminist*innen eint? Der Kampf gegen patriarchale | |
| Unterdrückung.] | |
| Und die ist bittere Realität: Redner*innen kritisieren in ihren | |
| Beiträgen unbezahlte Care-Arbeit, sexualisierte und häusliche Gewalt, | |
| fehlende Frauenhausplätze und die mangelnde Umsetzung der | |
| Istanbul-Konvention, die Frauen vor Gewalt schützen soll. Allein im | |
| vergangenen Monat gab es in Berlin 4 Femizide. Doch patriarchale Gewalt ist | |
| kein deutsches Phänomen, und erst recht kein „importiertes“, wie rechte | |
| Narrative behaupten. Das wird in den Redebeiträgen deutlich, die den | |
| weltweiten antifeministischen Backlash thematisieren – von den USA über | |
| Ungarn bis in den Iran. Sie fordern: „We want to walk by night!“. | |
| [2][Und das tun die Hexen in der Walpurgisnacht]: Gegen 21:30 Uhr setzt | |
| sich der Demozug unter Feuerwerk und „Whose streets? Our streets!“-Rufen | |
| schnellen Schrittes in Bewegung. Vorneweg zieht der rund 100-köpfige | |
| Schwarze Block die Audre-Lorde-Straße entlang, umhüllt von pinkem Rauch, | |
| Pyro und Nebelkerzen. Die Strecke führt zunächst zurück zum | |
| Rio-Reiser-Platz, begleitet von „Ni una menos“- und „Jin, Jiyan, | |
| Azadî“-Rufen aus der argentinischen und iranischen feministischen Bewegung. | |
| ## Solidarität mit unterdrückten Kämpfen weltweit | |
| Die traditionell eher weiße Veranstaltung, tritt in diesem Jahr | |
| internationaler und intersektionaler auf – zumindest im Aufruf. Im Zentrum | |
| des Aufrufs unter dem Motto „In Solidarity we fight“ steht die weltweite | |
| Solidarität mit unterdrückten Kämpfen. Auf dem Demo-Plakat ist die | |
| kurdische Flagge zu sehen, der Slogan „Jin, Jiyan, Azadî“, Forderungen nach | |
| Freiheit für Kongo und Sudan sowie die halbierte Wassermelone, Symbol der | |
| Palästina-Solidarität. | |
| Der Krieg in Gaza spaltet die feministische Bewegung und führte auch bei | |
| der „Take Back the Night“-Demo in der Vergangenheit zu Konflikten. Anders | |
| als in früheren Jahren wurde die Demo in diesem Jahr von Aktivist*innen | |
| aus dem pro-palästinensischen Spektrum mitorganisiert. Antideutsche | |
| Positionen werden daher nicht toleriert, so die Ansage. Im Aufruf wurden | |
| deutsche Waffenlieferungen kritisiert sowie der repressive Umgang mit | |
| pro-palästinensischen Demonstrant*innen. Auf der pro-palästinensischen Demo | |
| am feministischen Kampftag war es zu massiver Polizeigewalt gekommen. | |
| Viele tragen Kufiyas, immer wieder hallen „Free, free Palestine“-Rufe durch | |
| die Straßen, einmal muss der Demozug anhalten, weil die in Berlin | |
| verbotenen Parole „From the River to the Sea“ gerufen wird. Der Konflikt | |
| dominiert jedoch, entgegen der Ankündigung, eindeutig nicht die | |
| Veranstaltung. Ansonsten ziehen die wütenden Flinta* zügig die über fünf | |
| Kilometer lange Strecke vom Lausitzer Platz über die Oberbaumbrücke in | |
| Richtung Friedrichshain, begleitet von Pyrotechnik und lauten, empowernden | |
| Gesängen. | |
| [3][Auseinandersetzungen mit der Polizei bleiben, wie bereits im Vorjahr, | |
| weitgehend aus.] Die Polizei setzt auf Deeskalation und verzichtet zunächst | |
| auf ein Spalier. Nur einzelne Beamt*innen laufen dem Zug voraus. Auf | |
| vereinzelte Plastikflaschen und Steine, die aus dem Aufzug geworfen werden, | |
| reagieren die Einsatzkräfte ruhig, ziehen ihre Helme auf und bilden ein | |
| Spalier, das den Schwarzen Block näher begleitet. | |
| ## Cis-Männer wollen Flinta* die Straße nicht überlassen | |
| Zu einer Festnahme kommt es laut Polizei, jedoch nicht bei einer der | |
| Demo-Teilnehmerinnen, sondern bei einem der vielen cis-Streamer, die die | |
| Demo penetrant begleiten. Die Streamer filmen nach eigenen Angaben für die | |
| pro-palästinensische Bewegung. Einer von ihnen hätte auf eine | |
| Demo-Teilnehmerin eingetreten, nachdem sie ihm im Vorbeigehen das Handy aus | |
| der Hand geschlagen hatte. | |
| Immer wieder schließen sich cis-Männer ungefragt der Demo an und | |
| beanspruchen selbstverständlich ihren Platz. Aussagen, wie „Ich bin genauso | |
| Bürger wie du!“, werden von wütenden Flinta*-Pulks mit „Macker verpisst | |
| euch, keiner vermisst euch!“-Rufen zurückgewiesen. Aufforderungen die Demo | |
| zu verlassen, werden wiederholt ignoriert und mit „Kauft euch doch eine | |
| Insel, wenn ihr uns Männer nicht haben wollt“, beantwortet. | |
| Explizit ausgeladen sind neben cis-Männern auch TERFS (Trans Exclusionary | |
| Radical Feminist) und SWERFs (Sex Worker Exclusionary Radical Feminists), | |
| die in Teilen der feministischen Bewegung immer noch vertreten sind. | |
| Thematisiert wird an diesem Abend auch die für ihre trans*feindlichkeit | |
| bekannte Harry Potter-Autorin J.K.Rowling, die kürzlich mehrere zehntausend | |
| Pfund an eine Kampagnengruppe gespendet hatte, die sich gegen die | |
| Anerkennung transgeschlechtlicher Identitäten einsetzt. | |
| Gegen 23 Uhr biegt der Demozug in die Grünberger Straße ein und zieht in | |
| Richtung Boxhagener Platz. Hier wird die Demo kurz darauf von den | |
| Veranstalter*innen vorzeitig aufgelöst. Schnell entschwinden die Hexen | |
| des Schwarzen Blocks in die dunkle Nacht. | |
| 1 May 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Lilly Schröder | |
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