# taz.de -- Zur Beerdigung von Papst Franziskus: „Franziskus hätte es so gew… | |
> Im mehrheitlich katholischen Polen wird zur Papstbeisetzung ein | |
> „nationaler Trauertag“ ausgerufen. Im Warschauer Stadtteil Mokotow ist | |
> nicht viel davon zu spüren. | |
Bild: Auch in dieser Warschauer Kirche fällt das Gedenken zur Papstbeisetzung … | |
Warschau taz | Durch die großen bunten Glasfenster fallen Sonnenstrahlen | |
ins Innere der St. Bobola-Jesuitenkirche im Warschauer Stadtteil Mokotow. | |
Die große Ober- und Unterkirche bietet mehreren tausend Gläubigen Platz, | |
doch zur heiligen Messe am Samstagmorgen um 9 Uhr haben sich gerade einmal | |
35 Gläubige eingefunden. „Wir wollen nachher die Fernseh-Übertragung des | |
Trauergottesdienstes für Papst Franziskus in Rom ansehen“, flüstert eine | |
weißhaarige Dame einem Bekannten in der letzten Bank zu. Sie ist mit ihrer | |
ca. 40-jährigen Tochter gekommen. „Herr, erbarme Dich unser“, tönt es von | |
vorne und aus den zahlreichen Lautsprechern in den hohen Kirchensaal. | |
Die Warschauer Jesuitenpater änderten ihren Gottesdienstplan nicht ab, | |
obwohl Papst Franziskus ebenfalls Jesuit war. Als junger Mann war er in | |
Argentinien dem Jesuitenorden beigetreten. Auch der „nationale Trauertag“, | |
den Staatspräsident Andrzej Duda für den Begräbnistag von Papst Franziskus | |
ausgerufen hatte, änderte daran nichts. Zwar nahmen die beiden Pater den | |
verstorbenen Pontifex in ihre Fürbittengebete auf, aber das war es dann | |
auch schon. Die Predigt der beiden in weiße Kutten gekleideten Jesuiten | |
drehte sich eine Woche nach Ostern noch einmal um Tod und | |
Wiederauferstehung von Jesus und um Treue und Verrat seiner Jünger. | |
„Ich denke, Franziskus hätte es genau so gewollt“, sagt eine ca. 30-jähri… | |
Frau im grün karierten Kurzmantel nach der Messe. „Er war ja sehr | |
bescheiden. Außerdem gab es am Mittwochabend in der St. Johannes der | |
Täufer-Kathedrale eine zentrale Trauerfeier für ihn. Da haben auch die | |
Glocken für ihn geläutet. 88 Mal. Das war sehr eindrucksvoll. Für jedes | |
Jahr ein Mal.“ Die Kirchentür geht auf, Orgelmusik ist zu hören, und | |
weitere Gläubige kommen die Treppe herunter. | |
## Mitmenschlich, aber kein Verständnis für Europa | |
Ein Ehepaar bleibt am Tor stehen. „Wir haben drei Päpste erlebt“, sagt der | |
60-Jährige und setzt seinen Sommerhut wieder auf. „Jeder war ganz anders: | |
Papst Johannes Paul II, also unser polnischer Papst, war sehr politisch, | |
Papst Benedikt XVI, der deutsche Papst, war ein Professor und Papst | |
Franziskus aus Argentinien ein Armenprediger.“ Er sieht kurz seine etwas | |
jüngere Frau an und setzt hinzu: „Wenn es nach mir ginge, könnte jetzt | |
wieder ein politischer Papst kommen.“ | |
Sie nickt und setzt eine Sonnenbrille auf. „Wir sind sehr gläubig, und es | |
war für uns sehr wichtig, dass Franziskus der Welt vorgelebt hat, was | |
eigentlich die Botschaft des Evangeliums ist, nämlich Mitmenschlichkeit“. | |
Ihr Mann schüttelt ganz leicht den Kopf: „Ja, auch in Polen war diese | |
Armutsbotschaft für die Erzbischöfe, die oft in Palästen leben, in Prunk | |
und Protz, etwas Neues. Aber Franziskus hatte auch ein großes Manko“. | |
Der Mann macht eine Pause, denn es tutet lang und durchdringend. Ein | |
Schienenbaufahrzeug wechselt das Schienenbett der Straßenbahn direkt vor | |
der St. Bobola-Kirche aus. Die Arbeiter in ihren neon-orangen Schutzanzügen | |
hatten die Messe abgewartet, um diese nicht zu stören. | |
„Er hat Europa nicht verstanden, ganz zu schweigen von Osteuropa. Sein | |
Appell an die Ukrainer, den Mut zur Kapitulation zu haben, war einfach | |
unsäglich. Wir waren fassungslos. Warum hat er nicht an Russland | |
appelliert, den Krieg zu beenden und mutig zu kapitulieren?“ | |
## In Warschau-Mokotow war vom nationalen Trauertag nichts zu spüren | |
Ein anderer Gottesdienstbesucher, der die letzten Worte gehört hat, bleibt | |
ebenfalls kurz stehen. „Papst Franziskus hat es sicher gut gemeint. Aber | |
als unser Papst den Heiligen Stuhl bestieg, gab es noch den Ostblock, die | |
Sowjetunion und ein kommunistisches Polen.“ Er streicht sich über das | |
schwarze Stoppelhaar: „Allein mit Mitmenschlichkeit wäre er da nicht weit | |
gekommen. Es brauchte den Mut, das Böse auch als „böse“ zu benennen.“ | |
In Warschau-Mokotow ist nicht zu spüren, dass Präsident Duda den Samstag | |
zum „nationalen Trauertag“ erklärt hat. Alle Läden sind offen, auch die | |
Gemüse- und Obststände, Restaurants und Cafés. An der Wirtschaftshochschule | |
SGH finden wie vorgesehen die Vorlesungen und Seminare für die zahlenden | |
Teilzeit-Studierenden statt. | |
Nur die Fahnen vor der SGH hängen auf halbmast, ebenso wie die vor dem | |
Gericht, einigen staatlichen Behörden und dem Schloss Belweder, das | |
Präsident Duda als zweite Residenz neben dem großen Präsidentenpalast | |
direkt an der Altstadt nutzt. Verlegt werden musste allerdings das große | |
„Picknick“ zur 1000-Jahrfeier der Krönung von Boleslaw dem Tapferen von | |
Samstag auf Sonntag. | |
27 Apr 2025 | |
## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
## TAGS | |
Papst Franziskus | |
Polen | |
Katholische Kirche | |
Donald Trump | |
Glaube, Religion, Kirchenaustritte | |
Papst Franziskus | |
Papst Franziskus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Der nächste Papst: Es wird kein zweiter Franziskus | |
Alle Welt spekuliert über den nächsten Papst. Warum auf eine progressive | |
Stimme nicht zu hoffen ist. | |
Beisetzung von Papst Franziskus: Ein Papst für Alle | |
250.000 Menschen begleiten Papst Franziskus auf seiner letzten Reise. Sein | |
Einsatz für die Armen und Ausgeschlossenen prägten sein Image und auch | |
seinen Abschied. | |
Politisches Erbe von Papst Franziskus: Was heißt hier christlich? | |
Franziskus stand für Religion, die inspirieren will. Der rechte Zeitgeist | |
propagiert ein autoritäres Christentum. Was wollen die deutschen | |
C-Parteien? |