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# taz.de -- Robert De Niro in Cannes: Wenn der Film gar nicht mehr so wichtig i…
> Bei der Eröffnung der Filmfestspiele erhält Robert De Niro die Ehrenpalme
> und greift Trump an, im Eröffnungsfilm hingegen wird gelangweilt
> gesungen.
Bild: Bastien Bouillon als Raphaël und Juliette Armanet als Cécile im Eröffn…
Wenn im Festivalpalast von Cannes die Eröffnungsgala über die Bühne geht,
nutzen die Sprecher des Abends dies in der Regel für eine Selbstfeier der
Filmfestspiele. Man kann dann leicht den Eindruck gewinnen, dass die übrige
Welt da draußen aufhört zu existieren oder zumindest nicht mehr ganz so
wichtig ist.
Bei der Eröffnung der 78. Filmfestspiele von Cannes fiel auf, wie sehr die
Sprecher bei aller Ehrerbietung gegenüber dem Festival vor allem auf
aktuelle Entwicklungen von allgemeinerer Tragweite hinzuweisen bemüht
waren. Schon der Moderator, der Schauspieler Laurent Lafitte, nannte in
seiner Aufzählung der Namen von Kollegen zahlreiche Beispiele für Stars,
die sich politisch engagierten, [1][von Josephine Baker, Marlene Dietrich]
und Adèle Haenel bis zu Wolodymyr Selenskyj, womit Lafitte zugleich an die
Karriere des ukrainischen Präsidenten vor seiner politischen Laufbahn
erinnerte.
Ihren Mut solle man sich als Beispiel nehmen. Ganz ohne branchentypische
Eitelkeiten ging das allerdings doch nicht. So ließ es Lafitte sich nicht
nehmen, auf die große Erfahrung von Schauspielern hinzuweisen. Er habe in
73 Filmen mitgespielt, der Regisseur Stanley Kubrick hingegen habe gerade
einmal 13 Filme gedreht.
Anschließend ging die Jurypräsidentin, die Schauspielerin Juliette Binoche,
in ihrer Rede auf den Nahostkonflikt ein, erwähnte die Geiseln des 7.
Oktobers 2023, um kurz darauf die Arbeit der im April bei einem Luftangriff
im Gazastreifen getöteten palästinensischen Fotojournalistin Fatima
Hassouna als Beispiel für widerständige Kunst zu nennen. Binoche war wenige
Stunden zuvor auf einer Pressekonferenz gefragt worden, warum sie einen
aktuellen offenen Brief der internationalen Filmbranche, der den Tod
Hassounas verurteilt, nicht unterzeichnet habe. Die Frage ließ sie
unbeantwortet. Warum auch sollten für Prominente derartige Zugzwänge
überhaupt bestehen?
Besonders bewegend war an diesem Abend der Auftritt des mit der Ehrenpalme
für sein Lebenswerk [2][geehrten US-amerikanischen Schauspielers Robert De
Niro]. Der ließ nicht lange auf sich warten, bis er auf die gefährdete
Demokratie seines Landes zu sprechen kam. Sie kämpften „mit Klauen und
Zähnen“ für deren Erhalt. Was auch für die Kunst gelte, die eine Bedrohung
für „Autokraten und Faschisten“ sei. Und direkt an die Adresse Trumps
gerichtet sagte De Niro: „Amerikas philisterhafter Präsident hat sich
selbst zum Leiter einer unserer wichtigsten Kultureinrichtungen ernannt. Er
hat die Mittel und die Unterstützung für die Künste, die
Geisteswissenschaften und die Bildung gekürzt.“
Die Zölle in Höhe von 100 Prozent auf außerhalb der USA produzierte Film
nannte De Niro inakzeptabel und wies darauf hin, dass diese ein globales
Problem seien: „Wir müssen handeln, und wir müssen jetzt handeln, ohne
Gewalt, aber mit großer Leidenschaft und Entschlossenheit. Es ist an der
Zeit, dass jeder, dem die Freiheit am Herzen liegt, sich organisiert,
protestiert und, wenn es Wahlen gibt, natürlich auch wählt.“
Dass danach der Eröffnungsfilm, „Partir un jour“, das Spielfilmdebüt der
Regisseurin Amélie Bonnin, nur wenig überzeugte, war da schon nicht mehr so
entscheidend. Gut anderthalb Stunden durfte man der angehenden
Restaurantchefin Cécile (ungekünstelt: Juliette Armanet) bei ihrer Rückkehr
zu den Eltern in die Provinz zusehen.
Beim Hadern mit ihrer Schwangerschaft, von der ihr Partner nichts weiß,
beim Sich-wieder-Annähern an ihren Jugendschwarm Raphaël, den der kaum
wiederzuerkennende Bastien Bouillon mit überzogener Jungenhaftigkeit gibt.
Und beim unmotivierten Lossingen, denn das ganze ist eine Musical-Komödie.
Mit kaum erinnerungswürdigen Momenten, selbst da, wo ein Klassiker wie
„Parole parole“ von Mina durch den Kakao gezogen wird. Das ist alles
beiläufig inszeniert, aber so, dass Bonnin am Ende bei selbstverliebter
Belanglosigkeit landet. Egal.
14 May 2025
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## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
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