# taz.de -- Außengastronomie in Hamburg: Viel Lärm um Lärm | |
> Nach einem neuen Lärmgutachten ist es in Ottensen und in der Sternschanze | |
> zu laut. SPD und Grüne wollen ein Ende der Außengastronomie ab 22 Uhr. | |
Bild: Sorgen für viel gehobenes Sprechen: Sommernachtsmenschen im Juni 2020 im… | |
Hamburg taz | Angesichts nächtlicher Lärmspitzen in der Sternschanze und in | |
Ottensen wollen SPD und Grüne neue, drastische Regelungen für die | |
Außengastronomie durchsetzen. Grund dafür ist eine vom Bezirksamt Altona | |
durchgeführte schalltechnische Untersuchung, die eine deutliche | |
Überschreitung der zulässigen Richtwerte ermittelt hat. „Im Rahmen der | |
Untersuchung wurde festgestellt, dass die Lärmgrenzwerte aufgrund des von | |
der Außengastronomie ausgehenden Schalls teilweise erheblich überschritten | |
werden“, heißt es in dem Antrag. Grundlage für die Berechnungen sei | |
gehobenes Sprechen. | |
Im Fokus der Debatte stehen Bereiche der Straße Schulterblatt in der | |
Sternschanze sowie Teile der Bahrenfelder Straße in [1][Ottensen], die die | |
Richtwerte teilweise um mehr als 30 Dezibel in der Nacht überschritten | |
haben. Bereits tagsüber seien Werte von 16 bis 18 Dezibel über dem | |
Grenzwert gemessen worden. Das soll nun weitreichende Konsequenzen haben. | |
Die SPD-Fraktion Altona veröffentlichte einen umfangreichen | |
Forderungskatalog, über den die Parteien am vorvergangenen Donnerstag bei | |
einer Bezirksversammlung gesprochen haben. Darin fordert sie den Senat auf, | |
den Senatsbeschluss vom 30.1.2007, der bislang längere Betriebszeiten für | |
die Außengastronomie ermöglicht hat, zu überarbeiten. Dabei geben sie klare | |
Empfehlungen für den Hamburger Senat: Öffnungszeiten sollen auf 22 Uhr | |
gekürzt und der Alkoholverkauf an Kiosken und Tankstellen ebenfalls nach 22 | |
Uhr eingedämmt werden. | |
Zusätzlich sollen Betriebszeiten der Außengastronomie geprüft und die durch | |
Lärm besonders betroffenen Gebiete klar definiert werden. Diese sogenannten | |
Lärm-Hotspots sollen dann mit verfügbaren Kontrollmöglichkeiten durch das | |
Bezirksamt regelmäßig überprüft, Lärmgrenzen durchgesetzt und bei | |
erheblichen Verstößen ohne Verbesserung der Situation mit Bußgeldern | |
sanktioniert werden. | |
Das heißt konkret: Es soll auf dem Schulterblatt keinen Alkohol mehr nach | |
22 Uhr geben. Das sorgt für Entsetzen bei der Opposition. So warnt | |
beispielsweise die FDP vor Schnellschüssen und auch die CDU reagiert mit | |
Verständnislosigkeit: „Wir sind richtig erschrocken darüber, dass damit die | |
jahrelange Politik des Hamburger Senats und des Bezirks Altona auf den Kopf | |
gestellt werden soll“, kritisiert CDU-Fraktionschef Sven Hielscher. | |
FDP und CDU sprechen von einer Überregulierung. Vor allem in Hinblick auf | |
den Tourismus der Stadt, für den die Außengastronomie insbesondere im | |
Sommer eine zentrale Rolle spiele, seien die Forderungen der SPD nicht | |
tragbar, wie die FDP in einem Gegenantrag formulierte. | |
Die FDP-Fraktionsvorsitzende Katharina Blume hält die Pläne von SPD und | |
Grünen außerdem für nicht realisierbar: „Wer soll das kontrollieren? Die | |
Verantwortung wird einfach auf die Gastronomen abgewälzt. Man bestraft sie | |
alle“, sagt sie und fordert stattdessen, den Blick Richtung Hamburg-Mitte | |
zu lenken. | |
Dort gibt es eine ressortübergreifende Taskforce, die Polizei, Gastronomen | |
und Straßenreinigung an einen Tisch bringt. Denn das Lärmproblem in | |
Hamburgs Ausgehvierteln ist kein unbekanntes. Erst [2][2024 bekam St. Pauli | |
einen Nachtbeauftragten], der zwischen Anwohnenden und Gastronomen | |
vermitteln soll. | |
Dem vorausgegangen war ein [3][Nachbarschaftsstreit in der | |
Paul-Roosen-Straße]. 2022 gründete sich dort die Initiative „Pauli wohnt“. | |
Damals klebten in den Fenstern der Wohnhäuser gelbe Zettel mit der | |
Aufschrift „Pauli wohnt“, von Kipppunkten und Belagerungen war die Rede. | |
Als die Situation zu eskalieren drohte, veranstaltete die SPD-Mitte | |
Sondersitzungen und Micro-Workshops, um zwischen den zerstrittenen Parteien | |
zu vermitteln. Daraus resultierte die Idee des Nachtbeauftragten. | |
## SPD und Grüne haben eine knappe Mehrheit | |
Nun hat das Problem die Straßenseite gewechselt. Und erneut herrscht | |
Uneinigkeit darüber, welcher Ansatz Abhilfe schaffen könnte. | |
Zusätzlich zur Taskforce pocht Blume auf einen Kontrolldienst, eine | |
Aufklärungskampagne und passiven Lärmschutz, also beispielsweise | |
Lärmschutzsegel oder Akustikelemente. Die SPD hingegen befürwortet vor | |
allem aktiven Lärmschutz und spricht in ihrem Antrag davon, „attraktive | |
Straßen und Plätze“ schaffen zu wollen, „die Menschen zum Aufenthalt und | |
zur Begegnung einladen“ würden. Außengastronomie solle dort möglich sein, | |
wo es ausreichend Platz gebe. | |
Die FPD-Politikerin zweifelt darüber hinaus an der Umsetzbarkeit der | |
Forderungen der SPD. Sollten Gastronomen um 21.30 Uhr die letzte Bestellung | |
aufnehmen, würden sie „den Leuten den Stuhl unter dem Hintern wegziehen. | |
Das wird doch nicht funktionieren“, befürchtet sie. Die Leute würden laut | |
Blume nicht nach Hause gehen. Sie könne diesen Antrag nicht mittragen. | |
Für die Forderungen der Opposition stehen die Chancen schlecht: Gemeinsam | |
haben SPD und Grüne seit Kurzem eine knappe Mehrheit. Damit hat der Antrag | |
eine sehr hohe Chance, durchzukommen. | |
5 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Karoline Gebhardt | |
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