# taz.de -- Erdbebenfolgen im Bürgerkriegsland: Myanmars Militärjunta erklär… | |
> Ziel der Waffenruhe sei es, nach dem Erdbeben den Wiederaufbau zu | |
> fördern. Das Regime versucht jedoch, Hilfslieferungen in Rebellengebiete | |
> zu unterbinden. | |
Bild: In Mandalay campieren Überlebende des Erdbebens am Mittwoch nahe des alt… | |
Berlin taz | Myanmars Junta hat am Mittwochabend doch noch einen | |
befristeten Waffenstillstand erklärt. Zuvor war das Zentrum des | |
südostasiatischen Landes am 28. März von [1][einem schweren Erdbeben | |
getroffen] worden. Die Putschregierung erklärte im Staatssender MRTV, dass | |
die Feuerpause von sofort an bis zum 22. April gelten würde. Ziel der | |
Waffenruhe sei es, „die Hilfe und den Wiederaufbau zu beschleunigen und | |
Frieden und Stabilität zu erhalten“. | |
Zugleich warnte die Junta die zahlreichen bewaffneten Widerstandsgruppen, | |
die Feuerpause nicht für Trainings oder Angriffe auszunutzen. Das werde das | |
Militär nicht dulden. Myanmars Generäle hatten 2021 geputscht und nach der | |
Niederschlagung friedlicher Massenproteste einen Bürgerkrieg ausgelöst. | |
Inzwischen haben sie die Kontrolle über Teile des Landes wieder verloren. | |
Der Krieg hat nach UN-Angaben zu 3,5 Millionen Binnenvertriebenen und einer | |
schweren Wirtschaftskrise geführt. Hunderttausende haben das Land | |
verlassen. | |
Am Donnerstagmorgen gab ein Juntasprecher die Zahl der durch das Erdbeben | |
verursachten Todesopfer mit 3.085 an, 4.715 Menschen seien verletzt worden, | |
341 Menschen würden noch vermisst. Die Todeszahlen dürften weiter steigen, | |
zumal auch noch nicht aus allen Regionen Informationen vorliegen. Viele | |
Kommunikationswege sind unterbrochen und Überlebenschancen dürfte es kaum | |
noch geben. | |
Laut der Junta sind inzwischen Rettungsteams aus 17 Ländern im Einsatz. In | |
einem für Myanmars Militär ungewöhnlichen Schritt hatte Juntachef Min Aung | |
Hlaing noch am Tag des Bebens um internationale Hilfe gebeten. Seitdem | |
hatten viele Länder vergeblich versucht, ihn zu einem Waffenstillstand zu | |
drängen. Noch am Dienstag hatte er eine Feuerpause explizit abgelehnt. | |
Dabei hatte zuvor eine Allianz von drei Rebellengruppen eine einmonatige | |
Waffenruhe ausgerufen, am Wochenende hatte dies auch die Gegenregierung im | |
Untergrund (NUG) für zwei Wochen für ihre Kämpfer getan. | |
## Der Juntachef reist ins Ausland | |
Seit dem Beben wurde mehrfach über Luftangriffe auf von den Rebellen | |
kontrollierte Orte berichtet. Mindestens 30 Tote soll es [2][laut dem | |
Exilmedium Irrawaddy] allein am Montag bei einem Luftangriff auf ein | |
Ausbildungscamp der Kachin Independence Army im Kachin Staat, einer | |
Verwaltungseinheit Myanmars, gegeben haben. [3][Irrawaddy zählte seit dem | |
Putsch 21 Angriffe des Militärs.] | |
Ein Grund für den Sinneswandel des Juntachefs könnten diplomatische | |
Vorteile sein, die er sich jetzt davon versprechen dürfte. Denn am | |
Donnerstag reist er erstmals seit Jahren wieder in die thailändische | |
Hauptstadt Bangkok. Dort nimmt er an einem Wirtschaftsgipfel der sieben | |
Anrainerstaaten des Golfs von Bengalen (BIMSTEC) statt. | |
In den letzten Jahren war Min Aung Hlaing nur noch in Moskau und Peking | |
empfangen worden. Selbst das Asean-Bündnis der südostasiatischen | |
Nachbarländer hatte die Juntageneräle wegen ihrer Sabotage von | |
Friedensvorschlägen nicht mehr eingeladen. Mit der Waffenruhe im Rücken | |
kann sich der Putschführer jetzt in Bangkok als konstruktiv inszenieren und | |
damit die massive Kritik an seiner Einladung wie an seiner Politik | |
abschwächen und zeigen, dass sein Regime nicht so isoliert ist. | |
Zum Sinneswandel des Juntachefs könnte auch beigetragen haben, dass am | |
Montag Soldaten im Shan-Staat östlich von Mandalay auf einen Hilfskonvoi | |
des chinesischen Roten Kreuzes geschossen hatten. Dies räumte Juntasprecher | |
Zaw Min Tun ein. Der General sprach allerdings nur von Warnschüssen und | |
machte die Helfer selbst dafür verantwortlich. Sie hätten ihre Fahrt vom | |
Militär nicht genehmigen lassen. Opfer hatte es nicht gegeben. Laut dem | |
Exilmedium [4][Myanmar Now] sei Myanmars Außenministerum sehr wohl von | |
seinem eigenen Konsul in Kunming über den chinesischen Hilfskonvoi | |
informiert gewesen. | |
## Strikte Kontrolle der Hilfsmaßnahmen | |
Die Junta versucht mit Straßensperren jegliche Hilfslieferungen in | |
umkämpfte Gebiete oder in solche unter Rebellenkontrolle zu unterbinden. | |
Auch wurde erklärt, dass ausländische Journalisten nicht in die | |
Katastrophengebiete reisen dürften. In der Stadt Sagaing, die dem | |
Epizentrum des Bebens der Stärke 7,7 am nächsten liegt und deren Umgebung | |
von Rebellen kontrolliert wird, ist lokalen Berichten zufolge bisher kaum | |
Hilfe angekommen. | |
In der Stadt sollen 80 Prozent der Häuser zerstört oder beschädigt worden | |
sein. Berichten zufolge gibt es dort massive Versorgungsprobleme mit Wasser | |
und Nahrungsmitteln. Dort wie in Mandalay, der nur 17 Kilometer vom | |
Epizentrum entfernten und mit gut 1,5 Millionen Einwohnern zweitgrößten | |
Stadt des Landes, kampieren zahlreiche Menschen unter freiem Himmel auf den | |
Straßen. Sie trauen sich nicht in ihre beschädigten Häuser zurück und | |
werden immer wieder von Nachbeben verängstigt. | |
In der der thailändischen Hauptstadt Bangkok, die eintausend Kilometer vom | |
Epizentrum entfernt liegt, stürzte ein 30-stöckiger Hochhausrohbau ein. | |
Inzwischen wird die Nutzung von minderwertigem Stahl als Ursache vermutet. | |
Alle anderen Gebäude hatten dem Beben in der Metropole voller Hochhäuser | |
standgehalten. | |
Der Rohbau, in den später der thailändische Rechnungshof einziehen sollte, | |
wurde von einer Baufirma der chinesischen Eisenbahn gebaut. Die Firma hat | |
in Sicherheitsfragen einen schlechten Ruf und soll den Stahl von einem | |
Lieferanten bezogen haben, dem die thailändischen Behörden die Genehmigung | |
entzogen hatten. Berichten zufolge sollen Verantwortliche inzwischen | |
wichtige Unterlagen von der Baustelle entfernt haben. | |
In Bangkok sind bisher 22 Tote geborgen worden, davon 15 aus dem | |
eingestürzten Rohbau. Dort werden noch 70 weitere Leichen vermutet, | |
darunter die von Wanderarbeitern aus Myanmar. | |
3 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Schwere-Erdbeben-in-Suedostasien/!6079605 | |
[2] https://www.irrawaddy.com/news/burma/myanmar-junta-airstrike-kills-dozens-o… | |
[3] https://www.irrawaddy.com/news/burma/live-updates-death-toll-rises-man-pull… | |
[4] https://myanmar-now.org/en/news/exclusive-myanmar-red-cross-junta-officials… | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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