| # taz.de -- Wölfe abschießen in Spanien wieder legal: Es ist zum Heulen | |
| > In Teilen von Spanien darf wieder geschossen werden – nachdem rechte | |
| > Parteien einen Trick im Parlament angewandt haben. Dagegen soll geklagt | |
| > werden. | |
| Bild: Kann böse gucken, ist aber scheu – und attackiert normalerweise keine … | |
| San Juan del Rebollar taz | Von hier aus wurde zum letzten Mal ein Wolf von | |
| einem Jäger erlegt“, sagt José María Manzanas Cerezal und zeigt auf einen | |
| Holzverschlag mit Tür und doppelter Schießscharte auf einer Waldlichtung. | |
| Das war im April 2020.„Das Tier wurde mit Ködern gelockt. Der Jäger schoss | |
| aus dem sicheren Unterstand. Es war einer dieser Reichen aus der | |
| Hauptstadt, der das Abschussrecht gekauft hatte“, mutmaßt der 59-jährige | |
| Forstarbeiter Manzanas Cerezal, den alle unter dem Namen „Tribu“ kennen. | |
| Er unterhält die „Arche Noah“, ein kleines, privates naturkundliches Museum | |
| im nordwestspanischen San Juan del Rebollar am Rande der Sierra de la | |
| Culebra in der Provinz Zamora. Er widmet einen Großteil der Zeit dem Wolf, | |
| der seiner Meinung nach eine große Bedeutung für die Region hat. Die | |
| Besucher schickt Manzanas Cerezal gerne hier hoch zur verlassenen | |
| Holzhütte, einen knappen Kilometer vom 80 Einwohner zählenden Ort entfernt. | |
| Seit September 2021 ist in Spanien offiziell Schluss mit der Jagd auf den | |
| „lobo ibérico“, den iberischen Wolf. Ein Gesetz stellt ihn seither unter | |
| Schutz – oder besser gesagt stellte. Denn am 20. März gelang Befürworten | |
| der Jagd auf Wölfe ein Coup im spanischen Parlament. Die rechten Parteien | |
| nahmen in der zweiten Kammer, dem Senat, in ein Gesetz gegen die | |
| Lebensmittelverschwendung einen Abschnitt auf, der die Jagd auf Wölfe | |
| nördlich des Flusses Duero wieder erlaubt. Dafür erreichten sie eine | |
| Mehrheit. | |
| ## Rechte Parteien umgehen Naturschutzgesetze | |
| Wenn der Wolf Schafe reiße, sei dies Lebensmittelverschwendung: Neben der | |
| konservativen Partido Popular und [1][der rechtsextremen VOX] stimmten für | |
| die Änderung auch regionale rechte Parteien, wie die katalanische Junts | |
| oder die Baskisch-Nationalistische Partei. Der parlamentarische Trick soll | |
| verhindern, dass Naturschutzgesetze geändert werden müssen, denn das ginge | |
| nur nach langer Debatte und wissenschaftlichen Untersuchungen über den | |
| Zustand der seit dreieinhalb Jahren geschützten Spezies „canis lupus | |
| signatus“. | |
| Für Manzanas Cerezal ist die Rechtfertigung der Lebensmittelverschwendung | |
| an den Haaren herbeigezogen. „Es geht um Politik, darum, Stimmung zu machen | |
| und so Stimmen zu gewinnen“, sagt der kräftige, hochgewachsene Mann mit | |
| energischer Stimme. Die angebliche Gefahr des Wolfes für die Viehzucht sei | |
| völlig übertrieben. | |
| Der Wolf sei wichtig für das Ökosystem. Er halte Wildschweine und Rotwild | |
| in Schach, das viel Schaden auf den Feldern anrichte. „Die Parteien, die | |
| für die Wiederaufnahme der Jagd stimmten, vertreten die Interessen der | |
| Jäger und schieben dabei vor, die Viehzüchter zu verteidigen“, schimpft | |
| Manzanas Cerezal. | |
| Er will mit seiner Arche Noah sensibilisieren und „Verständnis für ein | |
| ökologisch wichtiges Tier entwickeln helfen“. Das Museum, auf einem Acker | |
| am Ortsrand errichtet, wird von vielen Kindern aus einem nahegelegen | |
| Schullandheim besucht. Manzanas Cerezal zeigt ihnen die Sammlung von Fallen | |
| und Schlingen, mit denen der Wolf jahrzehntelang getötet wurde. Er erzählt | |
| davon, wie Wölfe einst systematisch vergiftet wurden, um sie auszurotten. | |
| ## Früher wurden Jäger als Helden gefeiert | |
| Cerezal berichtet, wie bis in die 1950er Jahre erlegte Wölfe von Dorf zu | |
| Dorf gebracht wurden, um sie zur Schau zu stellen. Der stolze Jäger oder | |
| Fallensteller, oder derjenige, der dem Jäger das tote Tier abgekauft hatte, | |
| sammelte für die Heldentat Spenden bei den Schäfern. | |
| Manzanas Cerezal hat Dutzende von Schäfern hergestellte Halsbänder mit | |
| Stacheln, die die Hütehunde gegen Wolfsangriffe schützen und er kennt Sagen | |
| und volkstümliche Lieder rund um die Wölfe. „Hier in der Gegend haben wir | |
| von jeher mit ihnen gelebt. Das hat die Kultur geprägt“, sagt er. | |
| Nirgends in Spanien gibt es so viele Wölfe wie in der Region Castilla y | |
| León, zu der San Juan del Rebollar gehört. 193 Familienverbände leben hier, | |
| acht Prozent mehr als vor zehn Jahren, 46 davon in der Provinz Zamora und | |
| mindestens zehn in der Sierra de la Culebra. In Spanien gibt es laut | |
| Umweltministerium rund 300 Wolfsrudel. | |
| Die Sierra de la Culebra ist eine 700 Quadratkilometer große Bergkette, die | |
| Fläche entspricht rund einem Drittel des Harzes. Das Gelände zieht sich | |
| leicht hügelig bis zu den Bergen hin. Diese gehören zu den ältesten in | |
| Spanien. Der Gebirgszug ist abgerundet und mit Felsen bestückt. Die Wälder | |
| bestehen meist aus jungen Bäumen oder Brachflächen, denn in der Sierra de | |
| la Culebra brennt es immer wieder. 2022 fielen 30.000 Hektar den Flammen | |
| zum Opfer. | |
| ## Sie stellen sich den Wölfen in den Weg | |
| Hier, in der Region mit ihren kalten Wintern und heißen Sommern, ist | |
| Viehzucht Familientradition. So auch bei Pedro Fuentes und Tomás Garcia. | |
| Die beiden haben sich im Haus von Fuentes getroffen. Das Feuer prasselt im | |
| Kamin. „Ich habe schon seit über zehn Jahren kein Tier mehr durch Wölfe | |
| verloren“, sagt der 78-jährige Fuentes. Seit er im Rentenalter ist, hält er | |
| nur noch 150 Schafe, weniger als ein Drittel dessen, was er früher einmal | |
| sein Eigen nannte. | |
| „Nachts kommen sie entweder in einen Pferch mit Metallzaun oder in den | |
| Stall“, erklärt er. Vier spanische Mastiffs – große, starke Hunde – | |
| bewachen sie rund um die Uhr. Diese Hunde stellen sich jedem Wolf in den | |
| Weg, wenn es darum geht, das Vieh zu verteidigen. „Das hat seine Wirkung, | |
| aber auch seinen Preis“, sagt Fuentes. Jeder Hund verschlingt einen Sack | |
| Trockenfutter im Monat. | |
| Es gibt immer wieder staatliche Kampagnen, die Hunde oder Weidezäune | |
| finanziell unterstützen. Laut Viehzüchterverband erhalten die Betroffenen | |
| mehr Zuschüsse aus der Europäischen Landwirtschaftspolitik als solche ohne | |
| Hunde. Wie sich das berechnet, ist so verzwickt, dass keiner der Schäfer es | |
| genau zu sagen weiß. | |
| „Ich habe mein letztes Schaf vor zwei Wochen bei einem Wolfsübergriff | |
| verloren“, berichtet hingegen García. Der 52-Jährige hält 800 Schafe, immer | |
| im Freien. Er hat für nachts einen Elektrozaun und sieben Mastiffs, um die | |
| Herde zu bewachen, sowie fünf Hirtenhunde, um sie zu treiben. Aber eine | |
| große Herde ist leichter anzugreifen. Für gerissene Tiere gibt es von der | |
| Regionalverwaltung Entschädigung, pro Schaf 150 Euro und pro Lamm 90 Euro. | |
| Das entspricht, zumindest für Lämmer, von deren Verkauf die Viehzüchter | |
| leben, dem Marktpreis. | |
| ## Nicht alle Viehzüchter haben Angst | |
| Von einer Ausrottung des Wolfes oder wahlloser Jagd, wie sie immer wieder | |
| von Politkern gefordert wird, wollen die beiden dennoch nichts wissen. „Nur | |
| wenn nötig, zur Kontrolle, damit die Wölfe nicht überhand nehmen, oder um | |
| besonders problematische Tiere zu töten“, befürwortet García die Jagd. | |
| Angst habe er keine. Und das, obwohl er jedes Jahr mit seinen Schafen und | |
| denen von Kollegen für drei Monate in die Berge zieht. „Transhumancia“ – | |
| Weidewechsel – heißt dieser uralte Brauch. | |
| Die Schäfer leben dann bei ihren über 3.000 Schafen in Zelten, kochen im | |
| Freien, und das mitten im Wolfsgebiet. „Dank der Hunde kommen sie uns nur | |
| selten nahe“, sagt García und fügt hinzu: „Jedes Tier hat seine Funktion, | |
| auch der Wolf.“ Indem er etwa kranke Hirsche und Rehe reiße, helfe er, | |
| Epidemien beim Wild zu verhindern. Fuentes stimmt zu. | |
| Doch nicht überall sehen das die Viehzüchter so gelassen wie diese beiden | |
| in der Sierra de la Culebra. Vor allem dort, wo sich der Wolf nach | |
| Jahrzehnten wieder ansiedelt, ist die Aufregung groß. „Schuld an der | |
| aufgeheizten Stimmung haben die sozialen Netzwerke und die Presse“, erklärt | |
| Lucas Alonso. Der 23-jährige Biologe ist Spezialist für Wölfe. | |
| Es vergehe kein Tag, an dem die Regionalpresse keine Nachrichten über die | |
| Gefahr durch den Wolf verbreite. [2][„Bilder vom grausamen Wolf bringen | |
| mehr Klicks als Berichte über das Leben der Rudel“], sagt Alonso, der beim | |
| Verband zum Schutz der Wildtiere (FAPAS) arbeitet. Zugleich erforscht er | |
| für seine Doktorarbeit die Unterschiede von altangestammten Rudeln und | |
| denen, die sich in einem Gebiet neu angesiedelt haben. | |
| ## Es gibt 300 Rudel, aber wie viele Wölfe? | |
| Alonso ist dieser Tage weiter im Norden, in der Provinz León, unterwegs, | |
| hier haben die Naturschützer eine alte Mine aufgekauft, um sie wieder | |
| aufzuforsten und zum Gebiet für bedrohte Fauna werden zu lassen. „Stimmung | |
| gegen den Wolf bringt Stimmen bei den Wahlen“, sagt auch der junge Biologe, | |
| während er eine der Wildkameras von einem Baum abnimmt. Mit ihrer Hilfe | |
| dokumentiert FAPAS die Gewohnheiten von Wölfen und Bären. | |
| Für Alonso sind die offiziellen Zahlen der Wolfspopulation viel zu hoch | |
| gesetzt. Rund 300 Rudel – oder besser: Familienverbände – gebe es in | |
| Spanien. Daran zweifelt niemand. Sie leben nur noch auf einem Viertel des | |
| ursprünglichen Gebietes. Strittig ist aber, wie viele Tiere einem Verband | |
| angehören. Drei bis fünf, sagen Wissenschaftler. Das ergibt rund 1.500 | |
| Wölfe. | |
| Die Regionalregierungen, wie die in Castilla y León, gehen allerdings von | |
| acht bis neun Wölfen pro Familienverband aus. Das wären dann über 2.500 | |
| Tiere. Freiwillige – wie Alonso in seiner Studienzeit – versuchen, einen | |
| unabhängigen Zensus zu erstellen, sind aber noch zu keinem endgültigen | |
| Ergebnis gekommen. | |
| „Alleine in Castilla y León dürfte die Zahl um rund 300 Tiere überhöht | |
| sein“, sagt Alonso. Bei der Debatte im Parlament waren von der | |
| konservativen PP, die in Castilla y León regiert, gar Zahlen von über | |
| 20.000 Tieren in Spanien und Warnungen vor einer „Überbevölkerung von | |
| Wölfen“ zu hören. [3][Es sei nur eine Frage der Zeit, bis sie Menschen | |
| angreifen würden], warnten die Konservativen. Bisher sind allerdings keine | |
| Übergriffe auf Menschen bekannt. „Der Wolf ist ein äußerst scheues Tier“, | |
| sagt Alonso. | |
| ## 35 tote Nutztiere pro Tag | |
| Auch zu Attacken auf Nutzvieh gibt es unterschiedlichste Angaben. | |
| Diejenigen, die Stimmung gegen den Wolf schüren, reden von 35 am Tag in | |
| Spanien. Selbst wenn das stimmen sollte, müsse dies nicht unbedingt am Wolf | |
| liegen, wendet Alonso ein. „In Großbritannien werden Schafe gerissen, und | |
| das, obwohl es dort keine Wölfe gibt“, sagt er. | |
| Die Übeltäter sind dort nicht nur verwilderte herrenlose oder kurzfristig | |
| unbeaufsichtigte Hunde. Die Sachverständigen der Behörden, die untersuchen, | |
| ob es der Wolf war und somit eine Entschädigung fällig ist, tun sich oft | |
| sehr schwer. Bis sie vor Ort sind, ist dank der aasfressenden Geier meist | |
| nicht mehr viel vom getöteten Vieh übrig. | |
| All das sind eigentlich Punkte, die die Diskussion über den iberischen Wolf | |
| entschärfen sollten. „Dennoch kommunizieren wir bei FAPAS so wenig wie | |
| möglich über die Wölfe, um die Stimmung und den Konflikt nicht noch weiter | |
| anzuheizen“, erklärt Alonso. Wer an FAPAS denkt, denkt deshalb vor allem an | |
| Geier und Bären. Natürlich ist auch der junge Biologe gegen die Jagd. „Aber | |
| nicht etwa aus romantischen, sentimentalen Gründen, wie viele, die den Wolf | |
| verteidigen, sondern auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse“, | |
| beteuert er. | |
| Der Genpool der Wölfe in Spanien sei wenig vielfältig, und durch erneutes | |
| Jagen würde sich das noch verschärfen. Außerdem würden Untersuchungen | |
| zeigen, dass durch die Jagd auf den Wolf die Angriffe auf das Vieh nicht | |
| zurückgingen. „Im Gegenteil. Wenn alte erfahrene Tiere gejagt werden, | |
| zerstört das den Familienverband“, sagt Alonso. Die jungen Tiere hätten | |
| dann niemanden mehr, der ihnen beibringe, wie sie Hirsche oder Wildschweine | |
| erlegen. „Die orientierungslosen Wölfe suchen dann den leichten Weg zur | |
| Nahrung – und das sind eben die Lämmer“, fügt er hinzu. | |
| ## Örtliche Jäger schießen keine Wölfe | |
| Adolfo Martín, der Vorsitzende des örtlichen Jagdvereins in San Juan del | |
| Rebollar, stimmt dem zu. „Wenn der Wolf wieder gejagt werden darf, dann | |
| bekommen wir in jedem Jagdrevier – so wie jetzt bei Hirschen und Rehen – | |
| auch für Wölfe eine Abschussquote. Aber niemand untersucht vorher, welches | |
| Tier geopfert werden soll und kann. Es geht nur um Zahlen“, sagt der | |
| 35-Jährige, der wie Manzanas Cerezal in der Forstwirtschaft tätig ist. | |
| Die Jagdreviere entsprechen üblicherweise der Gemarkung des jeweiligen | |
| Dorfes. Dem Jagdverein kann beitreten, wer im Dorf gemeldet ist. In San | |
| Juan del Rebollar sind 30 der rund 80 Einwohner Mitglied. Was überrascht: | |
| „Wir jagen das Großwild – Hirsche und Rehe – auf unserem Gebiet gar nicht | |
| selbst“, sagt Martín. Die örtlichen Jäger gehen nur auf Rebhühner, Hasen | |
| oder Wildschweine. Die Abschussrechte für Großwild werden vom Jagdverein | |
| verkauft. | |
| „Damit zahlen wir unsere Ausgaben, etwa Versicherungen“, erklärt er. Und | |
| wenn etwas übrig bliebe, komme dies dem ganzen Dorf zu Gute. So habe der | |
| Jagdverein im vergangenen Jahr Tische und Stühle für das Dorffest | |
| finanziert. „Egoistisch gesehen kommt uns die Wolfsjagd zu Gute. Wir können | |
| 3.000 bis 6.000 Euro mehr im Jahr einnehmen. So viel ist die Abschusslizenz | |
| für einen Wolf bei Versteigerungen wert“, sagt Martín. | |
| Gekauft würden die Abschussrechte für Hirsche, Rehe und bald auch wieder | |
| für den Wolf von „Reichen aus der Stadt“. Viele kommen freitags an und | |
| reisen sonntags wieder ab. Um erfolgreich zu sein, nehmen sie Leute von vor | |
| Ort unter Vertrag, die sie zum Wild führen. | |
| ## Wolfsjagd nicht nötig für Geld | |
| Als die Wolfsjagd erlaubt war, wurden sie angefüttert, das erhöhte die | |
| Erfolgsquote für den angereisten, zahlenden Schützen. „Mit Jagd hat dies | |
| nur noch wenig zu tun. Und mit fundierter Kontrolle der Großwildbestände | |
| schon gar nicht“, fasst Vereinschef Martín zusammen. | |
| Dabei ist nicht nötig, den Wolf zu jagen, damit er Geld in die Dörfer | |
| bringt. Die Sierra de la Culebra zieht naturliebende Touristen an. Und | |
| [4][das umstrittene Tier] ist das Aushängeschild schlechthin. Die gesamte | |
| Region nutzt für ihre Werbung Bilder von Wölfen – sei es in Restaurants, | |
| Geschäften oder auf Ortsschildern. | |
| Javier Talegón steht auf einem Fahrweg in der Sierra und baut bei | |
| Tagesanbruch drei Fernrohre auf – eines für sich und zwei für die beiden | |
| Touristen aus Madrid, die er heute führt. Von hier können die drei Dutzende | |
| Quadratkilometer eines menschenleeren Tals überblicken und hoffen, hier | |
| lebende Rudel zu erspähen. | |
| Der 50-jährige Biologe bietet seit 2013 solche Wolfsbeobachtungen an „Ich | |
| habe fast jeden Tag Kunden. Ungefähr jede dritte Exkursion ist | |
| erfolgreich“, erklärt Talegón, mit gedämpfter Stimme, um das Wild nicht zu | |
| verschrecken. Gegen zehn Uhr am Vormittag ist Schluss, denn dann zieht sich | |
| der Wolf bis zum Sonnenuntergang zurück. | |
| ## Wolfsjagd schadet Tourismus | |
| „Wenn der Wolf wieder gejagt wird, macht dies die Beobachtung schwieriger, | |
| die Tiere werden sich verstecken“, ist Talegón sicher. Außerdem würden sie | |
| dann wieder angefüttert: Man lockt die Tiere in schwer einsehbare Gebiete, | |
| wo der Jäger seinem Handwerk unbeobachtet nachgehen kann. „Entführung“, | |
| nennt der Biologe das. | |
| Bevor Talegón Touristen führte, hat er für die Verwaltung Viehschäden | |
| dokumentiert. Dann schaut er wieder durch das Fernrohr. Wölfe sichten er | |
| und seine beiden Kunden heute keine. Nur Hirsche und Rehe weiden auf den | |
| Lichtungen, doch Spuren und Kot verraten, dass es hier Wölfe gibt. | |
| Auch Talegón will sensibilisieren. „Der Wolf braucht eine kritische | |
| Gesellschaft, [5][die Naturschutz zur Priorität] macht und lernt, mit den | |
| Tieren zu leben“, sagt er. Noch ist der Biologe optimistisch. Das | |
| Lebensmittelgesetz sei ein Trick, der vor Gericht kaum Bestand haben werde. | |
| Auch inwiefern es gegen EU-Recht, das das Abschießen von Wölfen bislang | |
| grundsätzlich verbietet, verstößt, ist unklar. | |
| Talegón verweist darauf, dass mehrere Naturschutzverbände Klagen | |
| vorbereiteten. „Um zu jagen, muss das Gesetz für Artenschutz geändert | |
| werden, und das ist nicht so leicht. Dafür muss nachgewiesen werden, dass | |
| der Wolf keine bedrohte Tierart mehr ist“, glaubt er und hofft: „Das | |
| parlamentarische Getrickse für die Wolfsjagd wird vor dem | |
| Verfassungsgericht keinen Bestand haben“. Nachdenklich fügt er hinzu: „Ich | |
| hoffe, dass ich mich da nicht täusche.“ | |
| 4 Apr 2025 | |
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| Reiner Wandler | |
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