# taz.de -- Erdbeben in Südostasien: „Unser Haus ist eingestürzt“ | |
> Allein in Myanmar fordert ein Beben mindestens 144 Todesopfer und | |
> hunderte Verletzte. Experten warnen vor möglichen weiteren Erdstößen. | |
Bild: Rettungskräfte arbeiten an einem Gebäude, das nach einem starken Erdbeb… | |
Köln taz | Ein schweres Erdbeben hat am Freitag Teile von Südostasien | |
erschüttert. Betroffen von dem Beben der Stärke 7,7 ist vor allem Myanmar, | |
genauer gesagt die Stadt Mandalay, die benachbarte Region Sagaing sowie | |
auch die einige Hundert Kilometer entfernte Hauptstadt Naypyidaw. Ersten | |
Angaben zufolge sind allein in Myanmar mindestens 144 Todesopfer und mehr | |
als 730 Verletzte verzeichnet worden. | |
Auf YouTube, Facebook und Instagram hochgeladene Fotos und Videos zeigen | |
aufgerissene Straßen und eingestürzte oder zur Seite gekippte Gebäude. | |
Dramatisch ist der Einsturz der 1.128 Meter langen Ava Brücke über den | |
Fluss Irrawaddy. Ein Video des Kollapses der historischen Brücke mit ihren | |
16 stählernen Bögen geht in den sozialen Medien viral. | |
Thura Zin, (Name geändert, Anm. d. Red.), macht sich Sorgen um seine | |
Familie in Mandalay. „Unser Haus ist eingestürzt“, sagt der junge Mann | |
telefonisch der taz. Aber niemand von seiner Familie sei verletzt worden. | |
Genaues weiß Thura Zin jedoch nicht. Um seine Angehörigen nicht zu | |
gefährden, kann der in Bangkok lebende junge Mann nicht direkt mit ihnen | |
kommunizieren. Er ist wehrpflichtig und die Junta droht Familienangehörigen | |
mit Inhaftierung und Beschlagnahmung von Vermögenswerten, wenn sich | |
Migranten durch den Aufenthalt im Ausland dem Wehrdienst entziehen. | |
Mandalay ist die vielleicht kulturell und religiös bedeutsamste Stadt | |
Myanmars. Im 19. Jahrhundert war sie die Hauptstadt des damaligen | |
Königreichs Birma. Bis heute sind Mandalay und die Region Sagaing das | |
Zentrum des birmanischen Buddhismus – mit hunderten farbenprächtigen | |
Klöstern und Pagoden in Mandalay sowie in den umliegenden Hügeln. | |
## Stützen der Armee | |
Die Region ist aber auch das Kernland der Mehrheitsethnie der Birmanen. | |
Jahrzehntelang waren sie die Stützen der Armee und der diversen | |
Militärdiktaturen seit dem Putsch von 1962. Das hat sich aber spätestens | |
seit dem [1][Putsch vom 1. Februar 2021] völlig geändert. | |
Zusammen mit vielen ethnischen Minderheiten Myanmars haben sie dem Regime | |
die rote Karte gezeigt und sich mehrheitlich dem bewaffneten Kampf gegen | |
die Junta angeschlossen. Der Widerstand kontrolliert bereits rund die | |
Hälfte des Landes und hat seit Ende 2024 den Kampf auch nach Sagaing und | |
die [2][Region Mandalay] getragen. | |
Für die ohnehin durch den bewaffneten Widerstand militärisch [3][sehr | |
geschwächte Junta] ist das Erdbeben auch eine politische Katastrophe. In | |
Myanmar herrscht Bürgerkrieg, viele Gebiete sind schwer zugänglich und es | |
ist nicht klar, welche Hilfsmaßnahmen das Militär leisten könnte. | |
Diplomatische Initiativen zur friedlichen Lösung des Konflikts ignorierte | |
die Junta bisher stoisch. Die höchst ungewöhnliche Bitte der Junta um | |
internationale Hilfe wenige Stunden nach den Erdstößen wird daher als | |
Eingeständnis gesehen, selbst weder finanziell noch organisatorisch für | |
Hilfe sorgen zu können. | |
Die Menschenrechtsorganisation „Burma Campaign UK“ betonte am Freitag auf | |
X: „Regierungen und Organisationen, die der Bevölkerung Burmas nach dem | |
Erdbeben helfen wollen, müssen sich darüber im Klaren sein, dass es im Land | |
mehrere Regierungen gibt. Die Bevölkerung wehrt sich gegen die burmesische | |
Militärbesatzung. Die Hilfe sollte sich nicht nur auf die vom burmesischen | |
Militär besetzten Gebiete beschränken.“ | |
## Millionen auf der Flucht | |
In Myanmar sind mehr als 3,5 Millionen Menschen auf der Flucht vor dem | |
Bürgerkrieg. Hilfslieferungen in die Lager der Flüchtlinge werden immer | |
wieder von der Armee behindert oder gar ganz unterbunden. | |
Unter den Toten sind laut myanmarischer Exilmedien auch mindestens fünf | |
Kinder, die bei dem Einsturz eines buddhistischen Klosters in Taungoo | |
gestorben sein sollen. Bei dem Einsturz einer Moschee ebenfalls in Taungoo | |
seien 14 Menschen ums Leben gekommen. Berichten zufolge sei der Andrang von | |
Verletzten in einem Krankenhaus in Naypyidaw so groß, dass viele Verletzte | |
bereits im Freien behandelt werden müssten. | |
Das Erdbeben war auch in den Nachbarländern Indien, China, Laos und vor | |
allem Thailand (bis zum Abend wurden drei Tote gemeldet) zu spüren. In mehr | |
als 1.200 Kilometer entfernten Bangkok stürzte der Neubau eines Hochhauses | |
ein und verschüttete Dutzende Arbeiter. Die Erde erzitterte in der | |
thailändischen Metropole so stark, dass aus den Swimmingpools auf den | |
Dächern von Hochhäusern das Wasser in die Tiefe schwappte. | |
Eine 82 Jahre alte Deutsche, die seit Jahren in Bangkok lebt, erzählt: | |
„Erst dachte ich, mir sei schwindlig, bis die Uhrpendel an die Wand | |
schlugen und die Schiebetüren von selbst auf und zu gingen. Es war heftig. | |
In meinem Appartement gab es keine Schäden, dafür einige leichtere in | |
unserem Wohnhaus.“ Auf eine Evakuierung habe sie verzichtet. „Der Fahrstuhl | |
war abgestellt und zu Fuß hätte ich es mit meiner Gehbehinderung nicht vom | |
12. Stock hinunter ins Freie geschafft.“ | |
Das Epizentrum des Bebens vom Freitag habe nach Angaben des GFZ | |
Helmholtz-Zentrums für Geoforschung in Potsdam in der Sagaing-Verwerfung | |
gelegen, wo sich auch die Stadt Mandalay befindet. Hier treffen die die | |
Indische Kontinentalplatte und die Eurasische Platte aufeinander. Die | |
Sagaing-Verwerfung – Seismologen gehen von einer Bruchlänge von mehr als | |
100 Kilometern aus – gehört zu den geologisch gefährlichsten Gebieten | |
Myanmars. Die Erdbebenexperten warnen vor der Möglichkeit weiterer schwerer | |
Beben. | |
28 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Militaer-nach-Putsch-in-Myanmar/!5751221 | |
[2] /Mandalay/!t5753393 | |
[3] /Unabhaengigkeitstag-in-Myanmar/!5979951 | |
## AUTOREN | |
Robert Lenz | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Myanmar | |
Thailand | |
Erdbeben | |
GNS | |
Mandalay | |
Junta | |
Schwerpunkt Myanmar | |
Schwerpunkt Myanmar | |
Thailand | |
Schwerpunkt Myanmar | |
Schwerpunkt Myanmar | |
Vietnam | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Erdbebenkatastrophe in Myanmar: Taktisches Manöver der Militärjunta | |
Es ist erfreulich, dass das Regime in Myanmar um internationale Hilfe | |
bittet. Aber es sollte jetzt nicht durch Kooperation aufgewertet werden. | |
Erdbeben in Myanmar und Thailand: Mindestens 1700 Tote | |
Nach einer schweren Naturkatastrophe am Freitag in Myanmar und Thailand | |
läuft die internationale Hilfe an. Am Sonntag bebte auch auf Tonga die | |
Erde. | |
Schwere Erdbeben in Südostasien: Mehr als 1.600 Tote in Myanmar bestätigt | |
Im vom Bürgerkrieg geplagten Myanmar ist die Lage unübersichtlich. Experten | |
fürchten, dass die Opferzahlen noch stark steigen werden. In Bangkok bangt | |
man um verschüttete Arbeiter unter Hochhaustrümmern. | |
Vier Jahre nach dem Putsch in Myanmar: „Die Schlacht um das Kernland der Birm… | |
Die Militärjunta gerät zunehmend in die Defensive, doch die vielen | |
Rebellengruppen haben unterschiedliche Interessen und kein einheitliches | |
Kommando. | |
Widerstand in Myanmar: Der Druck auf die Putschjunta wächst | |
Ein Sammelsurium von Rebellengruppen fährt eine erstaunlich erfolgreiche | |
Offensive. Damit bringt es die Militärjunta in Schwierigkeiten. | |
Überflutungen in Südostasien: 200 Tote nach Taifun in Vietnam | |
In Vietnam steigt die Zahl der Toten nach dem Taifun „Yagi“. Auch | |
Nachbarländer melden große Überflutungen durch sehr starken Regen. |