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# taz.de -- Widerstand in Gaza: Ein Weckruf gegen die Hamas
> Die Proteste gegen die Hamas im Gazastreifen stellen eine westliche
> Erzählung infrage. Die Menschen in Gaza sind mehr als ihre Unterdrücker.
Bild: Palästinenser protestieren in Beit Lahia im nördlichen Gazastreifen fü…
Die jüngsten [1][Proteste gegen die Hamas] im Gazastreifen sind nicht nur
ein kraftvoller Akt des Widerstands. Sie stellen verkürzte und
vorherrschende Erzählungen infrage, die in den vergangenen 18 Monaten dazu
dienten, die Bewohner des Gazastreifens zu entmenschlichen. Die Proteste
machen deutlich: Die Menschen im Gazastreifen sind weder geschlossen
Hamas-treu noch bloße Opfer des Kriegs. Sie sind Akteure ihrer eigenen
Zukunft und fordern aktiv ihre Handlungsfähigkeit zurück.
Die Botschaft der Demonstrierenden ist eindeutig: Die Menschen wollen ein
Ende des Kriegs, die Rückkehr ihrer Geiseln, die Absetzung der Hamas und
die Möglichkeit, ihre Stadt mit eigenen Händen wiederaufzubauen.
Dabei handelt es sich nicht um abstrakte, ideologische Forderungen, sondern
um praktische, humanitäre Anliegen. Die Demonstrierenden fordern die
Rückkehr zur Normalität, die [2][Beendigung der Gewalt], die seit Monaten
auf ihre Häuser niedergeht, und den Wiederaufbau des Gazastreifens – nicht
im Schatten ausländischer Interventionen, sondern durch die Palästinenser
selbst.
Es ist ein Aufruf zur Autonomie und dazu, dass die Zukunft des
Gazastreifens von seiner Bevölkerung bestimmt wird – nicht von externen
Mächten oder den gewalttätigen Ambitionen eines extremistischen Regimes.
Sie fordern nicht nur ein Ende der Hamas-Herrschaft, sondern auch die
Möglichkeit, ihre Stadt wiederaufzubauen, ihre Wunden zu heilen und ohne
die ständige Bedrohung durch den Krieg zu leben.
## Protest ist lebensgefährlich
Dabei muss man sich darüber im Klaren sein, dass bereits der bloße Akt des
Protests unter dem Hamas-Regime [3][eine lebensgefährliche Entscheidung
ist]. In den vergangenen Monaten hat die Hamas auf abweichende Meinungen
mit extremer Gewalt reagiert.
Die Ermordung von Oday Nasser al-Rabay – einem 22-jährigen Demonstranten,
der zu Tode gefoltert wurde, nur weil er ein Ende der Hamas-Herrschaft und
des Kriegs gefordert hatte – verdeutlicht die brutale Vorgehensweise, mit
der die Hamas Andersdenkende unterdrückt. Für jede Person, die es wagt,
ihre Stimme zu erheben, gibt es unzählige andere, die aus Angst vor den
grausamen Konsequenzen schweigen.
Die Demonstrierenden – junge und alte Menschen, Männer und Frauen – senden
nicht nur eine Botschaft an die Hamas, sondern an die ganze Welt: Der Krieg
bestimmt nicht, wer sie sind, und sie stehen nicht auf der Seite derer, die
sie gefangen halten. Diese Proteste entlarven die intellektuelle
Unaufrichtigkeit einer Erzählung, die alle Bewohner des Gazastreifens
entweder als Mittäter oder als Opfer der Hamas-Gewalt einstuft.
Die anhaltende mediale Darstellung der Bevölkerung des Gazastreifens als
entweder Anhänger von Terroristen oder hilflose Opfer des israelischen
Militärs diente dazu, die gesamte Bevölkerung zu entmenschlichen. Diese
vereinfachende Sichtweise untergräbt die Handlungsfähigkeit der Menschen,
die sich nicht der radikalen Ideologie der Hamas anschließen.
Ebenso beunruhigend ist die Scheinheiligkeit innerhalb der internationalen
„propalästinensischen“ Bewegungen. Seit 18 Monaten werden die Stimmen der
Menschen in Gaza, die alles riskieren, um sich von der Hamas zu befreien,
in der weltweiten Diskussion meist ignoriert oder abgetan. Die Ermordung
von Oday Nasser al-Rabay durch die Hamas etwa blieb von internationalen
Aktivistinnen und Aktivisten meist unbemerkt.
Als jedoch Personen wie Mahmoud Khalil – ein Student der New Yorker
Columbia University – aufgrund ihres Aktivismus für Palästina im Westen
inhaftiert wurden, [4][kam es zu Protesten], die seine Freilassung
forderten. Das Schweigen angesichts der Proteste in Gaza und die fehlende
Empörung über den Tod junger Demonstrierender sind ein Armutszeugnis
für die selektive Solidarität, die den globalen Diskurs durchdrungen hat.
Widerstand gegen die Hamas wird ignoriert, weil er [5][nicht in den
ideologischen Rahmen vieler passt], die behaupten, sich für die Rechte der
Palästinenser einzusetzen.
Die Ironie ist offenkundig: Die Hamas hat lange Zeit von der Unterstützung
bestimmter Lager innerhalb der propalästinensischen Bewegung im Westen
profitiert. Die Gleichsetzung der palästinensischen Bevölkerung mit der
Hamas hat unbewusst die Erzählung dieser Gruppe und damit ihre
Vorherrschaft im Gazastreifen gestärkt.
## Wandel in der propalästinensischen Bewegung notwendig
Damit die Proteste in Gaza jedoch ihre Ziele – Frieden, Autonomie und ein
Ende der Hamas-Herrschaft – erreichen können, muss diese Beziehung neu
bewertet werden. Die propalästinensische Bewegung im Westen muss öffentlich
ihre Verurteilung der Hamas signalisieren und die Forderungen der
Demonstrierenden in Gaza anerkennen: ein Ende des Kriegs, die sichere
Rückkehr der Geiseln und die Vertreibung der Hamas aus Gaza.
Ohne diesen Wandel in der Rhetorik und Solidarität werden die Rufe des
Gazastreifens nach Frieden und Gerechtigkeit weiterhin von einer globalen
Bewegung übertönt, die es versäumt hat, zwischen den Menschen im
Gazastreifen und dem Gewaltregime, das sie unterdrückt, zu unterscheiden.
Die Menschen in Gaza sind nicht einfach nur Spielfiguren in einem größeren
ideologischen Kampf. Sie sind Individuen, Familien und Gemeinschaften, die
für ihr Recht kämpfen, in Frieden zu leben, ihre Häuser wiederaufzubauen
und ihre Zukunft selbst zu bestimmen.
Wenn die propalästinensische Bewegung – insbesondere im Westen – den
Gazastreifen wirklich wirksam unterstützen will, muss sie die deutliche
Stimme der Menschen vor Ort endlich anerkennen und die Komplizenschaft mit
der Hamas zurückweisen. Nur durch diesen entscheidenden Wandel in der
Solidarität kann der Freiheitskampf des Gazastreifens verstanden werden
und – was eigentlich noch wichtiger ist – seine Ziele erreichen.
Übersetzung: Konstantin Nowotny
22 Apr 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Hamza Howidy
Konstantin Nowotny
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