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# taz.de -- Sportlicher Koalitionsvertrag: Goldene Träume von Olympia
> In der neuen Bundesregierung soll der Sport Chefsache werden. Eine
> grauenhafte Vorstellung. Denn davon versteht der künftige Chef
> nachweislich wenig.
Bild: Wenn sich der Chef unter das Volk mischt: Friedrich Merz mit BVB-Schal un…
Deutschland bekommt also einen Sportminister – oder eine Sportministerin.
Im Kanzleramt soll ein Staatsministerium eingerichtet werden. So sieht es
[1][der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD] vor. Der Sport werde zur
Chefsache, wurde landauf, landab getitelt. Chefsache? Das wäre erst mal
keine gute Nachricht. Denn der Chef, Friedrich Merz, hat im Wahlkampf
keinen Zweifel daran gelassen, dass er von den Vorgängen im deutschen Sport
keine Ahnung hat. Die Bundesjugendspiele sollten wieder eingeführt werden,
krakelte er, es solle wieder Siegerurkunden geben.
Es hatte zwar eine [2][Reform der Bundesjugendspiele] gegeben, abschaffen
wollte den Schülerinnenwettbewerb aber niemand. Und auch Siegerurkunden
gibt es immer noch. Egal! Für donnernden Applaus unter seinen Fans reichte
es allemal.
Es kann einem also nur grausen, wenn der Sport zur Sache eines Chefs wird,
der sich für die Forderung, dass man die Jugend nicht mehr in Watte packen
solle, feiern lässt. Dass im Koalitionsvertrag nun steht, dass
„Bundesjugendspiele wichtige Institutionen sind, um Kinder und Jugendliche
für den Leistungssport zu begeistern und an den Wettbewerbsgedanken
heranzuführen“ ist in politische Bündnissprache gegossene Stammtischhetze
gegen die faule Jugend von heute.
Es kann schon sein, dass am Ende alles nicht so schlimm kommt, wie es Merz’
schwarzpädagogische Einlassungen aus dem Wahlkampf andeuten. Im
Koalitionsvertrag stehen schließlich auch ein paar nette Worte über
Mutterschutz für Profisportlerinnen, die Stärkung der Sichtbarkeit von
Frauensport und die Inklusion von benachteiligten Bevölkerungsgruppen.
## Wo bleibt die Idee?
Und doch wird aus dem Papier klar, dass der Sport von oben gedacht wird.
Medaillen sollen her, [3][und die Olympischen Spiele sollen nach
Deutschland] geholt werden. Die Spitzensportler werden weiter haufenweise
in Uniformen von Bundeswehr, Bundespolizei und Zoll gesteckt und dafür
bezahlt, um mit Staatsinsignien auf den Klamotten Nationalmarketing zu
betreiben. Eine Idee, wie das mit dem Medaillensammeln und dem Zuschlag für
die Ausrichtung von Olympischen Spielen klappen könnte, sucht man
vergeblich im Koalitionsvertrag.
Da ist man angewiesen auf die Expertise des Deutschen Olympischen
Sportbunds. Der hat am Tag, als der Koalitionsvertrag veröffentlicht wurde,
beschlossen, erst 2026 zu entscheiden, mit welchem Konzept und welcher
Stadt oder Region er sich für die Spiele bewerben möchte. Die Koalitionäre
haben in ihren Vertrag geschrieben, die Spiele sollen „insbesondere
hinsichtlich der Auswahl der Wettkampfstätten zu einem Fest für ganz
Deutschland“ werden, was nun auch keinen Hinweis liefert. Das ist gewiss
kein Wunder. Ausgehandelt haben den Vertrag ja auch Repräsentanten der vier
möglichen Bewerberregionen Rhein-Ruhr, Hamburg, Berlin und München.
Ob Deutschland so zu einer goldmedaillenglänzenden Sportnation werden kann?
Vielleicht bräuchte es eher einen Ansatz, der den Sport von unter her
denkt. In den Entwürfen des Koalitionsvertrags war noch die Rede davon,
dass jedes Jahr 1 Milliarde Euro in den Bau und die Sanierung von
Sportstätten investiert werden sollen. Jetzt ist von insgesamt 1
Milliarde die Rede. So viel schießt der Bund in etwa schon jetzt zu. In
dieser Hinsicht ist der Koalitionsvertrag eine herbe Enttäuschung für den
Sport.
11 Apr 2025
## LINKS
[1] https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag_2025.pdf
[2] /Debatte-um-Bundesjugendspiele/!5953373
[3] /Deutsche-Olympiabewerbung/!6023676
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
## TAGS
Kolumne Press-Schlag
Koalitionsvertrag
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Bewerbung
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Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Schulsport
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