# taz.de -- Sexualisierter Missbrauch: Empörung über geplantes Ende des Missb… | |
> Bundesfamilienministerium will Fonds für Betroffene sexualisierter Gewalt | |
> einstellen. Missbrauchsbeauftragte fordert ein rechtssicheres | |
> Nachfolgemodell. | |
Bild: Menschen müssen in Kindheit und Jugend ausreichend vor sexualisierter Ge… | |
Berlin taz | Das Hilfesystem [1][Fonds Sexueller Missbrauch] steht vor dem | |
Aus. Das sagte die Unabhängige Beauftrage der Bundesregierung gegen | |
sexuellen Missbrauch, Kerstin Claus, am Freitag in Berlin. Weil der Fonds | |
laut Bundesrechnungshof nicht haushaltskonform ist, hatte das | |
Bundesfamilienministerium bereits zum 1. Januar neue Richtlinien erlassen. | |
Diese besagen, dass die Strukturen des Hilfesystems bis 2028 ohne Ersatz | |
eingestellt werden. Claus spricht von einem „desaströsen Signal der | |
Politik“. | |
Der Fonds Sexueller Missbrauch ist eine zentrale Anlaufstelle für Menschen, | |
die in ihrer Kindheit oder Jugend sexualisierte Gewalt erlitten haben. Für | |
viele Betroffene kommen gesetzliche Hilfen zum Beispiel durch das | |
Opferentschädigungsgesetz etwa aufgrund mangelnder Beweise nicht in Frage. | |
Über das ergänzende Hilfesystem können Betroffene jedoch Unterstützung | |
beantragen, die niedrigschwellig und individuell auf sie zugeschnitten ist. | |
So können beispielsweise Therapiestunden oder Aus- und | |
Weiterbildungsmaßnahmen finanziert werden. Oft erhalten Betroffene außerdem | |
finanzielle Unterstützung beim Umzug, wenn sie den Ort verlassen möchten, | |
an dem sie sexualisierte Gewalt erfahren haben. Seit seiner Gründung 2013 | |
hat der Fonds Sexueller Missbrauch über 33.500 Betroffene unterstützt. | |
Mit den neuen Richtlinien können Erstanträge nur noch bis zum 31. August | |
2025 gestellt werden. Leistungsbewilligungen werden noch bis Ende des | |
Jahres ausgestellt. Auszahlungen für Betroffene soll es noch bis Ende 2028 | |
geben. Allerdings hält Claus bereits die finanzielle Deckung aller | |
Leistungen bis zu diesem Zeitpunkt für unsicher. Hinzu kommt, dass | |
Vorauszahlungen durch den Fonds ab sofort nicht mehr möglich sind. | |
Antragstellende müssen demnach selbst in Vorleistung gehen, was einen | |
großen Anteil der Betroffenen von der Unterstützung ausschließt. Auch für | |
bereits bewilligte Leistungen müssen Betroffene selbst in Vorleistung | |
gehen. | |
## Debatte über ein alternatives Modell unmöglich gemacht | |
Dass der Fonds Sexueller Missbrauch nicht vom Bundeshaushalt gedeckt ist, | |
hatte der Bundesrechnungshof bereits im Frühjahr 2024 festgestellt und das | |
Bundesfamilienministerium zum Handeln aufgefordert. Das | |
Bundesfamilienministerium erließ daraufhin die neuen Richtlinien – zunächst | |
allerdings ohne die Bundesbeauftragte Claus und den Fonds selbst darüber in | |
Kenntnis zu setzen. | |
Claus sagte am Freitag, sie sei vor kurzem schließlich vor vollendete | |
Tatsachen gestellt worden. Dies habe eine Debatte über ein alternatives | |
Modell unmöglich gemacht. Tamara Luding vom Betroffenenrat sagte, die | |
fehlende Kommunikation sei „ein Skandal“. Fachberatungsstellen könnten | |
Betroffenen zurzeit keine klare Auskunft über die Zukunft des Hilfsangebots | |
machen. Dadurch ginge das Vertrauen in Beratungsstrukturen verloren, so | |
Luding. | |
Claus fordert nun die Aufnahme eines rechtssicheren Nachfolgemodells in den | |
Koalitionsvertrag. Die künftige Regierung dürfe sich nicht aus der | |
Verantwortung ziehen. Matthias Katsch von der [2][Unabhängigen Kommission | |
zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs] stellte klar: „Der Staat | |
trägt die Verantwortung dafür, dass Menschen in Kindheit und Jugend | |
ausreichend vor sexualisierter Gewalt geschützt werden. Er hat dabei in | |
vielen Fällen versagt.“ Das ergänzende Hilfesystem sei „absolut notwendig… | |
und müsse „nicht abgewickelt, sondern weiterentwickelt werden“, so Katsch. | |
Claus besteht zudem auf einer Folgekostenstudie zu sexualisierter Gewalt. | |
Sie weist darauf hin, dass die Kosten für die Finanzierung des Fonds nicht | |
im Verhältnis zu den Folgekosten sexualisierter Gewalt stünden. Fehlende | |
Unterstützung führe für viele Betroffene zu Arbeitsunfähigkeit. Ein | |
ergänzendes Hilfesystem sei auch eine Investition, um deutlich höhere | |
Kosten, zum Beispiel für den Bezug von Sozialleistungen, zu vermeiden. | |
14 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.fonds-missbrauch.de/ | |
[2] https://www.aufarbeitungskommission.de/ | |
## AUTOREN | |
Sarah Schubert | |
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