Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Berlins CDU-Justizsenatorin Badenberg: Tierschutzbeauftragte auf de…
> Die Berliner Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz stellt die
> Landestierschutzbeauftragte ohne Angabe von Gründen vom Dienst frei.
Bild: Auf Konfrontationskurs: Berlins Justiz- und Verbraucherschutzsenatorin Fe…
Berlin taz | Erst wurde der unbequem gewordenen
Landestierschutzbeauftragten Kathrin Herrmann das Geld gestrichen, dann
ging es ihren Konzepten an den Kragen – nun soll sie selbst kaltgestellt
werden. Angesiedelt ist Herrmanns Stabsstelle in der Senatsverwaltung für
Justiz und Verbraucherschutz. Und die will in ihrem Fall offenkundig jetzt
kurzen Prozess machen.
Wie es aus mit den Vorgängen vertrauten Kreisen im Haus von CDU-Senatorin
Felor Badenberg heißt, sei Herrmann Ende vergangener Woche von ihren
dienstlichen Pflichten freigestellt worden sein. In der Zeit ihrer
Freistellung dürfe sie demnach nicht als Landestierschutzbeauftragte tätig
werden oder auftreten. Das alles wohlgemerkt ohne Angabe von Gründen.
Die Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz will die
Informationen auf taz-Anfrage weder bestätigen noch dementieren. „Zu
Personaleinzelangelegenheiten äußern wir uns grundsätzlich nicht“, teilt
eine Sprecherin knapp mit. Kathrin Herrmann reagierte auf Nachfrage nicht.
Unbestritten ist, dass die Fronten verhärtet sind. Auch und vor allem, weil
dem Vernehmen nach nicht abschließend geklärt ist, ob die
Landestierschutzbeauftragte unabhängig agieren und im Zweifelsfall auch der
Hausspitze widersprechen darf oder in dieser Hinsicht weisungsgebunden ist.
Herrmann hatte in der Vergangenheit stets darauf bestanden, ihre Positionen
deutlich zu machen – und das auch getan.
## Rauer Wind in der Verwaltung
Die Tiermedizinerin Herrmann wurde im November 2020 noch unter dem
damaligen Justiz- und Verbraucherschutzsenator Dirk Behrendt von den Grünen
berufen. Behrendt nannte sie „eine starke Stimme für alle Berlinerinnen und
Berliner, denen der Tierschutz eine Herzensangelegenheit ist“. [1][Gegen
Tierversuche, für die Förderung von tierfreien Forschungsprojekten]: Das
war und ist ihre Linie.
Tierschützer:innen loben bis heute Herrmanns Engagement. Auch der Senat
förderte lange ihre Arbeit – bis nach der Wiederholungswahl 2023
Schwarz-Rot ans Ruder kam. Unter der seither zuständigen Senatorin Felor
Badenberg drehte sich der Wind für Herrmann.
„Nach dem Amtsantritt von Badenberg wurde im Haus schnell verbreitet, dass
sie nerve, dass sie sogar aktivistisch unterwegs sei, eine irrationale
Tierliebhaberin wie die Mitarbeiter:innen bei den von ihr geförderten
Projekten. Das alles stimmt nicht“, sagt eine Unterstützerin von Herrmann,
die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, zur taz.
## Faktisch mittellose Stabsstelle
Spätestens als es ums Geld ging, lagen die Tierschutzbeauftragte und die
neue Hausleitung über Kreuz. So kürzte Badenberg Herrmanns Budget im
vergangenen Jahr auf nachgerade radikale Art. Standen ihrer Stabsstelle
zuvor alles in allem rund 400.000 Euro im Jahr zur Verfügung, [2][die
Hälfte davon für das sogenannte Stadttauben-Management], blieben jetzt nur
noch 19.000 Euro übrig. Also so gut wie nichts.
Herrmann protestierte öffentlich. Ebenso wie gegen den Versuch der
Verwaltung, das Konzept zum tierschutzgerechten Stadttauben-Management als
solches über den Haufen zu werfen. Das sah vor, die Taubenpopulation zu
reduzieren, indem unter anderem [3][stadtweit betreute Taubenschläge]
eingerichtet werden. In diesen sollten die Tauben kontrolliert gefüttert
und die Eier gegen Attrappen ausgetauscht werden.
Braucht Berlin nicht, befand die Hausleitung. Und erklärte stattdessen die
Abgabe einer „Taubenpille“ oder die Ansiedlung natürlicher Fressfeinde zu
den bevorzugten Mitteln der Populationsbegrenzung. Tierschützer:innen
sprachen von Methoden, „die nachweislich unwirksam, möglicherweise sogar
tierschutzwidrig sind“. Herrmann nannte die Fressfeindansiedlung seinerzeit
„nicht zielführend“.
Dass es früher oder später knallen würde, war absehbar. Mitte Januar war es
soweit. Insgesamt vier Abmahnungen auf einmal soll Herrmann von der
Hausleitung bekommen haben, teils wegen angeblicher Verstöße, die bis zu
neun Monate zurückliegen. Wie der RBB berichtet, geht die
Tierschutzbeauftragte nun gerichtlich gegen die Abmahnungen und die
Freistellung vor.
## Kritik von den Grünen, Gratismut bei der SPD
Der Vorgang beschäftigt inzwischen auch das Abgeordnetenhaus. Die
Freistellung sei „nicht hinnehmbar“, kritisiert etwa der
tierschutzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Stefan Taschner.
Offensichtlich wolle „man eine unliebsame Stimme für den Tierschutz mundtot
machen, die immer wieder den Finger in die Wunde der verheerenden
Tierschutzpolitik des Senates legt“.
Zurückhaltender reagiert die mitregierende SPD, für die sich mit dem
Versuch, Herrmann aus dem Amt zu drängen, „viele Fragen zur strukturellen
Verankerung des Tierschutzes in Berlin“ stellen. Die fachpolitische
Sprecherin in der Abgeordnetenhausfraktion, Tamara Lüdke, fordert dann auch
lediglich „eine klare Perspektive, wie Tierschutzstrukturen künftig
aufgestellt und finanziert werden“.
Was genau betrachtet kaum mehr als koalitionsdisziplinierter Gratismut
seitens der SPD ist. Schließlich hat Verbraucherschutzsenatorin Badenberg
schon am Donnerstag im Abgeordnetenhaus erklärt, dass „derzeit“ keine
Überlegungen bestünden, „die Stabsstelle abzuschaffen“. Auch die Funktion
einer Landestierschutzbeauftragten werde es weiterhin geben. Was sie nicht
sagte: Diese Funktion soll nicht mehr von Kathrin Herrmann ausgeübt werden.
28 Feb 2025
## LINKS
[1] /Komplett-Verzicht-von-Tierversuchen/!5727686
[2] /Berliner-Senat-in-Finanznoeten/!6013560
[3] /Erster-betreuter-Taubenschlag-in-Hamburg/!6047545
## AUTOREN
Rainer Rutz
## TAGS
Schwarz-rote Koalition in Berlin
Tierschutz
Verbraucherschutz
Tauben
Landwirtschaft
Tauben
Tierschutz
Tierschutz
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gewalt in der Nutztierhaltung: Großer Milchbauernhof unter Tierquälerei-Verda…
Eine Tierschutzorganisation wirft Mitarbeiter*innen eines
brandenburgischen Hofs vor, Tiere misshandelt zu haben. Nun wurde Anzeige
erstattet.
Taubenschutz in Berlin: Vogelfreie Vögel
Tauben fallen durch sämtliche Raster des Berliner Tierschutzsystems.
Ehrenamtliche versuchen darum, die Lage der Tiere auf eigene Faust zu
verbessern.
Vogelschutz am Flughafen BER: Kein großer Schutz für kleine Flieger
Berlins Tierschutzbeauftragte kritisiert die Flughafengesellschaft für
fehlenden Vogelschutz am BER. Die sagt, sie halte alle Auflagen ein.
Komplett-Verzicht von Tierversuchen?: Tierversuchsfreie Stadt als Ziel
Die Tierversuchskommission des Landes Berlin wird neu besetzt. Das sorgt
für teils erhitzte Diskussionen in Politik und Gesellschaft.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.