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# taz.de -- US-Sängerin Roberta Flack gestorben: Gar nicht immer soft
> US-Soulsängerin Roberta Flack ist gestorben. Ihr Song „Killing me softly“
> wurde zum Welthit. Ihr soziales Engagement sollte nicht vergessen werden.
Bild: Roberta Flack bei einem Konzert 2005 in Südafrika
Bevor Roberta Flack 1973 mit dem Hit „Killing me softly (with this song)“
auch in Europa bekannt wurde, war sie schon ein Star in den USA. Bekannt
wurde sie dadurch, weil der Regisseur und Schauspieler Clint Eastwood
Flacks Song „The First Time I Ever Saw Your Face“ im Soundtrack seines
Films „Play Misty for Me“ (Deutscher Titel: Sadistico) in einer
Schlüsselszene einsetzte.
Auch ein TV-Auftritt in der Show von Komiker Bill Cosby brachte die junge
Frau 1971 in die US-Wohnzimmer. Vermarktet wurde Roberta Flack von ihrem
Label Atlantic Records zwar nur als begabte Soulsängerin, aber sie hatte
mehr als ihre sinnliche, wandlungsfähige Stimme: Flack komponierte ihre
Songs im Alleingang oder zusammen mit Künstlerkollegen und, sie arrangierte
Coverversionen nach ihrer Façon am Keyboard.
Flack setzte gegenüber dem Label stets ihre eigene Auswahl an Songs durch.
Schon als 25-Jährige galt sie als „sophisticated“ in einer Musikindustrie,
die die Segregation am Ende der 1960er Jahre eher mühsam hinter sich
gelassen hatte. Flack hatte eine Lehrerinnenausbildung durchlaufen, auch
später, als sie längst berühmt war, ging sie immer wieder in ihren
erlernten Beruf zurück und unterrichtete sozial benachteiligte Kinder beim
Notenlesen.
Ende der 1960er, zu Zeiten von Black Power und „Black is beautiful“ sorgte
die Künstlerin schon durch ihre Afrofrisur für Aufsehen. Ihre Freundschaft
zum Politiker Reverend Jesse Jackson und zur Philosophin und Aktivistin
Angela Davis waren kein Geheimnis, Flack scherte sich nicht, ob sie damit
die „moral majority“ herausforderte. Schon auf ihrem Debütalbum
interpretierte Flack den Song „Tryin' Times“, geschrieben von Donny Hataway
und Leroy Hutson. Er thematisierte die Aufstände und die strukturelle
Benachteiligung der Schwarzen in den US-Innenstädten nach 1968, aber
erwähnte dabei auch einen Generationskonflikt mit den eigenen Eltern, die
alles still erduldeten: „Tryin' times/Is what the world is talkin' about/
You got confusion all over the land/ Mother against daughter, father
against son/ The whole thing is gettin' out of hand“.
## Ein Jazzpianist hat Flack entdeckt
Das Klavierspiel bekam Flack im Kindesalter von ihrer Mutter beigebracht.
Der Vater arbeitete im US-Bundesstaat Virginia als Organist. Spirituals
waren Roberta Flack aus dem Gospelgottesdienst früh vertraut, sie spielte
diese auch späterhin wie im Schlaf. Flack mischt das Geistliche immer mit
dem Weltlichen, konnte Himmel und Hölle in ein und demselben Song aufrufen,
ohne dass eine der beiden Parteien benachteiligt worden wäre. Mit 15
erhielt sie ein Klavier-Stipendium an der renommierten Howard-Universität
in Washington, dort begann sie auch, in Bars aufzutreten und eigene Songs
zu testen. Keine Selbstverständlichkeit in der männerdominierten Welt des
US-Showbiz.
Der Jazzpianist Les McCann gilt als ihr Entdecker, er brachte auch Stars
wie Burt Bacharach und Ramsey Lewis dazu, Roberta Flack auszuchecken und
konnte ihr Ende der 1960er einen Plattenvertrag bei Atlantic verschaffen.
„Ihre Stimme schaffte es mühelos, diverse Gefühlslagen zu streifen, sei es
durch Antippen, Streicheln, Einfangen oder Kitzeln“, sagte er einmal über
Flacks variantenreiches Organ. Flack dankte es ihm, als sie McCann für ihr
Album „Quiet Fire“ (1972) verpflichtete.
Überhaupt wird Roberta Flack als kollegial gerühmt. Zusammen mit dem Sänger
Donny Hathaway bildete sie zunächst ein kongeniales Gesangsduo, half
Hathaway aber auch bei seiner Solokarriere als Soulsänger, die tragisch
früh mit dessen Tod 1979 endete. An Hathaways Schicksal – er sprang nach
einem schizophrenen Schub aus dem Fenster eines Hotels in den Tod- hatte
Roberta Flack über lange Jahre zu knapsen.
## The Fugees
Sie nahm in den 1980ern zwar Alben mit anderen Künstlern auf, aber die
tiefe Verbundenheit, wie zu Hathaway, sollte sich nicht wieder einstellen.
Erst durch den HipHop-Track „Killing me Softly“ der Fugees, der beim
Original relativ schamlos sampelte, erinnerte sich der Mainstream Mitte der
1990er wieder an Roberta Flacks Können. Die Karriere der einstigen
Grammy-Preisträgerin wurde auch dadurch reaktiviert, dass die Fugees
ebenfalls mit dem Grammy ausgezeichnet wurden. In der Folge regnete es
erneut Preise und Auszeichnungen für Roberta Flack.
[1][Wie deep und sozial bewusst ihre Musik ist, bewies nicht zuletzt der
Detroiter Houseproduzent Moodymann (Kenny Dixon Jr.), der einen Sample von
Flacks Song „Sunday and Sister Jones“ für den Titeltrack seines Albums
„Taken Away“ (2020)] nutzt. In dem Track verarbeitet Moodymann eine
Verhaftung, als er von zwei Polizisten in Detroit mit vorgehaltener Waffe
von seinem eigenen Grundstück in einen Streifenwagen gezwungen wurde.
Schon Flacks Original setzt sich 1971 mit der rassistischen Benachteiligung
von Schwarzen in der US-Mehrheitsgesellschaft auseinander. „Ich habe immer
versucht, erfolgreich zu sein, und eine musikalische Allrounderin“,
erzählte Roberta Flack der britischen Zeitung „The Telegraph“ 2015.
„[2][Aretha Franklin] und die Drifters waren meine HeldInnen. Wie sie
wollte ich spielen, aber zugleich auch Werte vermitteln.“
2016 erlitt Roberta Flack einen Schlaganfall, sie hatte außerdem mit der
Krankenheit ALS zu kämpfen. Am Montag ist sie im Alter von 88 Jahren
gestorben. Sie ist eine Legende, deren Musik uns immer im Ohr bleiben wird,
ob soft oder nicht.
24 Feb 2025
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## AUTOREN
Julian Weber
## TAGS
Nachruf
Soul
USA
Schwerpunkt Armut
Detroit
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