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# taz.de -- Wieder im Kino: Alles nur Show?
> Die Doku „Crass. The Sound of Free Speech“ porträtiert ein
> sozialpolitisches Musikprojekt. Auch „The Red Shoes“ zeugt von radikalem
> Kunstverständnis.
Bild: Auch im Alter noch wild: Steve Ignorant tritt live im Electric Ballroom a…
„I am an Anarchist“, sang John Lydon alias Johnny Rotten auf der im
November 1976 veröffentlichten ersten Single „Anarchy in the UK“ der Sex
Pistols und schaffte es dabei auf seine unnachahmliche Weise, „Anarchist“
irgendwie halbwegs auf „Antichrist“ zu reimen, denn das behauptete er ja
ebenfalls zu sein. Allerdings veröffentlichten die selbsternannten
Anarchisten ihre Platte seinerzeit bei dem sehr traditionellen und so
überhaupt nicht anarchistischen Musikriesen EMI. Also alles nur Show?
Die wahren Anarchisten des britischen Punk waren wohl eher die Mitglieder
der 1977 gegründeten Band Crass, denen die politische und antikommerzielle
Haltung letztlich deutlich wichtiger war als die Musik, die sie bis 1984
veröffentlichten: eher ein sozialpolitisches Kunstprojekt als eine
Musikgruppe. Bedeutend waren sie dabei vor allem als Gegenstimme in der
Zeit ab 1979, als die konservative Premierministerin Margret Thatcher im
britischen Königreich massive neoliberale Wirtschaftsreformen durchsetzte.
Regisseur Brandon Spivey lässt in seinem Dokumentarfilm „Crass. The Sound
of Free Speech“ jene Tage sowie die Geschichte der Band und ihres Songs
„Reality Asylum“ mithilfe von aktuellen Interviews und Animationen noch
einmal aufleben. Im Anschluss an die Vorführung steht der Regisseur für ein
Q & A mit dem Publikum zur Verfügung (21.2., 20 Uhr, [1][Babylon Mitte]).
Deutlich weniger bekannt als „Aguirre“ und „Fitzcarraldo“, aber nicht
weniger sehenswert ist die Zusammenarbeit von Regisseur Werner Herzog mit
Klaus Kinski bei der Verfilmung von Georg Büchners unvollendetem
Bühnenstück „Woyzeck“: eine Studie über einen am Rande des Wahns stehend…
Soldaten, der von seinem Vorgesetzten schikaniert und von einem Arzt in
einem seltsamen Ernährungsexperiment missbraucht wird. Das geht nicht gut
aus.
Kinski spielt Woyzeck dabei keineswegs als Wüterich, sondern eher in sich
zerrissen und zurückgenommen, die Inszenierung beschränkt sich dabei
weitgehend auf Beobachtung: eine intensive Erfahrung (21.2., 20 Uhr,
[2][Forest Cinema im Michelberger Hote]l).
Mir bescherte „The Red Shoes“ von Michael Powell und Emeric Pressburger
1988 ein unvergessliches Kinoerlebnis, weil das British Film Institute
seinerzeit für die „Farbfilm“-Retrospektive der Berlinale zum ersten Mal
seit 1948 wieder eine nagelneue Kopie vom Kameranegativ des wunderbaren
Technicolor-Films gezogen hatte.
Das ist in Zeiten der Digitalrestaurierung natürlich Schnee von Gestern –
die Filmreihe, in der die Geschichte aus der Welt des Balletts jetzt im
Filmmuseum Potsdam gezeigt wird, heißt schließlich [3][„Film ohne
Streifen“]. Am Klassikerstatus dieses Films mit seinem radikalen
Kunstverständnis ändert das nichts (23.2., 26.2., 19.30 Uhr, [4][Filmmuseum
Potsdam]).
In die sehr eigene Welt des japanischen Pop (J-Pop) führt das Anime
„Trapezium“ von Regisseur Masahiro Shinohara: eine Coming-of-Age-Geschichte
um ein Mädchen, das unbedingt ein „Idol“ werden möchte und viele Aspekte
ihres täglichen Lebens dafür hintanstellt.
Der Film basiert auf einem Buch von Kazumi Takayama, die zu den
ursprünglich 23 Mitgliedern der gecasteten Mädchen-Popgruppe Nogizaka46
gehörte und entsprechend aus eigener Erfahrung berichten kann, was es
bedeutet, diesen Traum zu leben (21.2., 23.55 Uhr, 22.2., 12 Uhr, 23.55.
Uhr, 23.2., 12 Uhr, [5][Kino Intimes]).
20 Feb 2025
## LINKS
[1] https://babylonberlin.eu/film/8250-crass-the-sound-of-free-speech
[2] https://www.behindthetree.de/kino/
[3] https://www.filmmuseum-potsdam.de/Film-ohne-Streifen---Digitalisierte-Klass…
[4] https://www.filmmuseum-potsdam.de/index.php?id=a7088857fdaa16774043001c3254…
[5] https://kino-intimes.de/programm.html
## AUTOREN
Lars Penning
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