# taz.de -- Rechte Gewalt in Sachsen-Anhalt: Angriff auf Autonomes Zentrum | |
> Tür eingetreten, Fenster eingeworfen, Plakat heruntergerissen: Mehrere | |
> Personen haben versucht, sich Zutritt zum AZ Salzwedel zu verschaffen. | |
Bild: Fassade des autonomen Zentrums Salzwedel | |
Leipzig taz | In schwarze Jacken gekleidet, mit Zigaretten im Mund und | |
Bierflaschen in der Hand, haben in der Nacht zum Sonntag mehrere Personen | |
Steine auf das linke Autonome Zentrum (AZ) in Salzwedel geworfen. Die | |
Polizei bestätigt den Vorfall in der Kreisstadt in Sachsen-Anhalt. Ein der | |
taz vorliegendes Video zeigt Teile des Angriffs. | |
Darauf zu sehen sind fünf Männer, die auf der Straßenseite gegenüber des | |
selbstverwalteten AZ stehen. „Ich hab keine Angst, sonst würde ich nicht | |
hier sein“, ist auf dem Video zu hören. Einer wirft einen Stein gegen das | |
Fenster. Kurz darauf rumpelt es mehrfach. Das seien Tritte gegen die | |
Eingangstür, heißt es vom AZ. Dabei sei es den Tätern einmal gelungen, sie | |
zu öffnen. „Unmittelbar nach Aufspringen der Tür schleuderten sie Flaschen | |
auf Menschen, die sich im Eingangsbereich befanden.“ | |
Es ist nicht der erste Angriff auf das AZ. 2010 überfielen mehrere Neonazis | |
eine Informationsveranstaltung des alternativen Kulturzentrums, schlugen | |
Anwesende und verwüsteten den Laden. 2011 und 2016 folgten Brandanschläge. | |
Nach einem Angriff auf die Vordertür im April 2021 blieb es fast vier Jahre | |
„relativ ruhig“, erklärt das AZ auf Nachfrage. Bis vor zwei Wochen. | |
Am 2. Februar hätten drei Personen versucht, in das Gebäude einzudringen | |
und dabei unter anderen sexistische, antisemitische sowie antiziganistische | |
Sprüche gerufen. Zwei Wochen später, am vergangenen Samstag, kam es dann | |
zum erneuten Angriff. Bei diesem sei auch ein Plakat heruntergerissen | |
worden, das sich gegen die AfD gerichtet habe. | |
## Linke Orte auch an anderen Orten in Gefahr | |
Martin Burgdorf vom Verein Miteinander, der in Sachsen-Anhalt über | |
Rechtsradikalität aufklärt, erschreckt vor allem die Unverfrorenheit der | |
Täter. „Zigarette im Mundwinkel, Bierflasche in der Hand, als sei es das | |
Normalste der Welt, am Samstagabend Steine auf Fensterscheiben von | |
politischen Gegnern zu schmeißen.“ | |
Er glaubt, die Tat sei im Kontext des aktuellen politischen Klimas zu | |
sehen: polarisierender Wahlkampf, Rechtsverschiebung. Schon im vergangenen | |
Jahr habe es mehr Attacken in Sachsen-Anhalt auf Minderheiten wie queere | |
Menschen oder Migrant:innen gegeben. | |
Tatsächlich [1][stehen nicht nur in Salzwedel linke Orte im Visier von | |
Rechtsextremen]. Rund 150 Kilometer weiter südlich in Sachsen-Anhalt, | |
berichtet auch Robert Fietzke, [2][Leiter des Soziokulturellen-Zentrums | |
Zora] in Halberstadt von ähnlichen Entwicklungen: Angriffe habe es in den | |
35 Jahren der Zora immer gegeben, doch zuletzt häuften sich die | |
Bedrohungen. Was Fietzke davon online wahrnehme, zeige er an. Doch es | |
bleibe nicht bei Hasskommentaren im Internet. | |
Am 11. Dezember beschmierten Täter laut Fietzke die Außenmauer des Zentrums | |
mit zwei Hakenkreuz-Graffiti. Am Tatort seien mehrere junge Neonazis | |
gesehen worden. Neben den Graffiti „Anti-Antifa“ und „Scheiß-Zecken“ | |
prangte auch „AfD“ an der Wand. | |
Auch in Halberstadt selbst nehmen rechte Sticker und Schmierereien mit | |
Hakenkreuzen und anderen NS-Symbolen zu. „Das Ausmaß hatten wir schon lange | |
nicht mehr“, berichtet Fietzke. „Und sämtliche rechte Propaganda ist mit | |
der AfD assoziiert“. In diesem Kontext rechne er mit Angriffen auf die | |
Zora. | |
## Anschlag in Salzwedel ist vor Ort ein großes Thema | |
In Salzwedel sei der Angriff auf das AZ ein großes Thema, sagt Martin | |
Burgdorf vom Verein Miteinander. Bei rund 23.000 Einwohner:innen seien | |
die Gesichter, die auf den Videos zusehen sind, durchaus einigen bekannt. | |
„Wie gut und effektiv die Strafverfolgung ist, muss die Polizei jetzt | |
zeigen.“ Angesichts des Bildmaterials zeigt er sich optimistisch. | |
Das AZ selbst möchte sich hingegen nicht auf die Polizei verlassen. Es | |
bestehe die Sorge, dass Beamte die Daten der Betroffenen an rechte | |
Szeneanwälte weitergeben. | |
18 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Rechte-Jugend-in-Ostdeutschland/!6015187 | |
[2] /Westdeutsche-Neonazis-im-Osten/!6026223 | |
## AUTOREN | |
David Muschenich | |
## TAGS | |
Rechte Gewalt | |
Sachsen-Anhalt | |
Autonomes Zentrum | |
Hakenkreuz | |
Alice Weidel | |
Burak Bektas | |
Zivilgesellschaft | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Lesbische AfD-Chefin Alice Weidel: Rechtsextremes Leitbild | |
AfD-Chefin Alice Weidel ist rechtsextrem und lesbisch. In einer TV-Runde am | |
Montagabend clashten mal wieder ihre Nebenwidersprüche. | |
Mord an Burak Bektaş: „Da ist ein Killer, und keiner will wissen, warum“ | |
Helga Seyb und Markus Tervooren wollen wissen, wer Burak Bektaş 2012 | |
erschossen hat. Sie erheben schwere Vorwürfe gegen die Ermittler. | |
Demos gegen rechts: Die autoritären Einschläge kommen näher | |
CDU-Fraktionsvize Mathias Middelberg stellt nach Protesten gegen rechts die | |
Gemeinnützigkeit von Vereinen infrage. Diese verteidigen sich. |