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# taz.de -- Reichsbürger-Prozess in Frankfurt: Freimütiges Plaudern über Mor…
> Im Reichsbürger-Prozess gegen Prinz Reuß & Co. berichtet ein erster
> Belastungszeuge über blutige Umsturzpläne der Truppe. Doch es bleiben
> Fragezeichen.
Bild: SEK Beamte eskortieren den Hauptangeklagten Heinrich Prinz Reuß vom Ober…
Frankfurt am Main taz | Wenn dieser Prozess eines in großem Maße zutage
gefördert hat, dann ist es Irrsinn. An mehr als 50 Tagen hat das
Frankfurter Oberlandesgericht nun schon [1][gegen die mutmaßliche
Führungsriege der Reichsbürger-Verschwörung um Heinrich XIII. Prinz Reuß
verhandelt]. Doch über die mörderischen Putschpläne, die den Hansneun
Männern und Frauen zur Last gelegt werden, war bislang wenig zu erfahren.
Umso mehr dafür über die kruden und nicht selten antisemitisch gefärbten
Verschwörungsmythen, denen sie anhängen.
Fernab von Anspruch auf Vollständigkeit: Reptiloide. Jüdische und
muslimische Soldaten, die in einem Bunker unter dem Kanzleramt stationiert
seien. Altnazis, die in der Arktis „Reichsflugscheiben“ zusammen zimmern.
Eine globale und/oder intergalaktische Geheimarmee, die die Menschheit
„befreien“ werde. Und über allem der QAnon-Glaube, dass satanisch-pädophi…
Machteliten das Land beherrschen und in unterirdischen Tunneln Kindern
rituell missbrauchen.
Waren die Angeklagten und ihre Mitstreiter*innen, die in parallelen
Prozessen [2][in Stuttgart] und [3][München vor Gericht] stehen, also nur
harmlose Irre, wie die Verteidigung glauben machen will? Oder waren sie so
verblendet, dass sie zum Äußersten bereit waren, wie die Bundesanwaltschaft
argumentiert? Erstmals ist im Prozess nun ein Zeuge vernommen worden, der
sagt: eindeutig letzteres.
Der 31-Jährige, der am Dienstag bereits zum dritten Mal vom Gericht befragt
wurde, hat mit dem Angeklagten Hans-Joachim H. in Untersuchungshaft
gesessen. Jeden Tag sollen sie miteinander gesprochen haben, oft
stundenlang. Jedes Mal will der Zeuge unmittelbar danach aufgeschrieben
haben, was ihm der 66-Jährige, ein selbstständiger Unternehmensberater aus
der Nähe von Hamburg, erzählt haben soll.
## Traum vom gewaltvollen Umsturz
Von einem „kranken System, das mit aller Kraft zerstört werden muss“, soll
H. gesprochen haben. Dass das „nicht auf demokratischer Basis“ möglich sei,
sondern nur „blutig“. Und selbstverständlich hätten in dem von Reuß
geführten „Rat“, den die Bundesanwaltschaft für die designierte
Putschregierung hält, alle von den Plänen gewusst, den Bundestag
anzugreifen. Was die [4][Ex-AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit
Malsack-Winkemann], die sich als einzige der Frankfurter Angeklagten bisher
zur Sache geäußert hat, wortreich bestritten hat.
Hans-Joachim H. kommt in der Anklage vor allem als Geldgeber vor, der die
Vereinigung mit rund 160.000 Euro unterstützt haben soll. In der
Darstellung seines ehemaligen Mithäftlings erscheint eher dagegen als
Gewaltprediger mit AfD-Sympathien, der davon geträumt haben soll, mit einer
Schusswaffe das Weltwirtschaftsforum in Davos zu stürmen.
Der es okay gefunden haben soll, wenn im Bundestag „ein paar über die
Wupper gehen würden“. Und der auch sonst recht freimütig darüber gesprochen
haben soll, wer angeblich alles hingerichtet werden sollte. Die
Moderator*innen Markus Lanz und Sandra Maischberger zum Beispiel.
Kann man das glauben? Für die Verteidigung ist klar: auf keinen Fall. Sie
verweist darauf, dass der Zeuge ein verurteilter Betrüger sei, der vor
Hans-Joachim H. schon zwei weitere Mitgefangene zum Plaudern gebracht haben
will, in erstaunlich kurzer Zeit. Und der sich davon natürlich Vorteile für
seinen eigenen Prozess erhofft habe. „Der Zeuge lügt notorisch, dass sich
die Balken biegen“, sagt Rechtsanwalt Jochen Lober.
## Ins Vertrauen gezogen
Unbestreitbar ist: Der Mann hat von H. nicht nur den Haftbefehl, sondern
auch die Anklage zu lesen bekommen. Er hätte also auch auf dieser Grundlage
etwas zusammen fabulieren können. Ebenfalls unbestreitbar aber dürfte sein,
dass H. ihm vertraut hat. Rund 200 Seiten, auf denen er unter anderem
Überlegungen zu seiner Verteidigungsstrategie festgehalten hat, übergab er
seinem vermeintlichen Gesinnungsgenossen.
Er beauftragte ihn, nach der Entlassung aus der Haft eine „Pädo-Liste“ mit
den Namen von 442 angeblichen Täter*innen der „satanisch-rituellen
Pädophilie“ zu veröffentlichen. Und er verriet ihm, wo der USB-Stick mit
dieser Liste in seinem Haus versteckt sei.
Kurz bevor im Mai 2024 der Prozess in Frankfurt begann, wurde das Haus von
Hans-Joachim H. deshalb erneut durchsucht. Der USB-Stick wurde in einem
Treppengeländer entdeckt – genau dort, wo der Belastungszeuge gesagt hatte.
4 Mar 2025
## LINKS
[1] /Reichsbuerger-Prozess-in-Frankfurt/!6021125
[2] /Prozess-gegen-Reuss-Truppe/!6038084
[3] /Prozess-gegen-Heinrich-XIII-Prinz-Reuss/!6014710
[4] /Prozess-gegen-Reichsbuerger-um-Prinz-Reuss/!6044191
## AUTOREN
Joachim F. Tornau
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