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# taz.de -- Prozess gegen Reichsbürger um Prinz Reuß: AfD-Politikerin versuch…
> Im Frankfurter Reichsbürger-Prozess wird die Birgit Malsack-Winkemann
> befragt. Sie spricht von Aliens, Geheimarmeen – und streitet die Vorwürfe
> ab.
Bild: Birgit Malsack-Winkemann wird von einer Polizistin in den Gerichtssaal ge…
Frankfurt/Main taz | Birgit Malsack-Winkemann hatte keine Angst vor
Außerirdischen. Und sie, die einmal für die AfD im Bundestag saß, Richterin
war und jetzt als mutmaßliches Mitglied der [1][Reichsbürger-Verschwörung
um Heinrich XIII. Prinz Reuß] vor Gericht steht, ist noch immer ziemlich
stolz darauf. „Ich habe gesagt“, brüstet sich die 60-Jährige am Dienstag …
Frankfurter Oberlandesgericht, „ich hätte kein Problem damit, wenn die
herkommen. Weil wir hier alle eine reine Seele haben.“
Das mit der reinen Seele sieht zumindest die Bundesanwaltschaft ganz
anders. Sie hat Reuß, Malsack-Winkemann und 24 weitere Männer und Frauen
wegen Terrorismus und Hochverrats angeklagt, [2][weil sie einen bewaffneten
Umsturz in Deutschland vorbereitet haben sollen.] Seit rund einem halben
Jahr wird parallel in Frankfurt, München und Stuttgart verhandelt.
Geschlagene sechs Tage lang hat sich die AfD-Politikerin im Sommer [3][zu
den Anklagevorwürfen geäußert] und alles als „Ammenmärchen“ zurückgewi…
Jetzt beantwortete sie Nachfragen, noch einmal vier Tage lang. Die
Widersprüche wurden dabei nicht weniger.
Malsack-Winkemann beteuert, dass sie und ihre Mitangeklagten niemals selbst
Gewalt hätten anwenden wollen. Das sei allein Aufgabe der „Allianz“ gewesen
– einer vom antisemitischen QAnon-Verschwörungsglauben herbeifabulierten
Geheimarmee unter russischer, amerikanischer oder auch außerirdischer
Führung, deren Einmarsch die Angeklagten offenbar ernsthaft erwarteten. Und
mit der sie deshalb Kontakt gesucht hätten. Aber ein Putsch? I wo.
## Desinformation und Verschwörungsgeraune
Von den bewaffneten „Heimatschutzkompanien“, mit deren Aufbau die
Vereinigung laut Anklage bereits begonnen hatte, will Malsack-Winkemann
nichts gewusst haben. Für Reuß, sagt sie, habe alles streng „nach Recht und
Gesetz“ ablaufen sollen. Senatsvorsitzender Jürgen Bonk will das genauer
wissen: Von welchem Recht der Prinz denn ausgegangen sei? „Ich habe das
nicht im Einzelnen hinterfragt“, antwortet die promovierte Juristin und
wird plötzlich ungewöhnlich schmallippig.
Es ist nicht die einzige Frage, die sie ins Schwimmen bringt. Auf welcher
Faktengrundlage, die ihr als Richterin ja betontermaßen wichtig sei, sie
denn die Existenz jener „Allianz“ für zumindest nicht ausgeschlossen
gehalten habe? Und welche konkreten Hinweise sie dafür habe, dass pädophile
Eliten in unterirdischen Tunnelsystemen Kinder misshandeln könnten? Mehr
als die unzähligen Telegram-Kanäle, die diese QAnon-Erfindungen verbreiten,
kann Malsack-Winkemann da nicht anführen.
„Ich bin es gewohnt aus meinem Berufsstand, beide Seiten zu sehen“, erklärt
sie. Soll heißen: Was bei Telegram stand, hielt die Richterin für nicht
weniger glaubhaft als das, was sie in seriösen Medien las. Außerdem hätten
diese Kanäle zum Teil ja Hunderttausende Follower gehabt. „Das war nicht
nur eine Sache von zwei bis zehn esoterischen Spinnern.“
Malsack-Winkemann gehörte dem von Prinz Reuß geführten „Rat“ an und war
dort für den Bereich Justiz zuständig, das hat sie eingeräumt. Doch es habe
sich dabei keineswegs, wie die Bundesanwaltschaft glaubt, um die
designierte Putschregierung gehandelt. In ihrer tagelangen Einlassung hatte
die Angeklagte von einem „intellektuellen Kreis“ gesprochen, in dem
„Visionen“ für den Neuaufbau Deutschlands nach der Besetzung durch die
globale Geheimarmee entwickelt werden sollten.
Was sie nun auf Nachfragen schildert, ist ein Zirkel, der bereit war, alles
für bare Münze zu nehmen, was bei Telegram an Desinformation und
Verschwörungsgeraune zu lesen ist. Von Reichsbürger-Narrativen über die
vermeintlich mangelnde Legitimität der Bundesrepublik bis zur Existenz
quasi magischer „Medbetten“, in die man sich nur legen müsse, um selbst von
schwersten Leiden sofort zu genesen. „Die Frauen haben sich dabei vor allem
für das Schönheitsprogramm interessiert“, sagt Malsack-Winkemann.
Die AfD-Frau ist eine Virtuosin der wortreichen Selbstverharmlosung. Sie
spricht lieber über das Essen, das bei den Treffen der mutmaßlichen
Verschwörer*innen gereicht wurde, als über die Inhalte. Doch dass sie
wie alle Ratsmitglieder eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnet hat,
bestreitet sie nicht. Das Schriftstück wird während ihrer Befragung auf den
Bildschirmen im Frankfurter Gerichtssaal gezeigt. Es liest sich nicht gar
so harmlos: „Verstöße werden als Hochverrat angesehen und auf Hochverrat
steht die Todesstrafe“.
5 Nov 2024
## LINKS
[1] /Razzia-bei-Reichsbuergern/!5901865
[2] /Umsturz-Verdaechtige-Malsack-Winkemann/!5901879
[3] /Reichsbuerger-Prozess-in-Frankfurt/!6028521
## AUTOREN
Joachim F. Tornau
## TAGS
Reichsbürger
Rechtsextremismus
Schwerpunkt AfD
Verschwörungsideologie
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Schwerpunkt Rechter Terror
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