# taz.de -- Wahlbeteiligung bei Hamburg-Wahl: Wählen geht, wer Geld hat | |
> Bei der Bürgerschaftswahl haben die Hamburger:innen sehr | |
> unterschiedlich gewählt. In armen Stadtteilen war die Wahlbeteiligung | |
> geringer. | |
Bild: Wahrscheinlich nicht zu arm zum Wählen: Leute auf dem Weg zur Stimmabgab… | |
Hamburg taz | Bei der [1][Hamburger Bürgerschaftswahl] haben die Menschen | |
anders gewählt als bei der Bundestagswahl eine Woche zuvor. Eins aber ist | |
gleich geblieben: die großen Unterschiede im Wahlverhalten zwischen armen | |
und reichen Stadtvierteln. Dazu hat das Statistikamt Nord am Dienstag erste | |
Auswertungen vorgestellt. | |
Die [2][Hamburg-Karte ist nach der Bürgerschaftswahl röter, weniger schwarz | |
und weniger grün] als nach der Bundestagswahl. Außerdem fehlen zwei blaue | |
Flecken. | |
Während die AfD bei der Bundestagswahl nach Zweitstimmen erstmals in | |
Hausbruch im Westen der Stadt und in [3][Neuallermöhe im Osten stärkste | |
Kraft] wurde, gingen diese Viertel bei der Bürgerschaftswahl an die SPD. | |
Könnte das vielleicht mit der Wahlbeteiligung in den Vierteln | |
zusammenhängen? | |
Eigentlich kann man Bundestags- und Landtagswahlen gar nicht so richtig | |
vergleichen, sagt der Politikwissenschaftler Kai-Uwe Schnapp. Auf | |
Bundesebene ist zum Beispiel die Wahlbeteiligung immer höher als auf | |
Landesebene. Politikwissenschaftler:innen sprechen deshalb von | |
„Wahlen zweiter Ordnung“. Sie gehen davon aus, dass Menschen Landtagswahlen | |
als weniger wichtig wahrnehmen als nationale Wahlen. | |
## Wahlbeteiligung bei Hamburg-Wahl höher als erwartet | |
Anders als erwartet lag die Wahlbeteiligung bei der Hamburg-Wahl mit 68 | |
Prozent über den 63 Prozent der vergangenen Wahl 2020. Expert:innen | |
hatten vorher vermutet, dass die zeitliche Nähe zur Bundestagswahl dazu | |
führen könnte, dass noch weniger Menschen wählen gehen als sonst. | |
Wie bei allen Wahlen war die Wahlbeteiligung auch bei der Bürgerschaftswahl | |
aber von Stadtteil zu Stadtteil sehr unterschiedlich. Am meisten wählen | |
gingen die Menschen im zentralen Groß Flottbek (83,3 Prozent) und in | |
Lemsahl–Mellingstedt (83,1) und [4][Woldorf-Ohlstedt] (82,9), die beide im | |
Norden an der Grenze zu Schleswig-Holstein liegen. Am niedrigsten war die | |
Wahlbeteiligung in Jenfeld (46,7) und Billstedt (47,9) am östlichen | |
Stadtrand und dem hafennahen Industriegebiet Billbrook-Rothenburgsort | |
(47,1). | |
Wenn man die Hamburg-Karte mit den Zahlen zur Wahlbeteiligung neben eine | |
mit dem durchschnittlichen Jahreseinkommen in den Stadtvierteln legt, wird | |
klar: Die sehen sich ähnlich. | |
Die drei Stadtviertel mit der niedrigsten Wahlbeteiligung gehören zu denen | |
mit den geringsten mittleren Einkommen, nämlich weniger als rund 32.000 | |
Euro im Jahr. Und die drei Stadtteile, in denen die meisten Menschen wählen | |
gegangen sind, gehören zu denen mit den höchsten mittleren Einkommen, von | |
mehr als rund 89.000 Euro im Jahr. | |
## Reiche wählen anders als Arme | |
Kein Wunder, denn die Forschung zeigt: Reiche gehen tendenziell mehr | |
wählen, sogenannte Hocheinkommensgruppen zu weit über 90 Prozent. Ganz im | |
Gegensatz zu ärmeren Bevölkerungsgruppen. Expert:innen wie Kai-Uwe | |
Schnapp vermuten, dass ärmere Menschen das Gefühl haben, dass die Politik | |
sich nicht für ihre Probleme interessiert – und dass vielen schlicht die | |
Energie und die Zeit fehlt, um wählen zu gehen. | |
Und Geld spielt auch eine Rolle bei der Parteienpräferenz. Auch das lässt | |
sich an den Stadtteilergebnissen der Bürgerschaftswahl ablesen: in den | |
Gegenden mit dem geringsten Durchschnittseinkommen waren Die [5][Linke] und | |
die AfD (16,9 bzw. 10,2 Prozent) stärker als in den einkommensstärksten | |
Stadtteilen. Anders heraum war es bei CDU und Grünen. | |
Die AfD-Hochburg Neuallermöhe fällt nicht aus dem Rahmen: Sie gehört zu den | |
Stadtvierteln mit den geringsten mittleren Einkommen in Hamburg – wobei | |
andere Stadtteile noch schlechter gestellt sind. Auch wenn die AfD bei der | |
Bürgerschaftswahl nur zweitstärkste Kraft nach der SPD wurde, holten die | |
extremen Rechten auch bei der Hamburg-Wahl hier die meisten Stimmen und | |
kamen auf rund 22 Prozent. Bei der Bundestagswahl waren es 28 Prozent | |
gewesen. | |
Vergleicht man die Wahlbeteiligung in Neuallermöhe bei der Bundestagswahl | |
(73,9 Prozent) mit der Bürgerschaftswahl (51,7 Prozent), fällt auf, dass | |
sich das Verhältnis zur stadtweiten Wahlbeteiligung verändert hat. | |
## Schadete der AfD die geringere Wahlbeteiligung? | |
Zwar lag die Wahlbeteiligung bei beiden Wahlen unter dem Hamburger Mittel | |
(rund 80 Prozent bei der Bundestags-, rund 68 Prozent bei der | |
Bürgerschaftswahl). Bei der Bundestagswahl war sie aber relativ gesehen | |
weniger weit vom Hamburger Durchschnitt entfernt als bei der | |
Bürgerschaftswahl. Also auch wenn man die insgesamt niedrigere | |
Wahlbeteiligung bei der Bürgerschaftswahl beachtet, gingen die | |
Neuallermöher:innen weniger wählen als eine Woche vorher. | |
Ob sich damit das schwächere AfD-Ergebnis erklären lässt, ist aber | |
fraglich, sagt Politikwissenschaftler Kai-Uwe Schnapp. „[6][Normalerweise | |
nützt eine geringe Beteiligung eher der AfD].“ | |
In einer früheren Fassung hatte es geheißen, CDU und Grüne seien in den | |
einkommensschwächsten Stadtvierteln am schwächsten gewesen. Das stimmt | |
nicht. Richtig ist nur, dass sie in den Vierteln mit den höchsten Einkommen | |
stärker waren als in armen. Außerdem hieß es im Teaser, je ärmer das | |
Viertel, desto geringer die Wahlbeteiligung. Das stimmt nicht ganz. Richtig | |
ist, dass die Wahlbeteiligung in den ärmsten Vierteln geringer war als in | |
den reichsten. Wir haben die Fehler korrigiert. | |
6 Mar 2025 | |
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[5] /Linkspartei-so-gut-wie-nie-in-Hamburg/!6072638 | |
[6] https://www.mdr.de/wissen/psychologie-sozialwissenschaften/zusammenhang-wah… | |
## AUTOREN | |
Amira Klute | |
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