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# taz.de -- Wo die CDU mobilisiert: Zwar nicht gegen rechts, aber für Vielfalt
> Die CDU fühlt sich als Opfer, weil gegen die gemeinsame Abstimmung der
> CDU mit der AfD demonstriert wird. Ein CDU-Kreisverband macht es anders
> und wird aktiv.
Bild: So wie hier in Flensburg werden am Wochenende auch in Eutin viele Mensche…
Hamburg taz | Es ist ja so viel ins Rutschen geraten. Dass deutsche
Konservative Prägung sich öffentlich Bekennen zu „Demokratie und Vielfalt�…
Das wäre vor gar nicht schrecklich langer Zeit keine Nachricht gewesen,
eher im Gegenteil – so selbstverständlich hätte es scheinen müssen. Aber in
Zeiten anschwellenden Wahlkampfs; solchen, in denen Brandmauern, nämlich
hin zu den politischen Extremen, mehr beschworen werden, als dass sie auch
verlässlich errichtet würden: In diesen Zeiten ist es eben eine
Unterbrechung des Erwartbaren geworden, wenn der CDU-Kreisverband
Ostholstein dazu aufruft, teilzunehmen an einer „Menschenkette für
Demokratie“.
Die soll am Sonnabend, 15. Februar, ab 12 die Kreisstadt Eutin durchziehen,
„Eutin ist bunt“, steht auf den Flyern und „Ostholstein ist bunt“.
Darunter: „Menschenkette für Demokratie und Vielfalt. Wir sind dabei!“ –
und dazu die Logos von rund zwei Dutzend Organisationen, Vereinen,
kirchlichen Stellen. Und, eben, auch politischen Parteien: Ostholsteins SPD
und Linke „sind dabei!“, die Grünen und die CDU.
„Demokratie heißt: Alle dürfen mitreden. Unabhängig von Herkunft, Alter,
Geschlecht, Hautfarbe, Religion“, heißt es auf der Rückseite des Zettels.
„Ob du links bist oder konservativ, ob dir mehr das Klima Sorgen macht oder
die Wirtschaft.“ Und schließlich: „Wir reichen uns die Hände über das
hinweg, was uns unterscheidet, um zu betonen, was uns verbindet: der Wunsch
und Wille zu Demokratie, Toleranz und einem friedlichen Miteinander.“
Man nennt es wohl ein breites Bündnis aus politischen und
zivilgesellschaftlichen Gruppen, das am 30. Januar auf solch geradezu
ökumenische Weise in den Eutiner öffentlichen Raum mobilisierte. [1][Da war
der Merz'sche Sündenfall freilich schon passiert,] hatten die Fraktionen
von CDU und CSU schon mithilfe von AfD-Stimmen, ferner auch einigen von der
FDP, einen Antrag im Bundestag durchbekommen; ein weiterer war knapp
gescheitert. Beide bedienten das derzeit so vielen anderen Themen die Luft
raubende Narrativ, dass kein Problem größer sei im Land, als die allzu
lasche Einlass- respektive Abschiebepolitik.
## CDU auch „rechts der Mitte“
Seitdem wird in den Unionsreihen tapfer behauptet, das sei keine
Zusammenarbeit mit den immer radikaler werdenden Rechtspopulisten gewesen,
und wer das trotzdem behaupte, spalte das Land und spiele dem Extremismus
in die blutigen Hände. Überhaupt hätten sich Rote und Grüne – faktisch
längst selbst im Abschiebe-Überbietungs-Fieber – jeder gesitteten
Zusammenarbeit verweigert. Manchem CDU-Funktionsträger zufolge haben sie
auch gleich noch einen [2][linksradikalen Terror-Mob entfesselt], Land auf,
Land ab wusste man zu berichten von zerstörtem Wahlkampfmaterial und
eingeschüchterten Geschäftsstellenbeschäftigten.
Diese Schuldzuweisungen polarisieren natürlich erst recht und sind auf
faktischer Ebene schnell auseinander zu nehmen. Aber beides ändert nur
wenig daran, dass sich CDU/CSU fast flächendeckend eingegraben haben
zwischen der sturen Behauptung, sie seien zu Unrecht vom woken Mob
verfolgte Unschuld – und schlichtem Getrolle ihrerseits. Jüngster, aber
sicher nicht letzter auch intellektueller Tiefpunkt dürfte gewesen sei, als
auch CDU-Granden sich die verschwörungsgläubigen Milieus entlehnte
Behauptung zueigen machten, der Protest gegen Rechts auf den Straßen müsse
von der Regierung bezahlt sein.
Das ist also der Hintergrund, von dem sich der ostholsteinische
CDU-Kreisverband abhebt, zumindest einen Sonnabendnachmittag lang. „Wir
freuen uns, ein klares Zeichen für die Demokratie und Vielfalt zu setzen“,
lässt Sebastian Schmidt die taz wissen, der CDU-Kreisvorsitzende und
Bundestagskandidat.
Vermutlich liegt die Erklärung im Detail: „für Vielfalt“ demonstrieren ist
nicht dasselbe wie „gegen Rechts“, zum Beispiel: Mit letzterer Formel hätte
man nämlich durchaus Bauchgrimmen, ist beim Anruf in der
CDU-Kreisgeschäftsstelle zu erfahren – gegen den Extremismus stehe man
immer, klar. Als Konservative sei man halt „auch rechts … rechts der
Mitte“. Wenn man aber mal mit den [3][Omas gegen Rechts] spreche – die nun
auch mitaufrufen zur Menschenkette –, „dann merkt man ja: die haben das
Herz am rechten Fleck“.
Statt Berliner Unterstellungen wiederzukäuen sehen sie also einfach genauer
hin, da in Eutin? Lassen sich Menschen, mit denen man auch persönlich
umgeht, nicht ganz so einfach dämonisieren? Was hier so banal klingt,
vielerorts sonst scheint das vor den Wahlen eine allzu anspruchsvolle
Aufgabe – nicht nur für Christdemokraten übrigens.
14 Feb 2025
## LINKS
[1] /Nach-dem-Tabubruch-im-Bundestag/!6067854
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[3] /Omas-gegen-Rechts/!t6033233
## AUTOREN
Alexander Diehl
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Kolumne Midlife Monologe
AfD-Verbot
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