# taz.de -- Brief zu Hanau: Viel Solidarität für Emiş Gürbüz | |
> 222 Kulturschaffende fordern eine Entschuldigung von der Hanauer | |
> Rathaus-Koalition. Diese hatte die Mutter eines der Opfer harsch | |
> kritisiert. | |
Bild: Emis Gürbüz, hier am Jahrestag des Brandanschlags in Solingen, 29.05.20… | |
Frankfurt a.M. taz | Mit deutlichen Aussagen hatte die Hanauer | |
Rathaus-Koalition aus FDP, CDU und SPD vergangenen Freitag [1][in einer | |
Pressemitteilung] die Mutter des am 19. Februar 2020 bei dem rassistischen | |
Anschlag in Hanau getöteten Sedat Gürbüz kritisiert. Unter anderem die | |
SPD-Fraktionsvorsitzende Ute Schwarzenberger erklärte, sie wünsche „Frau | |
Gürbüz die Kraft, ihren Hass zu überwinden, um sich künftig respektvoll zu | |
äußern“. [2][Anlass für die Kritik] der Koalition war eine Rede von Emiş | |
Gürbüz bei einer Gedenkveranstaltung, in der sie wiederum die [3][Stadt | |
Hanau deutlich für Versäumnisse beim Anschlag und der Aufarbeitung | |
kritisiert] hatte. | |
In einem der taz vorliegenden Brief fordern nun 222 Journalist*innen, | |
Autor*innen und Kulturschaffende, darunter die Autorinnen Fatma Aydemir, | |
Shida Bazyar, Dana Vowinckel und Asal Dardan sowie der Autor Max Czollek, | |
eine öffentliche Korrektur der Aussagen sowie eine Entschuldigung bei Emiş | |
Gürbüz und der Initiative „19. Februar“, die zu Wochenbeginn bereits ihre | |
Enttäuschung über die Stadtregierung geäußert hatte. | |
Der an die Fraktionsvorsitzenden Schwarzenberger (SPD), Pascal Redding | |
(CDU) und Henrik Statz (FDP) persönlich adressierte Brief wirft den Hanauer | |
Politiker*innen vor, dass ihre Worte und Haltung „beschämend, | |
erschütternd und inakzeptabel“ seien. Die Familien der Opfer seien keine | |
Statist*innen, die „ihnen Versöhnlichkeit oder gar eine handzahme PR für | |
Ihre Stadt schulden“, heißt es weiter. Indem die Hanauer Koalition | |
berechtigte Wut und Trauer als Hass diffamiere, demonstriere sie mangelnde | |
Anteilnahme und Anerkennung des unermüdlichen Einsatzes der | |
Hinterbliebenen. | |
Die Hanauer Rathaus-Koalition hatte in ihrer Mitteilung zudem klargestellt: | |
„Es werde derlei Gedenkveranstaltung in Hanau nicht mehr geben“. Es sei | |
angezeigt, das künftige Gedenken in kleinerem Rahmen durchzuführen. Die 222 | |
Unterzeichner*innen bezeichneten diese „deutlich formulierten | |
Drohungen“ als empörend. | |
## „Autoritäres Staatsverständnis“ | |
Für noch mehr Empörung hatten die Äußerungen der Rathaus-Koalition zur | |
Staatsbürgerschaft von Gürbüz gesorgt: „Warum sie bei einer derartigen | |
Gefühlslage die deutsche Staatsbürgerschaft beantrage, bleibt wohl ihr | |
Geheimnis“, hieß es in deren Mitteilung. Gürbüz und die Initiative 19. | |
Februar kritisierten, dass damit ihr privates Anliegen thematisiert worden | |
sei. Die Politik habe ihre Persönlichkeitsrechte verletzt und zugleich eine | |
von Rassismus betroffene Person exponiert, so auch die 222 | |
Unterzeicher*innen. „Und es ist gefährlich in einer Gesellschaft, in der | |
[4][Ressentiments und Gewalt gegen migrantische Menschen stetig steigen].“ | |
Auch der Republikanische Anwät*innen-Verein (RAV) kritisierte die | |
Rathaus-Koalition in Hanau deutlich: „Es ist Ausdruck eines autoritären | |
Staatsverständnisses, wenn die Koalition in Hanau im Gegenzug zu einem | |
Einbürgerungsantrag offensichtlich bedingungslose Loyalität zu staatlichem | |
Handeln einfordert und dies auch noch öffentlich macht.“ Das sei nicht nur | |
respektlos, sondern auch eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten. | |
Die Rathaus-Koalition von Hanau hatte Gürbüz darüber hinaus noch | |
vorgeworfen, bei der Premiere des Films „Das Deutsche Volk“ auf der | |
Berlinale gesagt zu haben, dass sie Deutschland, Hanau und den Hanauer | |
Oberbürgermeister hasse. Das wies Gürbüz zurück. Dass eine derartige | |
Aussage nicht gefallen sei, bestätigten auf Nachfrage der taz weitere | |
Premierengäste. | |
## Stadt will Gedenken reduzieren | |
Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky stellte sich hinter die Aussagen | |
der Koalition, wie die [5][Hessenschau] am Montag berichtete, stellte aber | |
klar: Das Gedenken werde fortgesetzt, aber in reduziertem Rahmen. Diese | |
Entscheidung sei keineswegs eine Reaktion auf die Rede von Emiş Gürbüz. | |
Zudem sei er harte Reden von einigen Angehörigen der Opfer gewohnt und habe | |
dafür auch Verständnis, so Kaminsky. Er lasse sich deshalb auch in einer | |
Art und Weise beschimpfen, die er anderen nicht durchgehen lasse. Frau | |
Gürbüz habe ihn bereits als Nazi bezeichnet. Den vom Stadtsprecher am | |
Wochenende angekündigten juristischen Weg wolle er aber nicht mehr gehen. | |
Er habe die Sache jetzt klargestellt und wolle es dabei belassen. Die | |
Hanauer SPD-Fraktion kündigte am Sonntag an, sich „in den nächsten Tagen“ | |
zur Kritik äußern zu wollen. | |
25 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://fdp-hanau.de/meldung/wer-achtung-und-respekt-einfordert-muss-auch-m… | |
[2] /Gedenken-an-Hanau-Anschlag/!6071189 | |
[3] /5-Jahrestag-des-Anschlags/!6067170 | |
[4] /Rechte-Gewalt/!6063307 | |
[5] https://www.hessenschau.de/gesellschaft/streit-um-hanau-gedenken-oberbuerge… | |
## AUTOREN | |
Yağmur Ekim Çay | |
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